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Wie lösten Staaten in der Vergangenheit ihre Verschuldungsprobleme?

02.07.2011  |  Redaktion
Phasen, in denen es Ländern wirtschaftlich nicht gut ging, gab es immer wieder. Allein im vergangenen Jahrhundert kam es zu vier Krisen, in denen mehrere Länder mit hohen Verschuldung zu kämpfen hatten: die Zeit nach den beiden Weltkriegen, die Weltwirtschaftskrise in den 1930ern und die Schuldenkrise in den 1980er Jahren.

C. Reinhart und M. Sbrancia haben sich im Auftrag des amerikanischen National Bureau of Economic Research mit den Wegen der betroffenen Länder - Wirtschaftsmächten und aufstrebenden Ökonomien - aus der Schuldenkrise heraus befasst. Sie stellten fest, dass dies vor allem möglich war durch:
  • Wirtschaftswachstum
  • Haushaltskonsolidierung bzw. Sparmaßnahmen
  • expliziter Ausfall, d.h. Nicht-Zurückzahlung der Schulden oder Restrukturierung privater und/oder öffentlicher Schulden
  • kurze, plötzliche Inflationsschübe
  • finanzielle Repression in Verbindung mit stetiger Inflation.

Vor allem Zahlungsaussetzungen und Restrukturierung der öffentlichen und/oder privaten Schulden traten im Laufe der Zeit vermehrt auf. So haben beispielsweise außer Finnland alle westlichen alliierten Staaten des 1. Weltkrieges im Zuge der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre die nach dem Ersten Weltkrieg vereinbarten Zahlungen an die USA ausgesetzt - und bis heute nicht zurückgezahlt.

Die finanzielle Repression ist eine Form der Restrukturierung, bei der die Regierung z.B. die Zinssätze deckelt für Kredite und Einlagen, Kapitalverkehrskontrollen einführt oder die Banken enger an den Staat bindet (bzw. verstaatlicht). Immer wieder wurden auch Pensionsfonds zum Halten von Staatsanleihen verpflichtet. Nicht zuletzt kam es zu Transaktionssteuern auf Anlagen und zum Verbot des Goldhandels.

Diese Maßnahmen fanden vor allem im Zuge des Bretton-Woods-Systems verstärkt Anwendung, wodurch öffentliche Schulden recht schnell abgebaut werden konnten. Durch negative Realzinssätze konnten beispielsweise Australien und Italien nach dem Zweiten Weltkrieg jährlich Staatsschulden in Höhe von etwa fünf Prozent ihres BIP liquidieren. In China wird noch heute so verfahren: die Zinssätze werden von der Regierung festgelegt, Kredite werden selektiv vergeben, die Inflationsrate ist stetig positiv.

Schaut man sich die Phasen, in denen eine Vielzahl von Ländern hohe Schulden hatten, genauer an, kann man feststellen, dass mit ihnen Perioden negativer Realzinsen einhergehen. Hinzu kommen niedrige Diskontsätze und niedrige Zinssätze auf Einlagen.
Durch die hohe Teuerungsrate und die niedrigen Zinsen konnten die Länder in diesen Phasen ihre Schulden abbauen. Besonders nach dem Zweiten Weltkrieg war diese Taktik weltweit verbreitet. Die Kriegsschulden wurden durch die Inflation deutlich gemindert.

Die folgende Tabelle zeigt am Beispiel von 10 ausgewählten Ländern, wie niedrig die Realzinssätze in Zeiten finanzieller Repression gehalten wurden. So lagen in Argentinien die Realzinsen 97% der Zeit zwischen 1944 und 1974 im negativen Bereich. In den USA kletterte der Realzinssatz im Zeitraum 1945-1980 zu keiner Zeit über 3%.

Abbildung: Anteil der Phasen niedriger Realzinsen in zehn ausgewählten Ländern am Gesamtzeitraum der Perioden finanzieller Repression

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Quelle: Working Paper 16893, National Bureau of Economic Research


Momentan kann beobachtet werden, dass in einigen europäischen Ländern bereits mit den oben genannten Maßnahmen begonnen wurde, die Schulden abzubauen. So wurden Schulden in Pensionsfonds mit günstigen Zinssätzen platziert und in den USA gibt es einige (beinahe) insolvente Pensionspläne auf Staatenebene (sowie Verbindlichkeiten ohne Kapitaldeckung), die durch alle Prüfungen gekommen sind. Auch Kapitalverkehrskontrollen finden über die EU bereits statt und Europas Inflationsrate hat im Mai ein 30-Monats-Hoch erreicht.


Zum PDF "The Liquidation of Government Debt"


© Redaktion GoldSeiten.de






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