Warum die Märkte pendeln
03.07.2011 | Manfred Gburek
Kurz bevor der ehemalige Bundesbank-Präsident Axel Weber seinen Wechsel an die Spitze der Schweizer Großbank UBS verlauten ließ, äußerte er sich in der US-Wirtschaftszeitung "The Wall Street Journal" zur Schuldenkrise Griechenlands und der EU. Der Kern seiner Aussagen: Nicht allein Griechenland sollte durch eine Finanzreform ohne Wenn und Aber gerettet werden, sondern darüber hinaus auch die ganze Euro-Zone. Und dann Webers Clou: Am besten sei es, wenn die EU insgesamt für sämtliche Schulden Griechenlands garantiere.
Dem ließe sich nur noch hinzufügen: Willkommen in der Schuldengemeinschaft! Der Zeitpunkt für ihre Etablierung irgendwann in diesem oder im nächsten Jahr wäre ja gar nicht so schlecht gewählt, hat doch der Euro nach der vorläufigen "Rettung" Griechenlands im Vergleich zum Dollar und sogar im Vergleich zum Gold temporär ganz ordentlich zugelegt. Die Versuche, ihn zu torpedieren, sind also einstweilen gescheitert. Dazu haben allerdings auch die USA in erheblichem Umfang beigetragen: zum einen wegen des andauernden Streits um die eigene Schuldengrenze, zum anderen wegen der offensichtlichen Amtsmüdigkeit von US-Finanzminister Timothy Geithner.
Wie geht es nun weiter? Bereiten Sie sich darauf vor, dass die anstehenden langwierigen Verhandlungen zur Bewältigung der europäischen und der amerikanischen Schuldenkrise bis auf Weiteres hin und her pendelnde Märkte mit sich bringen werden, und zwar bei Währungen, Anleihen, Aktien, Edelmetallen und Rohstoffen. Warum, liegt auf der Hand: Je nach Verhandlungsstand und Indiskretionen-Dichte wird das Pendel an den Märkten mal in die eine, mal in die andere Richtung ausschlagen. Das Aufkommen neuer oder das Wiederaufleben bisheriger Trends dürfte da bis zum September/Oktober auf sich warten lassen.
Was bis dahin mit dem Geld tun? Nichts, es am besten auf dem Euro-Tagesgeldkonto und in Form von Gold und Silber liegen lassen. Warum? Weil sich immer mehr abzeichnet, dass der US-Dollar als dominierende Weltwährung im Vergleich zum Euro, aber auch zu einem ganzen Bündel anderer Währungen an Bedeutung verliert. Hierbei handelt es sich zwar um einen schleichenden Prozess, aber ab und zu geht es aus dem Schleichgang in eine leichte Beschleunigung über. Das ist zurzeit wieder einmal der Fall. Auslöser ist die US-Schuldenkrise. Die absehbare Folge: Die USA müssen höhere Zinsen zahlen, um ihre Staatsanleihen loszuwerden. Das wird die Renditen ihrer schon auf dem Markt befindlichen Anleihen in die Höhe treiben und Unruhe nicht allein an den Devisen-, sondern auch an den anderen Märkten auslösen. Dann kommen für Sie als Anleger Chancen, hier oder da günstig einzusteigen.
Das Umkippen von Märkten fand während der vergangenen Jahrzehnte auffallend oft in den Monaten August bis Oktober statt. Lassen wir die Ursachenforschung beiseite, zu der schon ganze Bücher geschrieben wurden, und nennen wir hier nur einige markante Wendepunkte: Crash im Oktober 1987 mit anschließender Erholung, Kuwait-Krise im August 1990 und Platzen der japanischen Aktien- und Immobilienblase, Asien-Krise von August bis Oktober 1997 mit begleitendem Sturz der Aktienkurse an den Weltbörsen, gigantische Fehlspekulation des Hedgefonds LTCM ein Jahr später mit ähnlichen Folgen an den Aktienmärkten, Ende der Goldbaisse im September 1999 wegen der von 15 Zentralbanken und vom Internationalen Währungsfonds beschlossenen Beschränkung der offiziellen Goldverkäufe, Pleite der amerikanischen Lehman-Bank im September 2008 mit anschließender internationaler Finanz- und Wirtschaftskrise.
Genaugenommen gab es nur eine große Ausnahme; die war allerdings spektakulär: Der Kurssturz an den Weltbörsen, der im März 2000 begann und erst drei Jahre später endete. Man muss diese Entwicklung indes, rückblickend betrachtet, in einen größeren Zusammenhang stellen: Aktien waren bereits vor der Jahrtausendwende derart überbewertet, dass der Kurssturz damals geradezu in der Luft lag. Praktisch wurden sie nur von der lockeren Geldpolitik und einigen die Börsen beeinflussenden Spinnern samt ihrer vom Spieltrieb getriebenen Gefolgschaft oben gehalten. Und als die USA, ausgelöst durch die Terrorangriffe auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001, für einige Monate wie gelähmt schienen, führte das - zusätzlich zu der damals immer noch recht hohen Aktienbewertung - zur Verlängerung des Abwärtstrends.
Da die Entwicklung der US-Zinsen bzw. der Renditen von US-Staatsanleihen zu einem entscheidenden Faktor an allen wichtigen Märkten werden dürfte, sollte man sich die möglichen Folgen vor Augen halten. Da wäre zunächst der China-Faktor: Das Land der Mitte hat riesige Beträge in US-Staatsanleihen angelegt, will diese Politik jedoch offenbar nicht mehr fortsetzen. Und da auch andere Länder, etwa im Nahen Osten, mit ihren Dollar-Anlagen zurückhaltender agieren, ist zumindest der folgende Weg vorgezeichnet: Staatsanleihen, die nicht mehr hinreichend im Ausland abzusetzen sind, blähen weiter die Bilanz der US-Notenbank Fed auf.
Was darüber hinaus geht, bleibt der Spekulation überlassen und erstreckt sich von Plänen zur Neuordnung der amerikanischen wie auch der europäischen Staatsschulden bis zu Ansätzen, ein neues Weltwährungssystem zu etablieren. Letzteres kann allerdings nicht ohne massiven Druck zustande kommen, das heißt, nicht ohne eine schlimme internationale Krise. Geht man davon aus, dass diese noch etwas auf sich waten lässt, bleibt es beim Umsortieren der Staatsschulden hüben wie drüben. Hüben ist der Anfang mit Griechenland gemacht, drüben sollten wir die nächsten Wochen bis Anfang August abwarten.
Gold und Silber werden zwischenzeitlich unter Anlegern zwar ebenso wenig in Ungnade fallen wie Rohstoffe, aber sie werden, wie schon erwähnt, ähnlich den anderen Anlageklassen für einige Wochen richtungslos hin und her pendeln. Danach dürfte China zum ganz entscheidenden Faktor werden, und das in doppelter Hinsicht: als internationale Konjunkturlokomotive und als Preistreiber für alles, was das Land bisher ohnehin schon kräftig bewegt hat. Dazu gehören vorrangig Rohstoffe, mehr und mehr jedoch auch Edelmetalle, die - zu Schmuck verarbeitet - den dann durch den Konsum getriebenen chinesischen Wirtschaftsaufschwung flankieren werden. Die zum Teil abschätzigen bis lächerlichen Kommentare einiger deutscher Medien zum jüngsten Besuch einer hochrangigen chinesischen Regierungsdelegation werden dann längst vergessen sein.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).
Dem ließe sich nur noch hinzufügen: Willkommen in der Schuldengemeinschaft! Der Zeitpunkt für ihre Etablierung irgendwann in diesem oder im nächsten Jahr wäre ja gar nicht so schlecht gewählt, hat doch der Euro nach der vorläufigen "Rettung" Griechenlands im Vergleich zum Dollar und sogar im Vergleich zum Gold temporär ganz ordentlich zugelegt. Die Versuche, ihn zu torpedieren, sind also einstweilen gescheitert. Dazu haben allerdings auch die USA in erheblichem Umfang beigetragen: zum einen wegen des andauernden Streits um die eigene Schuldengrenze, zum anderen wegen der offensichtlichen Amtsmüdigkeit von US-Finanzminister Timothy Geithner.
Wie geht es nun weiter? Bereiten Sie sich darauf vor, dass die anstehenden langwierigen Verhandlungen zur Bewältigung der europäischen und der amerikanischen Schuldenkrise bis auf Weiteres hin und her pendelnde Märkte mit sich bringen werden, und zwar bei Währungen, Anleihen, Aktien, Edelmetallen und Rohstoffen. Warum, liegt auf der Hand: Je nach Verhandlungsstand und Indiskretionen-Dichte wird das Pendel an den Märkten mal in die eine, mal in die andere Richtung ausschlagen. Das Aufkommen neuer oder das Wiederaufleben bisheriger Trends dürfte da bis zum September/Oktober auf sich warten lassen.
Was bis dahin mit dem Geld tun? Nichts, es am besten auf dem Euro-Tagesgeldkonto und in Form von Gold und Silber liegen lassen. Warum? Weil sich immer mehr abzeichnet, dass der US-Dollar als dominierende Weltwährung im Vergleich zum Euro, aber auch zu einem ganzen Bündel anderer Währungen an Bedeutung verliert. Hierbei handelt es sich zwar um einen schleichenden Prozess, aber ab und zu geht es aus dem Schleichgang in eine leichte Beschleunigung über. Das ist zurzeit wieder einmal der Fall. Auslöser ist die US-Schuldenkrise. Die absehbare Folge: Die USA müssen höhere Zinsen zahlen, um ihre Staatsanleihen loszuwerden. Das wird die Renditen ihrer schon auf dem Markt befindlichen Anleihen in die Höhe treiben und Unruhe nicht allein an den Devisen-, sondern auch an den anderen Märkten auslösen. Dann kommen für Sie als Anleger Chancen, hier oder da günstig einzusteigen.
Das Umkippen von Märkten fand während der vergangenen Jahrzehnte auffallend oft in den Monaten August bis Oktober statt. Lassen wir die Ursachenforschung beiseite, zu der schon ganze Bücher geschrieben wurden, und nennen wir hier nur einige markante Wendepunkte: Crash im Oktober 1987 mit anschließender Erholung, Kuwait-Krise im August 1990 und Platzen der japanischen Aktien- und Immobilienblase, Asien-Krise von August bis Oktober 1997 mit begleitendem Sturz der Aktienkurse an den Weltbörsen, gigantische Fehlspekulation des Hedgefonds LTCM ein Jahr später mit ähnlichen Folgen an den Aktienmärkten, Ende der Goldbaisse im September 1999 wegen der von 15 Zentralbanken und vom Internationalen Währungsfonds beschlossenen Beschränkung der offiziellen Goldverkäufe, Pleite der amerikanischen Lehman-Bank im September 2008 mit anschließender internationaler Finanz- und Wirtschaftskrise.
Genaugenommen gab es nur eine große Ausnahme; die war allerdings spektakulär: Der Kurssturz an den Weltbörsen, der im März 2000 begann und erst drei Jahre später endete. Man muss diese Entwicklung indes, rückblickend betrachtet, in einen größeren Zusammenhang stellen: Aktien waren bereits vor der Jahrtausendwende derart überbewertet, dass der Kurssturz damals geradezu in der Luft lag. Praktisch wurden sie nur von der lockeren Geldpolitik und einigen die Börsen beeinflussenden Spinnern samt ihrer vom Spieltrieb getriebenen Gefolgschaft oben gehalten. Und als die USA, ausgelöst durch die Terrorangriffe auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001, für einige Monate wie gelähmt schienen, führte das - zusätzlich zu der damals immer noch recht hohen Aktienbewertung - zur Verlängerung des Abwärtstrends.
Da die Entwicklung der US-Zinsen bzw. der Renditen von US-Staatsanleihen zu einem entscheidenden Faktor an allen wichtigen Märkten werden dürfte, sollte man sich die möglichen Folgen vor Augen halten. Da wäre zunächst der China-Faktor: Das Land der Mitte hat riesige Beträge in US-Staatsanleihen angelegt, will diese Politik jedoch offenbar nicht mehr fortsetzen. Und da auch andere Länder, etwa im Nahen Osten, mit ihren Dollar-Anlagen zurückhaltender agieren, ist zumindest der folgende Weg vorgezeichnet: Staatsanleihen, die nicht mehr hinreichend im Ausland abzusetzen sind, blähen weiter die Bilanz der US-Notenbank Fed auf.
Was darüber hinaus geht, bleibt der Spekulation überlassen und erstreckt sich von Plänen zur Neuordnung der amerikanischen wie auch der europäischen Staatsschulden bis zu Ansätzen, ein neues Weltwährungssystem zu etablieren. Letzteres kann allerdings nicht ohne massiven Druck zustande kommen, das heißt, nicht ohne eine schlimme internationale Krise. Geht man davon aus, dass diese noch etwas auf sich waten lässt, bleibt es beim Umsortieren der Staatsschulden hüben wie drüben. Hüben ist der Anfang mit Griechenland gemacht, drüben sollten wir die nächsten Wochen bis Anfang August abwarten.
Gold und Silber werden zwischenzeitlich unter Anlegern zwar ebenso wenig in Ungnade fallen wie Rohstoffe, aber sie werden, wie schon erwähnt, ähnlich den anderen Anlageklassen für einige Wochen richtungslos hin und her pendeln. Danach dürfte China zum ganz entscheidenden Faktor werden, und das in doppelter Hinsicht: als internationale Konjunkturlokomotive und als Preistreiber für alles, was das Land bisher ohnehin schon kräftig bewegt hat. Dazu gehören vorrangig Rohstoffe, mehr und mehr jedoch auch Edelmetalle, die - zu Schmuck verarbeitet - den dann durch den Konsum getriebenen chinesischen Wirtschaftsaufschwung flankieren werden. Die zum Teil abschätzigen bis lächerlichen Kommentare einiger deutscher Medien zum jüngsten Besuch einer hochrangigen chinesischen Regierungsdelegation werden dann längst vergessen sein.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).