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Zypern-Chaos fördert EU-Zentralisierung

11.04.2013  |  John Browne
Die Einlassungen einiger Mitglieder der EU-Elite, denen zufolge der Einzug von Bankenguthaben Standardpraxis werden könnte, scheinen das Risiko eines europäischen Bankruns erhöht zu haben und möglichweise sogar das Risiko eines katastrophalen Einbruchs des Euro. Für die europäische Öffentlichkeit ist eine Bedrohung des Euros gleichbedeutend mit einer Bedrohung der "Manifest Destiny“ der Europäischen Union. Ich habe dahingehend den Eindruck, dass die EU-Elite die Krise möglicherweise vorsätzlich verschärft, um auf ein zentralisiertes europäisches Bankensystem hinzuarbeiten, mit dem der politische Rahmen eines EU-Superstaates zementiert wird.

Lassen Sie sich nicht von den willkürlichen Entwicklungen der anhaltenden Eurokrise täuschen, jeder, der Ahnung von ökonomischen Prozessen hat, kann jetzt schon erkennen, in welche Richtung sich diese Krise im Großen und Ganzen entwickeln wird. Anstatt vorerst eine Politik der haushaltspolitischen Gesundung zu verfolgen, strebt die EU-Führung wieder nach einer Fortsetzung der Politik der letzten zwei Jahrzehnte: Es sollen so viele Europäer wie möglich in den Einflussbereich eines zentralisierten EU-Superstaates gebracht werden. Unter dem Vorwand der Demokratie weitete sich die Europäische Union auf 27 Mitgliedstaaten aus, meistens durch demokratische Referenda (wobei heftige Gegenreaktionen der reicheren, nördlichen Euroländer nicht ausblieben). Einige mögen sich fragen, warum überhaupt so viele Länder ihre Souveränität an einen weit entfernt liegenden Bürokratenapparat in Brüssel delegieren.

Tatsache ist aber auch, dass viele dieser Länder (besonders die der europäischen Peripherie, mit relativ wenig Erfahrung in Demokratie) beim Eintritt in die EU in den Genuss der sogenannten "Entwicklungsfonds“ kamen, die meist durch die nordeuropäischen Nationen wie Deutschland, Großbritannien und die Niederlande bereitgestellt wurden. Auch als sich die EU mit steigender Mitgliederzahl ausweitete, wies das deutsche Bundesverfassungsgericht wiederholt auf das “demokratische Defizit” innerhalb der Union hin; letztes Jahr forderte es die deutsche Regierung mit Nachdruck auf, die deutschen Steuerzahler in erhöhtem Maße für die ökonomischen Defizite anderer EU-Mitgliedsländer haftbar zu machen.

Das überrascht nicht wirklich, denn für die deutschen Bürger hatte auch nie ein Referendum über die EU-Verfassung gegeben. Deshalb sind sie eher Subjekte als wirkliche Staatsbürger der EU.

Was den Euro angeht, so wurde dieser von Deutschland nur unter der Voraussetzung akzeptiert, dass er so solide gemanagt würde wie die unerschütterliche Deutsche Mark. Auch wenn sich schnell herausstellte, dass der Euro schwächer war als die Deutsche Mark, so wurden die Deutschen durch steigende Exportzahlen beruhigt. Länder wie Portugal, Italien, Spanien oder Griechenland waren hingegen an endlose Währungsabwertungen gewöhnt, die relative Stärke des Euro ließ nun die Probleme immer deutlicher hervortreten.

Jahrelang übergingen verschiedene Mitgliedsstaaten diese Probleme, indem sie sich das dazu benötigte Geld mit dem Kreditrating der EU borgten. Doch einige Banken der Eurozone hatten mit der Aufnahme von Staatsanleihen ihre Bilanzen deutlich überstrapaziert; in Folge der Finanzschmelze der Jahre 2007-08 begannen dann auch die europäischen Zentralbanken und deren Ursprungsländer unter der toxischen Schuldenlast zu leiden. Dies hatte in den vergangenen Jahren zu einer ganzen Abfolge von Krisen geführt; bei jeden derartigem Vorfall schritt die Europäische Zentralbank fünf vor zwölf ein und präsentierte eine Lösung, mit der sie ihren Einfluss nicht allein auf die Eurozone, sondern auch auf alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union verstärkte.

Es macht letztendlich den Eindruck, als wolle die EU die Entscheidungsgewalt über die Finanzministerien und Steuerbürger aller Mitgliedsländer auf sich vereinigen. Zur Frustration der EU-Elite wiedersetzen sich immer wieder Bürger der produktiven Mitgliedsländer des Nordens dieser Unterwerfung. Im meinem Heimatland hat Premierminister David Cameron beispielsweise schon seit Längerem mit einem Parlament zu kämpfen, das lauthals ein Referendum zur EU-Mitgliedschaft des Landes fordert.

Diese innenpolitischen Kämpfe schienen sich schließlich schon gegen die Machtversessenen in Brüssel zu wenden … doch dann kam Zypern. Wie ließe sich die EU besser vereinigen, als mit der Möglichkeit eines katastrophalen Zusammenbruchs des Euro?

Zypern ist klein, aber das Volumen des Bankensystems ist fast fünfmal so groß wie die Wirtschaftsleistung des Landes. Ein großer Teil der Bankeneinlagen werden der russischen Mafia zugeschrieben, Verluste von 60% oder 100% würden also, außerhalb von Russland, kaum Ressentiments erzeugen. Doch die nüchterne Tatsache, dass die Zentralbanken eine solche Beschneidung absegnen könnten, hat in ganz Europa die Angst vor Bankruns wachgerüttelt.

Und dann verblüffte der Präsident der Finanzminister der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem, die Welt noch mit einer öffentlichen Erklärung: Die zyprische Lösung, bei der die Einleger und Anleihehalter haften müssen, werde als "Blaupause" für künftige Bankenrettungen dienen. Nach kurzen aber heftigen Gegenreaktionen ruderte Dijsselbloem dann offiziell zurück. Der Schaden ließ sich jedoch nicht mehr rückgängig machen.

Trotz eines Widerrufs durch Dijsselbloem floh das "Smart Money“ in größeren Mengen aus Eurozone-Schulden. Auch wenn es derzeit den Eindruck macht, die Krise in Zypern sei unter Kontrolle gebracht, so wurde doch viel Kapital in US-Dollars umgewandelt und an US-Banken überwiesen. Hieran kann man sehen, dass sich die großen Bankruns heute kaum noch auf der Straße ereignen, sondern elektronisch und oft innerhalb weniger Minuten. Sie erregen minimale öffentliche Aufmerksamkeit, sie sind leicht zu verheimlichen und die überwiesenen Gesamtsummen sind nur den Finanzministern und den Zentralbanken bekannt.

Die wahren Ausmaße eines Bankruns in Zypern oder in anderen Ländern der Eurozone lassen sich für Outsider nur schwer abschätzen. Dieser Umstand kann als mächtige Waffe dienen, um die EU-Führer zur Akzeptanz einer verstärkten "Einheit“ der Banken in der Eurozone und in der EU allgemein zu bewegen.

Sollte die Zypern-Krise als Drohung nicht reichen, um die Zentralisierung des EU-Bankensystems voranzutreiben, dann schaffen das in Zukunft vielleicht die anderen Krisenherde. So haben Slowenien und Luxemburg erschreckend fragile Bankensektoren mit einem Volumen 130% bzw. 2.200% der jeweiligen BIP. Und dann gibt es noch den jüngsten Bericht des IWF, der zeigt, dass die Zentralbanken der Schwellenländer große Mengen Euro verkaufen; ihre Euro-Devisenbestände sind seit 2009 von 31% auf 24% gesunken.

Diese Bedrohungen für den Euro haben insgesamt zwei wichtige Auswirkungen: Auf kurze Sicht werden sie den US-Dollar stützen, den schockierend schwachen Fundamentaldaten dieser Währung zum Trotz. Allgemein betrachtet, werden sie sich aber zu Knüppeln verwandeln, mit denen auch die letzten Reste der Souveränität aus den Mitgliedländern der Europäischen Union geprügelt werden.

Mittel- bis langfristig laufen allerdings beide Währungen Gefahr, ihren Status an Alternativen zu verlieren - vor allem an Gold und Silber.


© John Browne
Senior Market Strategist

Der Artikel wurde am 08.04.2013 auf www.safehaven.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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