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USA: Kommt die Zahlungsunfähigkeit? - Interview mit John Williams

29.07.2011  |  The Gold Report
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The Gold Report: Wenn also der Dollar nicht mehr die Benchmark wäre, wäre es dann der Euro? Oder der Yen? Würden wir zu einem Goldstandard zurückkehren? Was würde passieren?

John Williams: Man würde möglicherweise auf einer Art Währungskorb zurückgreifen, der vielleicht Gold enthält. Der Dollar würde tendenziell gegenüber der neuen Benchmark sinken, Gold würde unter solchen Umständen gegenüber dem Dollar tendenziell steigen. Ich kann Ihnen aber nicht sagen, was genau passieren würde.


The Gold Report: Der neue Plan der Europäischen Union zur Senkung des Schuldendrucks für Griechenland, Irland und Portugal bietet längerfristige und niedrig verzinste Kredite, einige Anleihen dürfen zudem vorübergehend ausfallen. Wird damit ein Präzedenzfall geschaffen? Wird man Europas Schuldenkrise auf diese Weise eindämmen können?

John Williams: Der Euro hätte nie eingeführt werden dürfen. Alle die dachten, die Deutschen und die Italiener könnten zusammen Fiskalpolitik koordinieren, kannten die Deutschen und die Italiener nicht sehr gut. Die Eurozone wäre schon aufgelöst oder zumindest umgestaltet worden, würden wir nicht inmitten einer systemischen Solvenzkrise stecken. Die Europäische Union wird alles tun, um Griechenland über Wasser zu halten - solange es als Bedrohung der systemischen Solvenz gilt. Sobald sich das System stabilisiert, würde ich von einem Auseinanderbrechen der Eurozone ausgehen.


The Gold Report: Bei unserem letzten Gespräch mit Ihnen im Januar, sprachen Sie vom Unterschied zwischen dem wahren Defizit und dem Bar-Defizit, wie es von der Regierung veröffentlicht wird. Was ist das wahre Defizit, und wie kann man mit ihm umgehen?

John Williams: Das GAAP-Defizit - nach allgemein anerkannten Bilanzierungsgrundsätzen - beläuft sich aktuell auf ca. 5 Billionen $ pro Jahr. Es beinhaltet die Zahlen, die man für gewöhnlich in der Presse liest plus die Veränderungen gegenüber dem Vorjahr für die unfundierten Verbindlichkeiten im Bereich Social Security und Medicare - wiederum bereinigt um den aktuellen Geldwert.

Das wahre Defizit kann unmöglich ausgeglichen werden - außer vielleicht mit der radikalen Streichung der Social Security und Medicare-Programme, was aber in meinen Augen politisch unmöglich ist. Ich erwähne die Sozialprogramme hier erneut, denn unter Beibehaltung von Social Security und Medicare bliebe man weiter im Defizit - auch wenn man alle anderen Staatsausgaben restlos streichen würde.


The Gold Report: Wir hatten damals unter anderem über die quantitativen Lockerungen (QE) gesprochen. Der Vorstand des Fed-Direktoriums, Ben Bernanke, meinte, es werde keine quantitativen Lockerungen mehr geben. Und Sie meinten in Ihrem Kommentar vom 8. Juli, die Fed werde wahrscheinlich in eine Situation kommen, in der sie von den Märkten und Banken in eine Form QE3 gedrängt werde. Welche Form könnte das sein? Und wie könnte sich das auf Dollar und Edelmetalle auswirken?

John Williams: Na ja, Mr. Bernanke hat ja gegen Anfang Juli bei seiner Rede vor dem Kongress ziemlich herumgedruckst, als es um den Status von QE3 ging. Die Wirtschaft ist schwach genug; das wird er als Ausrede benutzen. Ich kann Ihnen nicht genau sagen, was die Fed machen wird. Ich kann mir aber vorstellen, dass sie erneut US-Staatsanleihen aufkaufen wird, sobald die Schuldenobergrenze angehoben wurde. Das wir für Dollarschwäche und Stärke beim Gold sorgen. Allgemein alles, was die Fed macht, um den Dollar zu entwerten - und das tut sie weiterhin, kontinuierlich und sehr beabsichtigt, bedeutet steigende Goldpreise.


The Gold Report: Also, was ist Ihre Prognose für die finale Lösung?

John Williams: Was die Schuldenobergrenze angeht, wird die Lösung eine andauernde Anhebung der Grenze sein. Entweder das, oder man schafft diese Schuldenobergrenze ganz ab. Ich weiß nicht, was dort politisch auf jeder Seite möglich ist. Aber für den Staat sind bestimmte Verpflichtungen einfach Pflicht. Es ergibt keinen Sinn, würde die Regierung jetzt nicht weitermachen und das Geld nicht mehr leihen, zu dessen Ausgabe sie sich schon verpflichtet hat. Um die Finanzsituation der USA unter Kontrolle zu bringen, existiert derzeit ganz einfach kein politischer Wille seitens des Präsidenten und seitens der meisten Kongressabgeordneten.


The Gold Report: Ist es nicht komisch, dass diese Debatte nicht jetzt geführt wird, da man über den Haushalt und Ausgabeentscheidungen abstimmt, sondern stattdessen darüber redet, wann Zahltag sein wird, für die Ausgaben, die schon längst bewilligt wurden?

John Williams: Nein. Wir haben es in Washington mit Leuten zu tun, die in erster Linie Politiker sind und auch in zweiter und dritter. Die meisten von ihnen haben so gut wie kein ernstes Interesse an der finanziellen Situation der Nation. Sie sorgen sich um ihre Wiederwahl und dienen, dort wo sie können, speziellen Interessengruppen. Für alle, die das System über die letzten 10 Jahre beobachtet haben, ist das klar ersichtlich. Es gibt einige neue, gute Leute im Kongress, aber noch nicht genug, um die Dinge zu ändern. So wie der Kongress jetzt aufgestellt ist, besteht nicht einmal entfernt die Chance, dass Ordnung in die haushaltspolitische Situation der USA kommen wird.

The Gold Report: Sie arbeiten viel mit Zahlen. Und wir haben ja fast nur über die Schuldengrenze geredet. Wollen Sie nicht zum Abschluss noch etwas erwähnen, das Konsequenzen für den Goldpreis haben könnte?

John Williams: Ich denke schon, dass Gold Thema war. Wir werden anhaltende Schwäche in der Wirtschaft erleben. Vor den Wahlen 2012 wird die Regierung auch weiterhin mit mehr Stimuli antworten, trotz der sogenannten Anstrengungen zur Defizitsenkung. Die Fed wird die Liquidität noch weiter lockern. All diese Maßnahmen zur Bekämpfung von wirtschaftlichen Problemen werden sich in der Tendenz inflationär auswirken, und das ist allgemein positiv für Gold.


The Gold Report: Wir danken Ihnen, Mr. Williams.


© The Gold Report

Dieser Artikel wurde am 27. Juli 2010 auf http://news.goldseek.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.[/i]



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