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Schweizer Sonderwege: Raus aus Währungsfonds und Weltbank?

30.07.2011  |  Ralph Bärligea
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Ralph Bärligea: Professor Wilhelm Hankel, der als Gutachter selbst für die Weltbank tätig war und auch einige Zeit eine Professur an der Harvard University inne hatte, bezeichnet die Kreditvergabepraxis über IWF und Weltbank als "monetäre Ausbeutung der Welt durch westliche Leitwährungen".

Oskar Freysinger: Ich teile diese Ansicht. Griechenland hätte besser den Staatsbankrott wählen sollen, wie vor zehn Jahren Argentinien, statt sich in die leidige Abhängigkeitsspirale ziehen zu lassen. Aber niemand will das geschehen lassen, weil sonst gewisse gewichtige Finanzinstitute und Großbanken hops gehen könnten. Also werden diese über eine progressive Höherverschuldung der Staaten, ihrer Volkswirtschaften und der Steuerzahler schadlos gehalten. Hinter dem ganzen System stehen vor allem die Amerikaner, die ja der Erfinder des heutigen Finanzsystems wurden, als sie die Golddeckung durch den Dollar als Referenzwährung ersetzten. Ein Großraub universalen Ausmaßes!


Ralph Bärligea: Gleichzeitig meint Professor Hankel, dass in Zukunft die Sonderziehungsrechte des IWF, an deren Entwicklung er selbst beteiligt war, zu einer Art internationalen Leitwährung werden würden; jedoch mit deutlich höherem Einfluss der BRICS-Staaten: Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Halten Sie eine solche Entwicklung für möglich?

Oskar Freysinger: Ja, diese Entwicklung ist wahrscheinlich, weil den Amerikanern allmählich das eigene Spiel zu entgleiten droht. China zum Beispiel kauft Gold ein, wo es nur kann. Und China kauft in Europa Schulden auf. Mit der Zeit wird sich die Finanzkraft von den überverschuldeten USA und der hoch verschuldeten EU weg in Richtung BRICS-Staaten verschieben.


Ralph Bärligea: Der IWF vergibt Kredite an Staaten. Auch der Euro-"Rettungsschirm" vergibt Kredite an Staaten und nicht an die Privatwirtschaft. Werden so in den Empfängerländern nicht eher planwirtschaftliche Strukturen geschaffen und dem privaten Markt Kapitalgüter entzogen?

Oskar Freysinger: In der Tat, diese Länder werden damit eher geschwächt als gefördert. Das ganze System steuert auf eine Art Planwirtschaft hin. Hochverschuldete Staaten sind abhängige Staaten. Abhängige Staaten sind schwach. Ihr Handlungsspielraum wird immer kleiner. Der Unmut der Bevölkerung wächst. Daraus folgen Streiks und soziale Unruhen, welche die Wirtschaft lähmen und Investoren fern halten. Die Vormundschaft durch den IWF kann keine Alternative zu einer gesunden Privatwirtschaft sein.


Ralph Bärligea: Wie konnte es überhaupt dazu kommen, dass das Schweizer Volk 1992 dem Beitritt zu IWF und Weltbank zugestimmt hat und warum werden Sie erst jetzt dagegen aktiv?

Oskar Freysinger: Persönlich bin ich erst seit 1997 politisch aktiv und seit 2003 im Nationalrat. Zu Beginn war der IWF als Hilfe besonders für die Entwicklungsländer gedacht. Damals schien die Idee gut zu sein, um den eben aus dem Kolonialismus entlassenen Drittweltländern auf die Sprünge zu helfen. Durch eine brutale Anhebung der Zinsen wurde jedoch eine Schuldenfalle erstellt, mit der nun der Kolonialismus unter anderem Vorzeichen fortgesetzt werden konnte. Erst in den letzten Jahren hat sich der IWF zu einem finanzpolitischen Instrument entwickelt, das nicht mehr nur die Rettung schwer gefährdeter Drittweltstaaten anpeilt, sondern die zentrale Lenkung des internationalen Finanzgeschäfts und die Beeinflussung der Finanzpolitik souveräner Staaten. Und dies in einem nie gesehenen Ausmass: 60% der jetzigen Verfügbarkeiten des IWF sind zurzeit als Kredit an europäische Länder vergeben. Eine Rückzahlung ist hypothetisch, hat doch die Weltbank mit Griechenland ein Rückzahlungsdatum vereinbart, das auf den 31. Dezember des Jahres 9999 festgesetzt ist.


Ralph Bärligea: Können noch mehr Schulden an die PIGS Staaten in Europa über EU-Rettungsfonds und IWF den Euro retten?

Oskar Freysinger: Nein, so können die PIGS Staaten auf keinen Fall gerettet werden. Der Teufelskreis der Verschuldung wird nur verstärkt. Je länger man wartet, desto größer die Verschuldung und der Schaden, wenn das System zusammenbricht. Ein Austritt der Schweiz aus diesen Institutionen gäbe das richtige Signal zu einer Zeit, wo der Schaden noch halbwegs zu verkraften ist. Weiteres Warten und weiter Geld in ein marodes System pumpen, das sich aufgrund der steigenden Verschuldungsspirale unmöglich sanieren kann, ist unverantwortlich. Hier wird mit dem Feuer gespielt. Die Folgen werden aufgrund der internationalen Verflechtung alle Länder zu tragen haben. Auch Deutschland. Und leider auch die Schweiz.


© Ralph Bärligea





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