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Was Zahlmeister Deutschland die EU bislang gekostet hat

08.08.2011  |  Dr. Bruno Bandulet
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Von 1991 bis 1994 finanzierte Deutschland 73,7 Prozent der gesamten Umverteilung innerhalb der EU! Das war das Dreifache dessen, was die drei anderen großen Mitgliedsländer zusammen netto aufbrachten. Die Erklärung kann nur darin liegen, dass Helmut Kohl die europäischen Freunde, die Deutschland so sehr liebten, dass sie gerne zwei davon behalten hätten, ruhigstellen wollte.

Damals, Anfang der 90er Jahre, zählte die EU noch zwölf Mitglieder. Jetzt, nach der Osterweiterung, sind es 27. Und mit der Vergrößerung hat sich der deutsche Anteil an den Nettobeiträgen immerhin auf ein Drittel reduziert, liegt aber immer noch weit über dem französischen oder dem britischen.


Die Preisfrage: Was haben die PIGS-Staaten nur mit den vielen Milliarden gemacht?

Mit den PIGS sind Portugal, Irland, Griechenland und Spanien gemeint - exakt die Staaten, die unter den Euro-Rettungsschirm flüchten mussten oder (wie Spanien) als Kandidaten gehandelt werden. Das böse Akronym PIGS wurde von den Zynikern an den Finanzplätzen London und New York erfunden.

Pervers ist nun folgendes: Nachdem die PIGS von 1976 bis 2008 (netto) 287 Milliarden Euro geschenkt bekamen und damit in heutigen Preisen 430,5 Milliarden (mehr als die Hälfte davon aus Deutschland), und nachdem ihnen der Euro jahrelang beispiellos tiefe Zinsen bescherte und dadurch die Bedienung der alten Staatsschulden massiv verbilligte, hatten sie die einmalige Chance, ihre Finanzen zu sanieren. Sie haben davon keinen Gebrauch gemacht. Sie haben schlecht gewirtschaftet. Sie haben die staatliche oder die private Verschuldung oder beide hochgefahren. Mit dem Ergebnis, dass sie jetzt zusätzlich zu den regulären Haushaltshilfen auch noch die Kredite des Rettungsschirms benötigen. Auf die Transferunion I folgte 2010 die Transferunion II.

Da stellt sich die Frage nach dem Sinn des Ganzen. Wo sind die Milliarden geblieben? Wo sind sie versickert? Niemand weiß das genau. Zumindest blieb davon der größte Schilderwald aller Zeiten. Schilder mit dem Sternenkranz auf blauem Grund, die irgendeine Baumaßnahme verkünden - immer mit dem Zusatz "kofinanziert durch die EU".

Wir sahen die Schilder an einem grotesk überdimensionierten Rathaus in einem Dorf auf den Azoren. Wir sahen sie in einer gottverlassenen Ecke der großartigen Extremadura, wo aus unerfindlichen Gründen ein Bach begradigt und mit einem Holzgeländer ausgestattet wurde. Wir sahen sie an den leeren Autobahnen Portugals, die durch leere Gebiete führen und die in einem Zustand sind, von dem deutsche Autofahrer nur träumen können.

Und ein Bekannter, selbst in der Branche tätig, erzählte mir von EU-finanzierten Geisterbahnhöfen mit ebenfalls leeren Bahnsteigen in Griechenland und von Elektroloks, die mit Hilfe der Nettozahler für eine nicht-elektrifizierte Strecke angekauft wurden und seitdem in vandalisiertem Zustand vor sich hin rosten. Profitiert hat die neureiche Klasse der EU-Absahner. Die Länder selbst hängen am Dauertropf.


Märchenstunde: Warum es nicht stimmt, dass die deutschen Exporterfolge dem Euro zu verdanken sind

Vor mir liegt ein Brief des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesfinanzministerium, Steffen Kampeter, datiert vom 14. Dezember 2010. Zitat: "Deutschland ist in besonderer Weise begünstigt durch die europäische Gemeinschaftswährung, denn 60 Prozent unserer Exporte gehen in den Euroraum."

Das Argument ist bekannt und geht so: Die Milliarden, die Berlin für die Euro-Rettung und überhaupt für die EU locker macht, sind gut angelegt, weil wir dafür exportieren dürfen. Dumm ist das schon deswegen, weil der Binnenmarkt, eine der großen Errungenschaften der europäischen Einigung, allen zugutekommt und weil nicht einzusehen ist, warum dafür auch noch extra gezahlt werden muss.

Wenn schon Propaganda, dann sollten wenigstens die überprüfbaren Behauptungen zutreffen. Im Schreiben unseres Staatssekretärs stimmen nicht einmal die Zahlen. In den Euroraum gingen 2010 nicht 60 Prozent der deutschen Exporte, sondern genau 41,2 Prozent - und in die übrige EU 19,6 Prozent. Nachzulesen im Monatsbericht der Deutschen Bundesbank vom März 2011.

Aus der Bundesbank-Studie lässt sich ferner entnehmen, dass den deutschen Exporterfolgen nicht im geringsten eine gemeinsame Währung zugrundeliegt. Eher im Gegenteil. Ausgerechnet in die Länder, die den Euro nicht haben, wurde 2010 weitaus mehr als 2009 exportiert: plus 43,9 Prozent nach China, plus 27,8 Prozent nach Russland, plus 20,6 Prozent in die USA und nach Japan, plus 17,5 Prozent in die Schweiz, die den Euro haben könnte, ihn aber nicht will. Die deutschen Ausfuhren in die Euro-Zone hingegen schrumpften sowohl 2008 wie 2009 und nahmen erst 2010 weit unterdurchschnittlich um 14,3 Prozent zu.

Sicherlich sind Frankreich, die Niederlande und Österreich, um nur einige zu nennen, überaus wichtige Handelspartner. Aber das war auch der Fall vor der Euro-Einführung. Das ergibt sich ganz selbstverständlich aus der Nachbarschaft. Selbst im Vergleich mit der Zeit vor 1914 hat sich an der Struktur des deutschen Außenhandels nichts Wesentliches geändert. In Wahrheit ist der Unterschied ein ganz anderer: Vor 1999 kamen die Exportüberschüsse Deutschland zugute, seit 1999 verschwinden sie im schwarzen Loch des Euro-Systems.


© Dr. Bruno Bandulet
www.bandulet.de

Quelle: "eigentümlich frei", Ausgabe Nr. 113


Der Verleger, Journalist und Buchautor Bruno Bandulet war unter anderem Chef vom Dienst bei der "Welt" und Mitglied der Chefredaktion der "Quick". Er ist Herausgeber des Informationsdienstes "Gold & Money Intelligence" (G&M). Von 1995 bis Ende 2008 war er Herausgeber des Hintergrunddienstes "DeutschlandBrief", der seit Anfang 2009 als Kolumne in eigentümlich frei weitergeführt wird.






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