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Immobilien-Blase - wann kracht es?

05.10.2005  |  Klaus Singer
Einer der bedeutenden Risikofaktoren für die US-Wirtschaft und damit auch für die Weltwirtschaft insgesamt ist die dortige Immobilienblase. Nachdem im Jahre 2000 erst einmal Schluss war mit der Aktien- und Internet-Blase, züchtete die Fed alsbald eine neue heran, die der Immobilienpreise. Mit der Senkung der Leitzinsen bis auf ein Prozent wurde Geld billig. Hierdurch, aber auch durch die Politik des schwachen Dollar fiel die Rendite der 10-jährigen TBonds bis unter 3,3 Prozent. Auch jetzt -nach einer Anhebung des Leitzinses auf 3,75 Prozent- liegt sie immer noch nur bei knapp 4,4 Prozent.

Eine Immobilienblase ist nicht direkt vergleichbar mit einer Blase von Finanzmarkt-Assets. Schließlich handelt es sich um reale Werte. Die Entwicklung ist träger, die Übertreibungen sind nicht so spektakulär. Aber gerade weil es sich um reale Werte handelt, dürften die Konsequenzen ihres Platzens noch gravierender sein.

Die Immobilenkonjunktur hat zu einer wachsenden Gesamtwirtschaft geführt, die jedoch sehr davon abhängig ist, dass der Boom hier weitergeht, dass weiterhin Kapital, bzw. Kapitalgewinn aus diesem Bereich herausgezogen wird und in den Konsum fließt.

Bill Gross von Pimco, der weltweit größten Kapitalanlagegesellschaft, nennt das eine endlose Kette von Papier-Wohlstand. Dieser Reichtum sei auf Sand gebaut. In seinem jüngsten Investment-Outlook greift er zwei kürzlich zum Immobilienmarkt erschienene Studien der Fed auf. Seine Schlussfolgerung: "Es ist ziemlich klar, dass die Immobilenpreise vier bis sechs Quartale nach dem ersten Zinsschritt eines Zinszyklus und nach einer Anhebung der Leitzinsen um 2 Prozent ihre Spitze erreichen." Danach gingen die Zinsschritte noch für ein oder zwei Quartale weiter bis auf eine gesamte Steigerung von rund 3 Prozent. Aktuell beträgt die gesamte Zinserhöhung im laufenden Zyklus bereits 2,75 Prozent, woraus Gross folgert, dass der Umkehrpunkt bei den Hauspreisen nicht mehr weit ist.

Weitere Indizien hierfür sind: Erstkäufer mit variablen Hypothekenkonditionen würden durch die hohen kurzfristigen Zinsen bereits aus dem Markt gedrückt; Banken wären aktuell weniger bereit, Häuser komplett fremd zu finanzieren; mehr als 20 Prozent der neuen Hauskäufe entfallen mittlerweile auf Zweit-Wohnsitze und reine Spekulationsobjekte.

Was das "Recycling" der Gewinne aus der Hausspekulation angeht, so hat Fed-Chef Greenspan selbst an einer aktuellen Studie mitgewirkt. Es ist dies erst die zweite in seiner langen Amtszeit, was deren Bedeutung unterstreichen mag. Im vergangenen Jahr haben demnach Hausbesitzer 600 Mrd. Dollar gegen die seit Jahren fast im zweistelligen Prozentbereich steigenden Immobilienpreise geliehen. Diese 600 Mrd. Dollar sind fast 7 Prozent des verfügbaren persönlichen Einkommens. Greenspan schweigt sich darüber aus, welcher Teil davon in den Konsum fließt. Andere Volkswirte schätzen den Anteil konservativ auf 50 Prozent, was bedeuten würde, dass dieser Effekt bis zu einem Prozent zum jährlichen BIP-Wachstum beiträgt.

Steigen die Hauspreise nicht weiter, wird es schwierig, Gewinne aus diesem Bereich herauszuziehen und in Konsum umzusetzen. Studien von Goldman Sachs bezüglich vergleichbarer Situationen in anderen Ländern kommen zu dem Schluss, dass Einzelhandelspreise in dieser Phase um bis zu vier Prozent schrumpfen. Genau hierauf hatte Greenspan in einer Rede in der vergangenen Woche ebenfalls hingewiesen. Gross glaubt, dass sich diese Phase in den nächsten drei bis sechs Monaten entwickeln wird.

Wie stark die amerikanische Wirtschaft davon insgesamt tangiert wird, hängt nach den Ausführungen von Gross vor allem ab von der Entwicklung der Energiepreise, Chinas weiterem Wachstum und von den US-Zinsen. Letztere wiederum sind eine Funktion der Fed und der Bereitschaft des Auslands, amerikanische Schuldscheine zu kaufen. Wenn die Häuserpreise fallen, ist in 2006/2007 eine Rezession nahezu unausweichlich. Verlangsamen höhere Zinsen lediglich den Anstieg der Immobilienpreise, könnte es nach Gross auch mit einer Reduzierung des BIP-Wachstum auf ein bis zwei Prozent abgehen. In jedem Fall werde die Fed mit ihrem neuen Vorsitzenden im nächsten Jahr die Leitzinsen wieder senken müssen.

Ich hatte in meinem vorherigen Artikel angesichts der ordentlichen Zugewinne im US-Aktienmarkt zum Ende des Septembers gefragt "Ein-Tages-Wunder oder mehr?" Angesichts der wackeligen Performance der ersten beiden Oktobertage lautet die Antwort nun erst einmal "Ja". Der Dow hat gestern in seinen beiden letzten Handelsstunden seine EMA200 zersägt; der S&P 500 ist unter seine EMA50 abgetaucht, die für institutionelle Investoren eine viel beachtete Scheidelinie ist.

Ob damit allerdings schon der Bär los ist, darf bezweifelt werden. Zunächst geht es um Bodensuche. So lange die EMA200 im S&P 500 bei knapp unter 1200 nicht in Gefahr ist, bleiben die Bullen am längeren Hebel. Gut möglich, dass die Veranstaltung nur dazu dient, ein günstiges Einstiegsniveau zu finden. Mit dem Fall des Euro unter 1,20 gegen den Dollar scheint sich allerdings wieder einmal die altbekannte Korrelation "starker Dollar - schwache Aktien" durchzusetzen.


© Klaus G. Singer

www.timepatternanalysis.de




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