Die Bankenkrise und ihre Konsequenzen für Anleger
04.09.2011 | Manfred Gburek
In den vergangenen Tagen haben sich die schlechten Nachrichten über Banken in beängstigendem Ausmaß gehäuft. Das gegenseitige Misstrauen der Banken untereinander, das zurzeit hinter verschlossenen Türen - auch in der Politik und in den Aufsichtsbehörden - heiß diskutiert wird, ist sicher eine wichtige Ursache, aber beileibe nicht die einzige. Daraus folgt: Die Bankenkrise spitzt sich zu, und sie wird dieses Mal die Geldhäuser des Euroraums härter treffen als etwa die britischen oder amerikanischen.
Noch vor wenigen Monaten verlautete aus Bankenkreisen zum Beispiel, die europäischen Institute (außer den griechischen) müssten im zweiten Quartal 2011 "nur" 2,4 Milliarden Euro auf Anleihen abschreiben. Doch nun stellt sich heraus, dass unter Einbeziehung aller griechischen Anleihen zu deren aktuellen Kurswerten insgesamt rund 10 Milliarden Euro fällig gewesen wären. Davon wurden etwa 3 Milliarden Euro abgeschrieben. Die verbleibenden 7 Milliarden verunreinigen nun die Bankbilanzen und - was noch schwerer wiegt - drücken die Gewinne der europäischen Banken 2011 um etwa ein Zehntel.
Kein Wunder, dass in der einst angeblich so feinen und krisensicheren Branche auf einmal von Massenentlassungen die Rede ist. Das werden Sie als Kunde oder Kundin, falls nicht schon geschehen, noch zu spüren bekommen, indem man Ihnen mehr Kosten aufs Auge drückt, weniger Service anbietet und aggressiver auftritt. Zukunftsträchtige Geschäftsmodelle, die das Dilemma mit griechischen und sonstigen problematischen Staatsanleihen kompensieren könnten, sind im Bankensektor jedenfalls weit und breit nicht in Sicht.
Banken sind jetzt zwangsläufig immer mehr mit sich selbst beschäftigt. Das müssen sie zum größten Teil auf die eigene Kappe nehmen, weil sie früher sträflich mit ihren Risiken umgegangen sind. Dazu nur das folgende erschreckende Beispiel: Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, Dachinstitut der Zentralbanken, verglich die Konditionen von über 500 im Jahr 2010 ausgegebenen Anleihen, für die 116 Banken verantwortlich gezeichnet hatten. Ein vielsagendes Ergebnis: Die Risikoprämie - aus Gläubigersicht ein Mehrerlös, aus Schuldnersicht höhere Zinsen - ging zu etwa 30 Prozent auf die viel schlimmer gewordenen Länderrisiken zurück. Und nun kommt der Clou: Noch vor fünf Jahren, also vor der Krise, hatte das Länderrisiko bei der Höhe der Zinsen so gut wie keine Rolle gespielt.
Daraus folgt: Was die Einschätzung von Risiken angeht, müssen die Banken sich neu erfinden, und das ausgerechnet in der schlimmsten Schuldenkrise seit Jahrzehnten. Erschwerend kommt hinzu, dass sie sich im Zuge dieser Entwicklung untereinander immer mehr misstrauen. Statt sich gegenseitig Geld zur Verfügung zu stellen, wenn es irgendwo dringend gebraucht wird, bunkern sie es lieber bei der Europäischen Zentralbank.
Was die Bewältigung der Schuldenkrise betrifft, können Banken nicht gerade hilfreich sein: Da die Anleihen von finanziell angeschlagenen Staaten an den Märkten weit unter ihren Nominalwerten gehandelt werden, taugen sie nur noch bedingt als Kreditsicherheit. Das verteuert die Refinanzierung der Banken. Damit wird deren Funktion als Treibriemen der Wirtschaft infrage gestellt. Daraus folgt: Solange Banken wie beschrieben überwiegend mit sich selbst beschäftigt sind, besteht die Gefahr eines Konjunktureinbruchs in Europa. In den USA verläuft die Konjunktur ohnehin nur noch stotternd. Und wer glaubt, China einschließlich der anderen Fernostländer würde uns wieder herausreißen, dürfte falsch liegen. Denn gerade die Chinesen treten voll auf die Bremse, weil ihre Wirtschaft immer noch überhitzt ist. Folglich werden deutsche Exporteure nicht ein zweites Mal einen solchen Boom erleben wie 2010/11.
Die Börsen unter Führung der deutschen nehmen das alles auf ihre Weise vorweg, indem sie die Aktienkurse bis auf Weiteres nach unten jagen und den Goldpreis nach oben schießen lassen, wobei die zwischenzeitlichen Schwankungen nicht ohne sind. Die Logik dahinter: Börsianer erwarten zum einen sinkende Unternehmensgewinne, die sie mit sinkenden Kursen vorwegnehmen, zum anderen die Fortsetzung der Schuldenkrise, sodass Gold für sie der sichere Hafen, der Fels in der Brandung oder sonst noch für eine Sicherheits-Metapher ist.
Wie geht es weiter? Volkswirtschaftlich gesehen, werden wir es zunächst mit dem Nebeneinander von Ver- und Entschuldung zu tun bekommen, wobei die Verschuldung überwiegend auf das Konto der Staaten, die Entschuldung auf das Konto der Privatwirtschaft gehen wird. Das dürfte noch einige Jahre so weiter gehen. Die Konjunktur in Europa und Amerika wird nach jedem Anspringen immer wieder in den Stottermodus übergehen, danach von den Staaten mit kräftiger Unterstützung durch die Zentralbanken erneut etwas in Schwung versetzt werden usw. Derweil dürfte es Wachstumsraten, wie wir sie uns wünschen, überwiegend in China samt Umfeld geben.
Die Aktienkurse werden dieses Mal mit großer Wahrscheinlichkeit nicht so stark einbrechen wie im Herbst 2008. Es gilt also, diesbezüglich einiges Pulver auf dem Tagesgeldkonto trocken zu halten, um in den kommenden Monaten spekulativ Aktienpositionen aufzubauen. Bis dahin dürfte Gold zusammen mit den anderen Edelmetallen und mit Edelmetallaktien noch für so manche positive Überraschung sorgen. Und um nochmals auf die im heutigen Beitrag beschriebene Bankenkrise zu kommen: Sobald eine sog. systemrelevante Großbank in Schieflage zu geraten droht und das an den Börsen zu einem Schwarzen Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag oder Freitag führt, dürften die Aktienkurse ihren vorläufigen Tiefpunkt und die Edelmetallpreise ein zwischenzeitliches Hoch erreicht haben.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).
Noch vor wenigen Monaten verlautete aus Bankenkreisen zum Beispiel, die europäischen Institute (außer den griechischen) müssten im zweiten Quartal 2011 "nur" 2,4 Milliarden Euro auf Anleihen abschreiben. Doch nun stellt sich heraus, dass unter Einbeziehung aller griechischen Anleihen zu deren aktuellen Kurswerten insgesamt rund 10 Milliarden Euro fällig gewesen wären. Davon wurden etwa 3 Milliarden Euro abgeschrieben. Die verbleibenden 7 Milliarden verunreinigen nun die Bankbilanzen und - was noch schwerer wiegt - drücken die Gewinne der europäischen Banken 2011 um etwa ein Zehntel.
Kein Wunder, dass in der einst angeblich so feinen und krisensicheren Branche auf einmal von Massenentlassungen die Rede ist. Das werden Sie als Kunde oder Kundin, falls nicht schon geschehen, noch zu spüren bekommen, indem man Ihnen mehr Kosten aufs Auge drückt, weniger Service anbietet und aggressiver auftritt. Zukunftsträchtige Geschäftsmodelle, die das Dilemma mit griechischen und sonstigen problematischen Staatsanleihen kompensieren könnten, sind im Bankensektor jedenfalls weit und breit nicht in Sicht.
Banken sind jetzt zwangsläufig immer mehr mit sich selbst beschäftigt. Das müssen sie zum größten Teil auf die eigene Kappe nehmen, weil sie früher sträflich mit ihren Risiken umgegangen sind. Dazu nur das folgende erschreckende Beispiel: Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, Dachinstitut der Zentralbanken, verglich die Konditionen von über 500 im Jahr 2010 ausgegebenen Anleihen, für die 116 Banken verantwortlich gezeichnet hatten. Ein vielsagendes Ergebnis: Die Risikoprämie - aus Gläubigersicht ein Mehrerlös, aus Schuldnersicht höhere Zinsen - ging zu etwa 30 Prozent auf die viel schlimmer gewordenen Länderrisiken zurück. Und nun kommt der Clou: Noch vor fünf Jahren, also vor der Krise, hatte das Länderrisiko bei der Höhe der Zinsen so gut wie keine Rolle gespielt.
Daraus folgt: Was die Einschätzung von Risiken angeht, müssen die Banken sich neu erfinden, und das ausgerechnet in der schlimmsten Schuldenkrise seit Jahrzehnten. Erschwerend kommt hinzu, dass sie sich im Zuge dieser Entwicklung untereinander immer mehr misstrauen. Statt sich gegenseitig Geld zur Verfügung zu stellen, wenn es irgendwo dringend gebraucht wird, bunkern sie es lieber bei der Europäischen Zentralbank.
Was die Bewältigung der Schuldenkrise betrifft, können Banken nicht gerade hilfreich sein: Da die Anleihen von finanziell angeschlagenen Staaten an den Märkten weit unter ihren Nominalwerten gehandelt werden, taugen sie nur noch bedingt als Kreditsicherheit. Das verteuert die Refinanzierung der Banken. Damit wird deren Funktion als Treibriemen der Wirtschaft infrage gestellt. Daraus folgt: Solange Banken wie beschrieben überwiegend mit sich selbst beschäftigt sind, besteht die Gefahr eines Konjunktureinbruchs in Europa. In den USA verläuft die Konjunktur ohnehin nur noch stotternd. Und wer glaubt, China einschließlich der anderen Fernostländer würde uns wieder herausreißen, dürfte falsch liegen. Denn gerade die Chinesen treten voll auf die Bremse, weil ihre Wirtschaft immer noch überhitzt ist. Folglich werden deutsche Exporteure nicht ein zweites Mal einen solchen Boom erleben wie 2010/11.
Die Börsen unter Führung der deutschen nehmen das alles auf ihre Weise vorweg, indem sie die Aktienkurse bis auf Weiteres nach unten jagen und den Goldpreis nach oben schießen lassen, wobei die zwischenzeitlichen Schwankungen nicht ohne sind. Die Logik dahinter: Börsianer erwarten zum einen sinkende Unternehmensgewinne, die sie mit sinkenden Kursen vorwegnehmen, zum anderen die Fortsetzung der Schuldenkrise, sodass Gold für sie der sichere Hafen, der Fels in der Brandung oder sonst noch für eine Sicherheits-Metapher ist.
Wie geht es weiter? Volkswirtschaftlich gesehen, werden wir es zunächst mit dem Nebeneinander von Ver- und Entschuldung zu tun bekommen, wobei die Verschuldung überwiegend auf das Konto der Staaten, die Entschuldung auf das Konto der Privatwirtschaft gehen wird. Das dürfte noch einige Jahre so weiter gehen. Die Konjunktur in Europa und Amerika wird nach jedem Anspringen immer wieder in den Stottermodus übergehen, danach von den Staaten mit kräftiger Unterstützung durch die Zentralbanken erneut etwas in Schwung versetzt werden usw. Derweil dürfte es Wachstumsraten, wie wir sie uns wünschen, überwiegend in China samt Umfeld geben.
Die Aktienkurse werden dieses Mal mit großer Wahrscheinlichkeit nicht so stark einbrechen wie im Herbst 2008. Es gilt also, diesbezüglich einiges Pulver auf dem Tagesgeldkonto trocken zu halten, um in den kommenden Monaten spekulativ Aktienpositionen aufzubauen. Bis dahin dürfte Gold zusammen mit den anderen Edelmetallen und mit Edelmetallaktien noch für so manche positive Überraschung sorgen. Und um nochmals auf die im heutigen Beitrag beschriebene Bankenkrise zu kommen: Sobald eine sog. systemrelevante Großbank in Schieflage zu geraten droht und das an den Börsen zu einem Schwarzen Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag oder Freitag führt, dürften die Aktienkurse ihren vorläufigen Tiefpunkt und die Edelmetallpreise ein zwischenzeitliches Hoch erreicht haben.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).