Liquiditätstod an der COMEX
08.09.2011 | Theodore Butler
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Was bedeutet all das für den normalen Anleger? Es bedeutet, dass wir uns an die Volatilität gewöhnen müssen, weil sie nicht verschwinden wird. Überraschenderweise bedeutet es, so denke ich, viel mehr für Silberinvestoren als für Goldinvestoren, obgleich es in diesem Artikel bisher fast nur um Gold und nicht um Silber ging. Und das hat einen Grund. Der von mir eben beschrieben Prozess hat beim Gold in schon viel stärkerem Maße als beim Silber eingesetzt und Wirkung gezeigt. Beim Gold könnte es noch mehr Short-Glattstellungen geben, und wenn das passiert, wird auch anhaltender positiver Preisdruck wirken. Aber dieser Prozess ist schon recht fortgeschritten und der Goldpreis wurde schon in die Höhe geschickt; mir fällt es schwer, vorherzusagen, was als Nächstes passieren wird, aber es würde mich überraschen, wenn preislich überhaupt etwas passieren würde. Beim Silber wird meiner Meinung nach etwas ganz anderes passieren. Auch beim Silber haben wir echte Liquidität verloren - so wie beim Gold. Das zeigt sich an der Volatilität des Silberpreises, genau wie beim Gold. Damals im April war es zur Panik unter den Silber-Commercials gekommen, sie stellten Short-Positionen glatt, was eine Preisexplosion nach sich zog, die bis zum Monatsende andauerte.
Dann kam es ab dem 1. Mai zu einer gigantischen, manipulativen Preisdrückung. Aktuell reagieren die Commercial-Silber-Shorts aber noch nicht so panisch wie es die Commercial-Short beim Gold jüngst taten. JP Morgan, die ich für den größten COMEX-Silber-Short halte, erhöhte laut COT sogar die Zahl der Leerverkäufe. Angesichts der Ereignisse am Goldmarkt glaube ich, dass es nur einer Frage der Zeit ist, bevor die großen Commercial-Shorts auch beim Silber panisch reagieren werden. Aber die Panik wird am Silbermarkt viel weitreichender sein als am Goldmarkt.
Die Haupttriebkraft der Gold-Rally waren die Short-Glattstellungen der Commercials an der COMEX. Bei einer Panik der Commercial-Silber-Shorts werden auch noch andere mächtige Kräfte freigesetzt. Und das liegt am grundsätzlichen Unterschied zwischen Gold und Silber - nämlich, dass Silber neben einem Edelmetallinvestment auch ein Industriemetall ist. Aufgrund von Short-Glattstellungen oder Investmentkäufen können die Preise von Gold und Silber sehr steil ansteigen. Da aber Gold kein Industriemetall ist, ist es auch höchst unwahrscheinlich, dass es hier zur Knappheit oder zu panischen Käufen seitens der industriellen Verbraucher kommen wird. Wie könnte es unter den industriellen Goldverbrauchern zur Panik kommen, wenn es keine industriellen Goldverbraucher gibt?
Industrielle Silberverbraucher gibt es weltweit in rauen Mengen, sie sind wie eine riesige Herde Gnus, die auf einer afrikanischen Ebene grasen. Nur der Anflug von Löwengeruch versetzt die Gnus in Panik. Der Geruch, der die Silberverbraucher aus der Industrie in Panik versetzen wird, sind deutliche Preissteigerungen einhergehend mit verzögerten Silberlieferungen. Eine Short-Glattstellung der Commercials an der COMEX wird mit Sicherheit für steigende Preise sorgen, so wie auch beim Gold und zuvor schon beim Silber.
Doch in Anbetracht der Knappheitssignale aus dem physischen Silbergroßhandel braucht es nicht viel, um einen Run auf das physische Metall auszulösen, was wiederum bei den industriellen Verbrauchern für Lieferverzögerungen sorgen wird. Wenn der erste industrielle Verbraucher panisch reagiert und seine physischen Lagerbestände aufstocken will, um die Produktion nicht zu gefährden, so wird sich das zusätzlich beschränkend auf die Lieferketten auswirken und die Lieferungen weiter verzögern - was wiederum für erhöhte physische Käufe sorgen wird.
Es lässt sich unmöglich sagen, wann ein solcher Prozess beim Silber einsetzen wird, aber wir sind diesem Punkt mit Sicherheit näher als jemals zuvor. Hier geht es mehr um Unausweichlichkeit als um Timing. Es wird dann kommen, wenn man es am wenigsten erwartet, aber es wird kommen.
Es ist bedauernswert, dass die wahre Liquidität an der COMEX abzusterben scheint, aber für langfristige Silberinvestoren ist das zweitrangig. Wichtiger ist, dass der Liquiditätstod wahrscheinlich auch das Sterben der laufenden Silbermanipulation signalisiert. Denn Liquidität und Manipulation sind fest mit den großen Commercial-Shorts an der COMEX verbunden. Wenn es eine Sache gibt, die den Silberpreis in den Himmel schicken könnte, dann das Ende der Silbermanipulation.
Die Gold-Botschaft lautet, dass sich die Commercials gewaltig verkalkulieren können, was die Preise und die Volatilität in die Höhe schnellen lässt. Die Silberbotschaft wird aber nicht allein diese sein, sie wird auch lauten, dass die unvermeidliche physische Knappheit zu weitaus steiler steigenden Preisen und weitaus kräftigerer Volatilität führen wird, als wir jetzt begreifen können.
© Theodore Butler
(Diese Abhandlung wurde vom Silberanalysten Theodore Butler, einem unabhängigen Berater, verfasst. Investment Rarities teilt seine Ansichten nicht notwendigerweise, diese können sich als richtig oder falsch herausstellen.) Exklusiv übersetzt für GoldSeiten.de. Das Original wurde am 06.09.2011 auf der Website www.investmentrarities.com veröffentlicht.
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