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Danke für den Tipp, Helicopter-Ben!

02.10.2011  |  Manfred Gburek
In den vergangenen Tagen haben die meisten Anleger vor lauter europäischem Rettungsschirm-Gedöns kaum beachtet, dass Ben Bernanke, Chef der US-Notenbank Fed, zuvor einige bemerkenswerte Sätze von sich gegeben hatte. Er sprach von nationaler Krise, hohen Abwärtsrisiken bei der kommenden Konjunkturentwicklung, Spannungen an den internationalen Finanzmärkten und toppte seine Ausführungen mit der Warnung: "Wir wollen keine Deflation."

Nichts Neues, könnte man meinen. Doch die Schärfe seiner Aussagen lässt ahnen, dass etwas im Busch ist. Aber was? Eine unkonventionelle Geldpolitik, deuten Auguren, die dem Fed-Chef nahe stehen. Also noch unkonventioneller als ohnehin schon. Und wieder drängt sich die Metapher von Helicopter-Ben auf, von dem für die US-Geldpolitik entscheidenden Mann, der - symbolisch formuliert - Geld so lange aus dem Hubschrauber wirft, bis die ganze Welt damit zugedeckt ist. Die ganze Welt und nicht nur die USA, weil die Währungen Europas, Asiens und der anderen Kontinente eng mit dem Dollar verknüpft sind. Man denke nur an China, den größten externen Gläubiger der USA.

Wie reimen sich Bernankes scharfe Worte damit, dass fast zur selben Zeit der Goldpreis verrückt gespielt hat? Die folgende doppelte Antwort überzeugt am meisten: Zum einen ist in den vergangenen Wochen aus verschiedenen Gründen die Dollar-Nachfrage seitens einiger internationaler Konzerne und Großbanken gestiegen, sodass die Verfechter der These "starker Dollar gleich schwaches Gold“ für kurze Zeit Oberwasser erhalten haben. Zum anderen - und viel gravierender - sind die Entscheidungen der Terminbörse CME in Chicago und der Edelmetallbörse in Shanghai, die Einschüsse für Gold- und Silberkontrakte zu erhöhen. Das zieht für kurze Zeit Liquidität von den Edelmetallmärkten ab und hat sich an einigen Tagen indirekt sogar bis zu größeren Verkaufsaufträgen des SPDR Gold Trust ausgewirkt, des größten börsengehandelten Goldfonds.

Im Übrigen macht an den Börsen ein Argument die Runde, wonach die starken Ausschläge des Goldpreises angeblich die Funktion des Edelmetalls als sicherer Hafen in Frage stellen. Zugegeben, für Anleger, die alles auf dieser Welt in Dollar, Euro oder in einer sonstigen Währung messen, mag dieses Argument plausibel sein. Doch so wie die Erde sich seit Jahrtausenden um die Sonne dreht (und nicht umgekehrt), so drehen sich ebenso lange alle bisherigen Währungen der Welt - mit Ausnahme der Goldwährung - um das Edelmetall.

Dennoch sind die zuletzt stärkeren Schwankungen des Goldpreises eine weitere Überlegung wert. Denn sie haben den Volatilitätsindex des Edelmetalls zum ersten Mal seit 2008 erheblich steigen lassen, wenngleich nicht ganz so hoch wie damals. Das heißt, dass diejenigen Anleger, die alles in ihrer Währung messen, es mit der Angst zu tun bekommen und ihr Gold verkauft haben. Darauf kann man nur den Spruch loslassen: Und das ist auch gut so. Solche Anleger werden nämlich in Zukunft dem Goldpreis hinterherlaufen, sobald dieser neue Höhen erklimmt. Dass er sie erklimmen wird, liegt auf der Hand: Onkel Ben wird mit seinem Helicopter schon dafür sorgen, und die Unterstützung seitens der Europäischen Zentralbank ist ihm sicher.

Nun noch zu einem anderen Thema, das schon vor Wochen in die Schlagzeilen geriet und danach ein weiteres Mal hochkochte, nachdem einige Opfer der Lehman-Pleite vor Gericht abgeblitzt waren. Zunächst stellte der dem Verbraucherschutz verpflichtete Bundesverband vzbv lapidar fest: "Zwei von drei Banken und Sparkassen missachten gegenüber ihren Kunden die Pflicht zur Offenlegung von Provisionen." Danach machten die Ergebnisse einer Umfrage der Researchfirma TNS stutzig. Der zufolge vertrauen nur noch 13 Prozent der deutschen Anleger ihren Finanzberatern, Tendenz fallend.

Der Bankmagazin-Kolumnist Andreas Buhr hatte schon im Sommer auf Basis einer weiteren Umfrage angemerkt: "Die Deutschen gehen lieber zum Zahnarzt als zu ihrem Bankberater." Solche Aussagen lassen sich zwar Jahrzehnte zurück verfolgen, aber so richtig virulent ist das Thema erst, seit Anleger, die nicht allzu viel Geld auf der hohen Kante hatten, mit Lehman-Zertifikaten reingelegt wurden. Besserung ist nicht in Sicht, weil die sogenannten Geschäftsmodelle der Banken und Sparkassen den Kundeninteressen in der Regel diametral entgegenstehen.

Falls Sie sich jetzt fragen, was das alles mit Gold, anderen Edelmetallen und Rohstoffen zu tun hat, ist hier die Antwort: Viel mehr, als die meisten Anleger sich vorstellen können. Denn seit Banken und Sparkassen - erst zaghaft, im Zuge der Edelmetallhausse dann immer mehr - ins Edelmetallgeschäft mit privaten Kunden eingestiegen sind, werden sie nicht müde, für Surrogate, vornehmlich Zertifikate und Fonds, die Werbetrommel zu rühren. Damit verdienen sie dank offener und versteckter Provisionen richtig Geld, während das Geschäft mit Barren und Münzen für sie nur wenig abwirft. Daraus folgt für Anleger: Im Zweifel lieber Gold, Silber & Co. in reiner Form bei spezialisierten Händlern kaufen und an einem sicheren Ort aufbewahren, als auf Surrogate in Form komplizierter Zertifikate- und Fondskonstruktionen zu setzen.

Damit schließt sich in gewisser Weise der Kreis zu Fed-Chef Bernanke: So wie er die ganze Welt mit Geld zuschmeißen kann, machen es die Finanzkonzerne in Gestalt ihrer Konstrukteure von komplizierten Finanzprodukten möglich, diese ihren Kunden in beliebiger Menge zu verkaufen. Natürlich vorausgesetzt, die Kunden lassen sich darauf ein. Doch damit ist zu rechnen, solange ein langjähriger Trend anhält, und das ist bei den Edelmetallen der Fall.

Das Schlimme daran: Da die Masse der Anleger prozyklisch investiert, kommen die Surrogate, die im Gegensatz zu den Edelmetallen selbst beliebig vermehrbar sind, ausgerechnet immer dann massenweise auf den Markt, wenn dieser vorübergehend überhitzt ist. Das war zuletzt im Juli und August dieses Jahres der Fall, Wiederholung in den kommenden Monaten so gut wie sicher. Derweil sollten Sie Ihren Edelmetallbestand aktuell arrondieren, indem Sie das eine oder andere Zwischentief zur Aufstockung nutzen.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).



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