Interview mit Klaus Martini: Aufwärtstrend bei Gold kann lange anhalten
20.10.2005 | Manfred Gburek
Klaus Martini ist als "Global Chief Investment Officer" für das Geschäft mit Privatkunden zuständiger Anlagestratege der Deutschen Bank. Er war vorher Leiter des Fondsmangements der Deutsche-Bank-Tochter DWS und maßgeblich an der Entwicklung innovativer Produkte beteiligt.
Das Interview führte Manfred Gburek, Herausgeber von "Finanz Business".
FB: Wer treibt den Goldpreis nach oben?
Martini: In erster Linie die Schmuckindustrie und die Hortung, das heißt, die private Nachfrage nach physischem Gold. Darüber hinaus Finanzmarktprodukte auf Gold, zum Beispiel ETFs, also börsengehandelte Fonds. Auf der Angebotsseite gibt es keine größeren Veränderungen. Die Minen holen Gold im Rahmen des so genannten Dehedging vom Markt zurück, was sich zusätzlich positiv auf den Preis auswirkt.
FB: Was machen die Zentralbanken?
Martini: Sie verkaufen gern jeweils im vierten Quartal, weil dann die Goldnachfrage immer besonders hoch ist. Doch die europäischen Zentralbanken, die sich auf die Begrenzung ihrer Verkäufe bis 2009 geeinigt hatten, haben ihre bis September 2005 geplante Verkaufsquote schon im Sommer ausgeschöpft.[/i]
FB: Kann es nicht sein, dass die Zentralbanken kaum noch Gold besitzen, weil sie es entweder verkauft oder verliehen haben?
Martini: Das stimmt so sicher nicht. Die Frage ist: Wieviel Gold will jedes Land als strategische Reserve halten? Aber darauf erhält man keine klare Antwort. Eines lässt sich sagen: Je weiter der Goldpreis steigt, desto mehr werden sich die Zentralbanken mit Verkäufen zurückhalten.
FB: Die Zentralbanken Chinas und Japans haben verschwindend geringe Goldreserven. Rechnen Sie damit, dass sie jetzt verstärkt Gold kaufen?
Martini: Wenn, dann machen die Chinesen das ganz behutsam und veröffentlichen keine Zahlen dazu. Zwischen ihnen und den USA besteht eine so starke gegenseitige wirtschaftliche und finanzielle Abhängigkeit, dass sie nicht riskieren können, in größerem Umfang Gold zu Lasten von Dollarpapieren zu kaufen. Bei den Japanern kann ich mir das nicht vorstellen, weil sie es ja schon viel früher hätten machen können.
FB: Befürchten Sie nicht einen Einbruch der Nachfrage seitens der Schmuckindustrie, wenn die Konjunktur in den USA und in Asien ins Stocken gerät?
Martini: Genau das Gegenteil kann eintreten, weil die Menschen dann Gold als Sicherheitsreserve kaufen, vor allem, wenn zum Konjunktureinbruch die Inflation kommt. Diese beeinflusst den Goldpreis aber nur dann, wenn sie hoch ist; das trifft zurzeit nicht zu. Man muss sich fragen, wie die USA es schaffen wollen, die globale Liquidität zu reduzieren - ein weiteres Argument für Gold, vor allem, wenn die Momentum-Spieler hinzu kommen, die dann dem neuen Goldtrend folgen. Ist ein Markt vom Momentum erfasst, also von einer sich beschleunigenden Entwicklung, kann der Trend sehr lange anhalten.
FB: Wie sollen sich Anleger engagieren, um davon zu profitieren?
Martini: In einer Reihe von Produkten, wie dem DWS Gold Plus Fonds, oder auf der Zertifikatseite im Feinunze Gold X-pert oder Gold Quanto Open End. Grundsätzlich würde ich mir Gold nicht mehr zu Hause hinlegen, aber Zertifikate oder ETFs ins Depot.
[i]FB: Welchen Goldanteil sollte ein repräsentativer Kunde jetzt halten?
Martini: Fünf bis sieben Prozent.
[i]FB: Wie hoch wird der Goldpreis in den nächsten Jahren steigen?
Martini: Er wird dahin steigen, wo er Ende 1979 war, also 600 bis 700 Dollar.
FB: Kann er über 1.000 Dollar gehen?
Martini: Ja.
© Manfred Gburek
Quelle: aus "Finanz Business", Ausgabe 06/2005
Hinweis: Manfred Gburek, der u.a. "Das Goldbuch" geschrieben hat, moderiert an beiden Tagen die am 18. und 19. November 2005 in München stattfindene 1. Internationalen Fachmesse für Edelmetalle & Rohstoffe (www.edelmetallmesse.com).