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Von der Mücke zum Elefanten

24.10.2005  |  Manfred Gburek
Gold eignet sich gerade jetzt als Geldanlage, denn ein größerer Preisanstieg steht bevor. Dafür gibt es gleich mehrere Gründe - Überraschungen inbegriffen.

Wass haben Gold und Silber mit Treppenliften und Anti-Glatzen-Mitteln gemeinsam? Viel: Ihre Hersteller und Händler werben für sie um eine riesige gutgläubige Zielgruppe in Massenblättern wie "ADAC motorwelt", "Bild am Sonntag" und "rtv". Die Edelmetalle eignen sich zudem ideal zur Teleshopping-Reklame. "Amtlich", "streng limitiert", "begehrt", "offizielles Zahlungsmittel", "höchste Prägequalität" oder "reinstes Gold" versprechen Anbieter wie MDM, Emporium, BTN oder Merkator. Dabei wird schon mal aus einer Mücke ein Elefant. Die Firma Merkator etwa machte aus einer Goldmünze mit Elefanten-Emblem und nur elf Millimetern Durchmesser in der Werbung einen veritablen Dickhäuter mit 5,2 Zentimetern Durchmesser.

So viel Irreführung kann nur erfolgreich sein, weil Werte vorgespielt werden. Auch, weil dem Gold der Jahrtausende alte Mythos anhaftet, es sei ein Wert an sich. Was zweifellos stimmt, denn Gold behält langfristig seine Kaufkraft. Indes, nur reines Gold in Form von gängigen Barren, etwa zu 20 oder 100 Gramm, zu einem oder 12,5 Kilo, und Anlagemünzen wie Krügerrand, Wiener Philharmoniker, Nugget, Maple Leaf oder American Eagle. Nicht dagegen als Mücken-Elefant: Er wurde zu "nur 9,60 Euro" feilgeboten; bei einem Gewicht von 0,5 Gramm reinem Gold und einem damaligen Preis von zirka 350 Euro je Unze (31,1 Gramm) hätte sein Goldwert gerade 5,63 Euro entsprochen.

Dem edelsten der Edelmetalle wird man allerdings nicht gerecht, wenn man es nur mit Eigenschaften wie Wertstabilität oder Mythos verbindet. Denn es kann ja - zumindest zeitweise, wie von 1929 bis 1934, zwischen 1970 und 1980 oder seit 2001 - auch eine lukrative Geldanlage sein. Es hat in diesen Zeiträumen mal vor Deflation, mal vor Inflation geschützt. Darüber hinaus genießt es Ansehen als international anerkannte Liquidität und Währungsreserve: in Deutschland, Frankreich und Italien mal etwas über, mal etwas unter 50 Prozent, in den USA sogar um 60 Prozent. Da Japan und China ihre Währungsreserven nur zu gut einem Prozent goldgerändert haben und ihre Dollar-Lastigkeit lieber heute als morgen los würden, liegt der Gedanke nahe, dass beide Länder ihren Goldschatz aufstocken werden.


Preis durch Zentralbank-Verkäufe gedrückt

Spricht allein schon dieses Argument für die Anlage in Gold, so gilt das erst recht für ein weiteres: Große und kleine Minen investierten nach dem Verfall des Goldpreises während der 80er und 90er Jahre immer weniger in die Erschließung neuer Adern. Viele von ihnen unter Führung des kanadischen Konzerns Barrick Gold verkauften das Edelmetall sogar in großem Umfang auf Vorrat; dadurch drückten sie den Preis zusätzlich. Und weil manche Zentralbanken es als zinslose Last empfanden, liehen sie es zu Minizinsen aus oder verkauften es am freien Markt.

Obwohl der Goldpreis erst im Früjahr 2001 nachhaltig zu steigen begann, lässt sich die entscheidende Preisumkehr auf den 26. September 1999 datieren. Damals schossen die Notierungen in wenigen Stunden aufwärts, nachdem 15 westliche Zentralbanken - zunächst über fünf Jahre - eine Obergrenze für den Verkauf beschlossen hatten. Die Hausse war zwar nach nur zwei Tagen vorbei, löste aber einen Bewusstseinswandel aus: Sozialpolitikern wie Herbert Ehrenberg oder Bert Rürup, die sich für den Verkauf des deutschen Bundesbank-Goldes zugunsten der Altersvorsorge, der Haushaltssanierung oder des Aufbaus Ost stark gemacht hatten, traute man nicht mehr.

Goldexperten wie Bruno Bandulet, Herausgeber des Spezialdienstes "G & M" in Bad Kissingen, oder Markus Mezger, damals für die BW Bank in Stuttgart tätig, ernteten dagegen wieder Aufmerksamkeit. Seit 2001 ist der Goldpreis aus der Zone um 250 US-Dollar je Unze endgültig nach oben ausgebrochen. Und weil der Unzenpreis zuletzt auch in Euro kräftig nach oben gesprungen ist, kommt sogar bei europäischen Anlegern richtig Freude auf. Wer rechtzeitig auf Minenaktien wie Newmont (ISIN US6516391066) oder Gold Fields (ISIN ZAE000018123) gesetzt hat, wird seit Monaten durch einen besonders kräftigen Kursanstieg belohnt. Gold birgt zwar keinen Automatismus zum Reichwerden in sich, sondern erfordert als Geldanlage ebenso viel Gespür und Geschick wie Aktien, Anleihen, Immobilien, Fonds oder Zertifikate.

Hat man sich damit aber erst einmal abgefunden, ist es - ebenso wie sein unruhiger Begleiter Silber - gerade jetzt einen hohen Einsatz wert: wegen des nur noch zögerlichen Verkaufs durch westliche Zentralbanken, wegen der zu erwartenden Aufstockung der offiziellen chinesischen Goldreserven, wegen des potenziell schwachen Dollars, wegen der geringeren Förderung und wegen der Rückkäufe der Minen, wegen der wieder steigenden Nachfrage der Schmuckindustrie (speziell aus Indien und den USA) sowie der privaten Anleger in fast ganz Asien, wegen alter und neuer Goldfonds und -zertifikate.

Apropos Dollar-Schwäche: Da Gold knapp bleiben wird, müsste es in Relation zum Dollar eigentlich immer wertvoller werden - weit über die in den vergangenen Jahren erreichten Höhen hinaus. Zumal die USA "eine Schuldenorgie ohnegleichen2 inszenieren, wie Ralf Borgsmüller, Partner der Münchner Vermögensverwaltung PSM, vorrechnet: Die Gesamtverschuldung der Amerikaner betrug zuletzt, bedingt durch Schuldentreiberei von Staat, Unternehmen und Konsumenten, etwa 340 Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes, das heißt, ihrer hergestellten Produkte und erbrachten Dienstleistungen. Sie leben also über ihre Verhältnisse. Die Hauptlast tragen Länder, die als Exporteure in Dollar bezahlt werden, wie Deutschland, Japan oder China. Würden sie größere Dollar-Mengen verkaufen, dürften sie sich durch die dann abstürzende US-Währung selbst schaden.


Beim Preisziel sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt

Zwar kann niemand genau sagen, wann dieses Dollar-System kippt, aber eine Währung, von der es immer mehr gibt, muss im Verhältnis zu anderen Dingen, etwa zu stabilen Währungen, Edelmetallen, Rohstoffen oder Immobilien, über kurz oder lang an Wert verlieren. So lange der Dollar-Verfall sich nur in steigenden Währungen - wie in der Euro-Hausse 2004 - oder Rohstoff- und Immobilienpreisen - wie bei Kupfer und Stahl, Häusern in Spanien und Appartements in den USA bis 2005 - widerspiegelt, mag das Dollar-System ja noch funktionieren.

Doch wenn die in Dollar-Anleihen schwimmenden Zentralbanken, vor allem die chinesische, diese Papiere in größerem Umfang abstoßen und/oder ihre Währungsreserven zunehmend um Gold ergänzen, wenn die so genannte US-Immobilienblase platzt und damit der auf Immobilienkrediten basierende Konsumrausch der Amerikaner abrupt endet, wenn es plötzlich ein sonstiges unvorhersehbares Ereignis mit Auswirkung auf die Weltwirtschaft geben sollte, dann ist die Zeit reif für einen kräftigen Anstieg des Goldpreises: Das Edelmetall dürfte zum ultimativen Zufluchtsort werden - und damit aus der vermeintlichen Mücke (Wert der weltweiten Goldanlagen zurzeit knapp zwei Billionen Dollar, Anlagen in Aktien und Anleihen dagegen 400 Billionen Dollar) ein Elefant.

Über das erreichbare Preisziel zu spekulieren, ist ebenso müßig, wie den genauen Zeitpunkt zu ermitteln, zu dem es erreicht wird. Denn die Emotionen, die aus Anlass einer solchen Zeitenwende ins Spiel kommen, sind weder berechenbar noch in ihrer zeitlichen Dimension zu erfassen. Klaus Martini, Chefanlagestratege für Privatkunden der Deutschen Bank, hält einen Höhenflug des Goldpreises über 1.000 Dollar je Unze für möglich (siehe Interview). PSM-Partner Borgsmüller gibt eine Preisspanne zwischen 1.000 und 5.000 Dollar" in den nächsten Jahren" an. Würden sich die 70er Jahre mit der Stagflation (Stagnation und Inflation) der Weltwirtschaft und einem vergleichbaren Goldpreisanstieg wiederholen (in der Spitze Anstieg auf das 24-Fache), bedeutete dies, ausgehend von der Preisbasis 250 Dollar in den Jahren 1999 und 2001, das 24-Fache von 250, also 6.000 Dollar. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, falls - wie Martini annimmt - "Momentum" in den Goldpreis kommt, wenn also der Preisanstieg immer steiler verläuft. Was Analysten der Investmentbank Dresdner Kleinwort Wasserstein schon vor zwei Jahren zu einem verwegenen Gedankenspiel für den Fall eines totalen Dollar-Kollapses anregte: Goldpreis 15.000 Dollar.


Zertifikate erfordern einen genauen Blick auf die Kosten

Bleiben wir bei einem Preisziel im unteren vierstelligen Bereich, würde dies je nach Euro-Dollar-Verhältnis eine Verdrei- bis Verfünffachung bedeuten. Damit bleibt abschließend zu klären, wie man am meisten davon profitieren kann. Zur Auswahl stehen: Barren und Anlagemünzen in verschiedenen Gewichten, Sammlermünzen, Minenaktien, Fonds, Zertifikate, Konten und Pläne.

Wer ganz auf Nummer sicher gehen will, kauft bei Banken oder bei seriösen Händlern Barren und Anlagemünzen und schließt sie an einem absolut sicheren Ort in einen Safe. Wer darüber hinaus auf die stärkeren Kursausschläge der Minenaktien spekulieren will, kauft diese entweder direkt oder über einen erfolgreichen Fonds. Zertifikate erfordern einen genauen Blick auf die Kosten, Sammlermünzen erfordern die intensive Beratung durch einen erfahrenen Münzenhändler. In deren Verlauf dürfte dieser mit Sicherheit auch vor "amtlichen, streng limitierten offiziellen Zahlungsmitteln" warnen - und vor Mücken, die in der Werbung zu goldenen Elefanten anschwellen.


© Manfred Gburek
Quelle: aus "Finanz Business", Ausgabe 06/2005





Hinweis: Manfred Gburek, der u.a. "Das Goldbuch" geschrieben hat, moderiert an beiden Tagen die am 18. und 19. November 2005 in München stattfindene 1. Internationalen Fachmesse für Edelmetalle & Rohstoffe (www.edelmetallmesse.com).





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