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Detlev Schlichter: ‘Forward Guidance‘? Unsinn! - Zentralbanker haben keine Wahl

10.07.2013  |  Presse
- Seite 2 -
Gestern gaben die EZB und die Bank of England öffentlich zu, dass sie in der Bredouille stecken und auf absehbare Zeit auch dort stecken bleiben. Ihnen bleiben keine weiteren politischen Optionen, es gibt keine (reale) Erholung, also werden sie die Zinsen superniedrig halten und vielleicht noch einmal senken. Nur in unserer bizarren modernen Welt des orwellschen Dauer-Neusprechs lässt sich dieser Zustand der Niederlage zu einem neuen politischen Programm der ‘vorausschauenden Orientierungshilfe‘ aufhüschen. Das Eingeständnis, dass man sich nicht mehr rühren kann, dass die eigene Politik nicht funktioniert und auch auf absehbare Zeit nicht funktionieren wird (ansonsten müsste man ja für einen Entzug der Stimuli Vorbereitungen treffen, oder nicht?), wird jetzt als geschickte Steuerung der Markterwartungen und Bearbeitung der Marktpsychologie präsentiert.

Zum ersten Mal kam die Bank of England unter dem Vorsitz ihres neuen Chefs Mark Carney zusammen, der für die einen "der talentierteste Zentralbanker seiner Generation" ist und für andere der überbezahlteste Bürokrat der Welt. Ehre, wem sie gebührt; das darf schon etwas Kredit kosten. Carney ist ein Marketing-Genie. Nicht nur beim Eigenmarketing, sondern auch bei Verkauf eines geldpolitischen Lähmungszustands als Strategie. Niemals zuvor wurde die Phrase "Was können wir noch machen? Nur weiterhin das, was wir seit Jahren schon machen." so wirkungsvoll präsentiert wie auf der gestrigen Pressekonferenz der BoE. Man nennt es ‘Orientierungshilfe', und für die benötigt man offenkundig spezifische Kompetenzen und Qualifikationen. Das Wall Street Journal beschreibt Mr. Carney sogar als „einen der Pioniere der vorausschauenden Orientierungshilfe“; ich frage mich, ob sich die Jungs von der Zeitung das Lachen verkneifen konnten.


Devisenmärkte und Gold

Der Eindruck bestehender politischer Divergenzen zwischen der Fed und anderen Zentralbanken hat die Devisenmärkte zu neuem Leben erweckt. Der Dollar ist am Steigen, und ich habe den Eindruck, dass die Spekulanten-Community versuchen wird, mit diesem Thema eine Zeitlang durchzubrennen. Obwohl die Devisenmärkte Divergenz normalerweise lieben, so ist sie den Erwartungen in dieser Krise noch nie gerecht geworden. Unter den großen Nationen gibt es hinsichtlich der ökonomischen Probleme und der politischen Reaktionen darauf einfach viel mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Diese Länder stecken sozusagen im selben Sumpf. Wir haben eine globale Krise, die meiner Meinung nach eine globale Krise des Fiat-Geldes ist.

Ich wüsste nicht, warum irgendeine dieser Papierwährungen wesentlich besser aufgestellt sein sollte als andere. Aus meiner Sicht wird jeder Eindruck von Divergenz hinsichtlich der Wirtschaftsleistung und der politischen Ausrichtung nicht von Dauer sein; Markttrends, die auf diesem Eindruck gründen, werden meiner Meinung nach kurzlebig sein. Ich bleibe skeptisch, ob die Fed tatsächlich “aussteigen“ kann. (Natürlich bin ich der Ansicht, dass die Fed aussteigen MÜSSTE, wie auch die anderen Zentralbanken, aber meine Ansichten hat die Fed natürlich noch nie geteilt.)

Der Gedanke an einen Fed-Ausstieg ist immer noch ein großes Problem für Gold. Ich gebe gerne zu, dass mich das, was passierte und noch passiert, wirklich verblüfft. Die ‘vorausschauende Orientierungshilfe’ der Bank of England und der EZB hat dem Goldmarkt nicht geholfen, sie hat allein den Dollar gegenüber dem Pfund und dem Euro gestärkt. Der Dollar ist aber ausschlaggebend. Der Dollar ist die weltweit führende Fiat-Währung und Hauptgegner des Goldes. Es scheint gar nicht so darauf anzukommen, was die anderen Papiergeldzentralbanken machen. Solange der Gedanke an einen “Fed-Ausstieg“ die Märkte umtreibt und die Gefahr einer Dollarentwertung zu schwinden scheint, solange wird Gold weiter mit Problemen zu kämpfen haben. Aus erklärlichen Gründen gehe ich nicht davon aus, dass das so bleiben wird, und ich bleibe Goldoptimist. Es allerdings nicht ausgeschlossen, dass es zuvor noch einmal wehtun könnte.

Die Entwertung des Papiergeldes schreitet unterdessen voran.


© Detlev Schlichter
http://detlevschlichter.com



Dieser Artikel wurde am 05.Juli 2013 auf www.detlevschlichter.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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