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Von der Kunst, Chancen zu nutzen und Risiken zu meiden

14.07.2013  |  Manfred Gburek
Haben Sie eigentlich eine ungefähre Vorstellung von dem Risiko, das Sie eingehen, wenn Sie Ihr Geld zum Beispiel a) minimal verzinst auf dem Konto stehen lassen, b) es nach der Empfehlung Ihres Anlageberaters in einen Fonds packen oder c) selbst die Initiative ergreifen und es in Aktien oder Edelmetalle investieren? Trösten Sie sich, falls es Ihnen an jeglicher Idee zur Höhe des Risikos mangelt; dann gehören Sie nämlich zu mindestens neun Zehnteln der Anleger, also zur weit überwiegenden Mehrheit. Wohlgemerkt, es geht nicht um das Ausmaß des Risikos in Höhe von so und so viel Prozent vom Einsatz, sondern lediglich um eine ungefähre Vorstellung. Wie die folgenden Überlegungen zeigen, lässt sich das mit den neun Zehnteln und darüber schlüssig belegen.

Fall a) ist noch recht einfach: Gehen wir davon aus, dass Sie ein privates und nicht ein gewerbliches Konto haben und dass Ihre Bank nicht pleite geht, dann beschränkt sich Ihr Risiko auf die finanzielle Repression. Das bedeutet: Durch die Geldentwertung, die Ihre Zinsen auffrisst und darüber hinaus an der Substanz des Kontos knabbert, verfügen Sie im Lauf der Monate und Jahre über immer weniger Kaufkraft. Über wie viel weniger, steht allerdings erst einmal in den Sternen.

Fall b) ist schon ungleich komplizierter. Denn zum einen gehen Sie das Risiko ein, dass Ihr Anlageberater entweder nur ein Verkäufer ist, der im Auftrag seines Chefs gerade den Fonds X oder Y puschen soll, oder dass er mit seiner Fondsempfehlung - egal, auf wessen Initiative hin - schief liegt. Zum anderen kommen laufende Fondskosten auf Sie zu, deren Höhe sich nicht von vornherein ermitteln lässt, und obendrein verlassen Sie sich auf die Anlagekünste eines Ihnen fremden Fondsmanagers.

Fall c) ist der Gipfel an Komplexität. Beispiel Aktien: Die Auswahl ist riesig und allein von daher eine Herausforderung. Der Chance, mit ihnen sehr viel Geld verdienen zu können, steht das Risiko gegenüber, das ganze Geld oder zumindest große Teile davon zu verlieren. Formeln zur Berechnung des Risikos fehlen, dazu gleich mehr. Beispiel Edelmetalle: Angenommen, Sie entscheiden sich für eine Mischung aus Goldbarren und -münzen, ergänzt um Silbermünzen. Wie groß ist die Chance auf nominale Wertsteigerung und damit auf den Erhalt der Kaufkraft bis zum Jahr 2020 im Vergleich zum Risiko, dass die Preise der Münzen zwischenzeitlich nominal so lange wild schwanken, bis Sie die Nerven verlieren und die guten Stücke zur Unzeit verkaufen? Wie groß ist zudem das Risiko, dass sie aus dem heimischen Safe geklaut werden oder dass der Staat sie eines Tages konfisziert? Niemand kann die Antwort in Zahlen fassen, nur so viel steht fest: Die Preise von Gold und Silber werden bis 2020 in Anbetracht der internationalen Geldflut per Saldo steigen.

Zum Thema Chancen bekommen wir täglich Unmengen an Ratschlägen serviert. Mehr als nur ein Hauch von Monte Carlo und Las Vegas weht längst auch durch die Börsensäle - oder treffender formuliert: durch die Laptops und sonstigen elektronischen Geräte mit Anbindung an Direktbanken, die Kundenaufträge im Schnellverfahren an Xetra, Tradegate, NYSE oder Nasdaq weiterleiten. Die Ratschläge zielen auf möglichst viel Trading, was treffend übersetzt bedeutet: Hin und her macht Taschen leer. Oder auch: Die Bank gewinnt immer.

Zum Thema Risiko gibt es mittlerweile eine Unzahl von mehr oder weniger wissenschaftlichen Beiträgen und Bänden an Büchern. Doch wie steht es um das spezielle Risiko von Geldanlagen? Da fällt die Auswahl schon geringer aus. Erst recht bei Aktien: Es gibt Alpha, das Maß für die Volatilität, also die Stärke der Kursschwankungen, und Beta, das Maß für die Korrelation von Änderungen einzelner Aktienkurse mit denen der Börse insgesamt. Erkenntniswert? Für Theoretiker offenbar so hoch, dass die Zahl der Doktorarbeiten zu diesem Thema immer noch wächst, dagegen für Praktiker gleich null.

Chancen und Risiken in Anbetracht der beschriebenen Umstände zahlenmäßig - prozentual, als Formel oder sonst wie - abzuwägen, gleicht ebenso dem Glücksspiel, wie in Monte Carlo und Las Vegas auf Schwarz oder Rot zu setzen. Das hindert jedoch nicht Heerscharen von Tippgebern, im Jargon der Finanzbranche vornehm Sell Side-Analysten genannt, nahezu im Stundentakt mit Kurszielen zu jonglieren. Damit beleben sie das Trading und rechtfertigen so ihren Job, der darauf abzielt, für ihre Bank möglichst hohe Provisionen einzutreiben. Dass Kursziele grundsätzlich und für alle Anlagekategorien blanker Unsinn sind, muss an dieser Stelle nochmals betont werden.

Gibt es am Ende nicht einmal Indizien für Chancen und Risiken der Geldanlage? Doch, die gibt es, und zwar jenseits der Zahlenspiele mit Alpha, Beta und dem übrigen pseudowissenschaftlichen Murks. Besonders eindrucksvoll zeigt sich das am langjährigen Anlageerfolg des Großinvestors Warren Buffett, seines Partners Charlie Munger und ihrer weltweiten Gefolgschaft. Ihr Erfolg gründet in der Ermittlung des Unterschieds zwischen Wert und Preis. Liegt der Preis einer Aktie weit unter deren Wert, greifen sie zu.

Wer es mit der Geldanlage ebenso halten will wie sie, muss sehr viel Zeit in die Ermittlung des Werts investieren. Das geht nicht mal eben nebenbei, sondern nur mithilfe der Analyse von Unternehmens- und Branchendaten, volkswirtschaftlichen, sozialen, technologischen, demografischen, ökologischen und sonstigen wichtigen Entwicklungen. Als beeindruckendes deutsches Beispiel für die Anwendung der Buffett- und Munger-Methode sei hier das börsennotierte Unternehmen Shareholder Value genannt.

Was die genannten Entwicklungen betrifft, liegen Chancen und Risiken nahe beieinander. Zum Beispiel hat die Globalisierung China, die USA und Deutschland als Sieger hervorgebracht, speziell die deutschen Autobauer VW und BMW. Die Globalisierung war und ist weiterhin einer von mehreren Megatrends - aber nur so lange, wie es nicht zum weltweiten Protektionismus kommt.

Zwei weitere interessante Megatrends bestehen in der Verstädterung - seit einigen Jahren gehören deutsche Wohnungsgesellschaften zu den Favoriten der Börsianer - und darin, dass die Bevölkerung nahezu weltweit immer älter wird - weshalb es etwa der Pharmaindustrie, den Herstellern von Aufzügen, Rolltreppen und -stühlen noch viele Jahre besonders gut gehen dürfte. Nicht zu vergessen den Megatrend der wachsenden Weltbevölkerung, der neben Lebensmittelkonzernen wie Nestlé und Unilever auch den Düngemittelhersteller K+S und den Saatgutspezialisten KWS begünstigt.

Die entscheidende Botschaft an dieser Stelle ist: Wer als Aktionär auf potenzielle Gewinner von Megatrends setzt, kann Anlagefehler ausbügeln, selbst wenn das Timing beim Kauf noch so schlecht gewesen sein mag. Dass diese Botschaft analog auch für Gold, Silber und Edelmetallaktien gut geführter Minengesellschaften gilt, versteht sich in einer Welt voller Geld und Schulden von selbst.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).



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