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Martin Armstrong: Das gesamte globale Geldsystem muss erneuert werden

01.11.2011  |  Jim Puplava
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Ich hatte den Arzt für meine Mutter angerufen, und dort sagte man mir, sie nehmen keine Medicare-Patienten mehr an, weil sie für Januar Kürzungen im Gesundheitsprogramm erwarten. Da gibt es also diese schönen Programme, aber sie werden immer weiter weggekürzt, weil die Staatsverschuldung nicht aufhört zu steigen. Man kann dann sagen: Gut, dann besteuern wir also die Reichen. Okay - nur zu. Nehmt ihnen alles. Das wird aber trotzdem nicht die stetig wachsende Staatsverschuldung aufhalten. Die läuft und läuft, wie der Duracell-Hase. Es wird nicht aufhören. Wenn wir uns jetzt nicht hinsetzen und uns ernsthaft darüber Gedanken machen und sagen - ok, wir müssen die Situation analysieren und alles umarbeiten - dann erwartet uns wirklich nichts Besseres als reinstes Wirtschaftschaos.


James J. Puplava: Braucht es dafür eine Krise, wie es sie in den 30ern gab? Aktuell heißt es ja, die Besteuerung der Reichen würde schon ausreichen; sie sollten auch ihren gerechten Anteil beitragen. Aber wie Sie schon sagten: Man kann die Reichen besteuern, ihnen ihr ganzes Geld nehmen, und trotzdem hätte man immer noch ein Haushaltsdefizit und Zinsleistungen, die ins Ausland überwiesen werden.

Martin Armstrong: Sicher. Es ist doch unglaublich, dass immer man immer den Unternehmen die Schuld in die Schuhe schieben möchte und sagt, oh, sie verlagern Arbeitsplätze ins Ausland und deswegen verlieren wir unsere Jobs. Wenn man sich nur die Zinsbeträge anschaut, die dieses Land verlassen - dann ist das deutlich mehr, als wir im Handel verlieren. Es ist traurig, dass wir immer nur Rhetorik zu hören bekommen, anstatt dass jemand einen Blick auf die nackte Wahrheit wirft. Da ist viel Dogma dabei, das die Leute von der Beobachtung abhält; oder sie wollen es einfach nicht. Da bin ich mir nicht sicher. Politiker aber… also ich habe mit vielen zusammengearbeitet, und das ist sehr frustrierend! Man kann ihnen sagen: Hören Sie mal, der Zug da oben wird jetzt genau auf Sie zurollen. Und er wird Sie, wenn Sie nicht zu Seite gehen, zermalmen. Und deren Denkart ist: "Schon gut. Warten wir‘s erstmal ab."

Sie werden erst aktiv, wenn es zur Krise kommt. Mit Politikern ist es ungefähr so: Es kommt jemand auf Sie zu und sagt, ich habe Ihnen gerade das Leben gerettet. Und Sie schauen ihn an und fragen: „Bitte, was haben Sie gemacht?“ „Schauen Sie, das Auto da oben am Berg, irgendjemand hatte die Handbremse nicht angezogen und es begann den Berg runter zu rollen; es hätte Sie überrollt, also sprang ich ins Auto und zog die Bremse an. Ich habe Ihnen also das Leben gerettet."

Sie haben es aber nicht gesehen, und sagen, "Na klar, aber woher weiß ich, dass Sie nicht lügen?" Und das ist die Betrachtungsweise der Politik: Sie können die Wahlen nicht gewinnen, wenn sie sagen: "Wählen Sie mich, weil ich verhindert habe, dass Sie Ihr Haus verlieren." Wenn der Wähler aber schon Gefahr läuft, sein Haus zu verlieren, dann sagt man viel besser: "Wählen Sie für mich und ich werde das verhindern.". Aber sie werden nicht im Voraus handeln. Und das läuft meiner Meinung nach leider falsch in unserem politischen System. Das Wort "Politökonomie" hätte man schon von Beginn an trennen sollen, aber leider müssen wir jetzt damit leben.

Erst wenn es zur Krise kommt, werden sie aktiv. Und dann wollen sie ihre großen Anhörungen veranstalten. Und dann wollen sie recherchieren und Ermittlungen einleiten. Und dann wollen sie immer jemanden strafrechtlich belangen. Aber seit dem Aktienmarktcrash von 1907 ermitteln sie und ermitteln sie, doch den mysteriösen Leerverkäufer, der den Stein ins Rollen brachte und alles vor die Hunde gehen ließ, haben sie nie gefunden. Aber zumindest ist es große Effekthascherei!

Dieses ganze Gejammer und Gezeter wegen der Derivate, aber reguliert wurden die Derivate immer noch nicht!! Die Ausgabe von Credit Default Swaps haben sie immer noch nicht untersagt. Sie haben nichts gemacht. Sie haben andere Dinge reguliert, neue Behörden gegründet, neue staatliche Arbeitsplätze geschafft. Aber sie hatten rein gar nichts gemacht, um zu verhindern, was passierte. Und ganz ehrlich: Der Grund, warum sie das nicht tun, ist der, dass die Banken, um die es dabei geht, Primärhändler sind. Und die Primärhändler kümmern sich um die Schulden der Regierung. Also wird keine dieser Banken jemals strafrechtlich verfolgt werden, weil sie quasi zum Crack-Dealer für die Regierung geworden sind. Die werden sie nicht fallen lassen.

Hätte die Regierung der Wirtschaft wirklich helfen wollen, dann hätte sie die Hypothekenlasten um 25% gestrichen. Man hätte diese massive Welle der Zwangsvollstreckung verhindert, und das Problem mit den Zwangsvollstreckungen ist ja, dass die ganzen Immobilien auf den Markt kommen. Und selbst wenn man ein Haus hat und seinen Hypothekenzahlungen nachkommt, wenn diese Bestände auf den Markt kommen, sinkt der Wert der eigenen Immobilie, wegen der ganzen verkauften Bestände. Das hängt alles miteinander zusammen.

Die überhaupt schlimmsten Rezessionen sind Immobilien-Rezessionen, denn die Menschen werden Geld ausgeben, solange sie das Gefühl haben, sie hätten mit ihren Häusern auch eine Investition gemacht und würden über Kapital verfügen. Wenn sie das Gefühl - sie hätten mit ihren Häusern Kapital – für die Rente oder für was auch immer, dann nicht mehr haben, geben sie auch kein Geld mehr aus. Eine Immobilien-Rezession ist die schlimmste von allen, und die haben wir.


James J. Puplava: Abschließende Frage: Wenn Sie auf die nächsten zwölf Monate schauen, was sagen Ihnen Ihre Marktmodelle, was aus wirtschaftlicher Sicht passieren wird?

Martin Armstrong: Im Grunde bewegen wir uns - gegen Ende 2015 - auf eine weitere, ich denke, große Wirtschaftskrise zu. Das wird wahrscheinlich die Zeit sein, in der sich die Staatsschuldenkrise zuspitzt. Bis dahin sieht es leider immer mehr danach aus, als bekämen wir einen Bullenmarkt der Volatilität. Meiner Meinung nach wird wohl Gold anfänglich noch ein wenig konsolidieren. Ich würde nicht davon ausgehen, dass es schon jetzt drastisch in die Höhe schießt. Und viele Leute lassen sich immer noch verwirren, wenn sie sich ein klares Bild von der Situation in Europa schaffen wollen. Man will dahingehend lieber optimistisch bleiben. Aber das ist wieder die alte Geschichte vom Optimisten und von Pessimisten, die beide auf den Sears Tower stehen und in die Tiefe geweht werden. Der Pessimist fängt sofort an zu beten: "Oh mein Gott, ich werde sterben." Und der Optimist, der gerade den vierten Stock passiert, sagt: "Aber bis hier hin lief es ganz gut."

Das fasst unser Problem meiner Meinung nach ziemlich gut zusammen. Manche wollen einfach nicht zugeben, dass es ökonomische Probleme gibt. Und wenn man sie nicht angehen möchte, dann ist wie beim Krebs. Ok, man kann ihn heilen, wenn man ihn behandelt, aber wenn ich ihn nicht behandeln lasse und bis zum bitteren Ende warte, dann ist es zu spät. Ich bin also der Meinung, dass wir in einem Bullenmarkt der Volatilität stecken. Und das sind die weiteren Aussichten - gerade für die kommenden zwei Jahre.


© James J. Puplava CFP
www.puplava.com



Dieser Artikel wurde am 26. Oktober 2011 auf www.financialsense.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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