Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Nikolaus, hol die Bazooka raus

27.11.2011  |  Klaus Singer
- Seite 2 -
Das kleine Problem mit der EZB ist, dass sie unabhängig von der Politik ist. D.h. der Eurozonen-Gipfel kann nicht so einfach beschließen, dass die EZB nun Bond-Müll kaufen soll. Vielleicht müssen die "Märkte" da noch ein wenig "nachhelfen", so dass sich die EZB dann im "Interesse der Stabilisierung unseres Finanz-Systems" zum Handeln gezwungen sieht.

Die Banken, ein wichtiger Teil der "Märkte", jedenfalls kommen als Käufer von europäischen Staatsanleihen immer weniger in Betracht. US-Banken haben mit ihrem Rückzug schon länger begonnen und ein früh in 2012 anstehender Stresstest der Fed dürfte dies beschleunigen. Europäische Banken sehen sich höheren Kapitalanforderungen gegenüber, denen sie bis Mitte 2012 nachkommen müssen.

Da die Beschaffung von frischem Kapital aktuell nahezu versperrt ist (freier Fall ihrer Kurse als "Rückkopplung" aus dem Wertverlust der Bonds in ihren Büchern), werden sie den Weg gehen, ihre "Risiko-Positionen" abzubauen. Das geht vom Assetverkauf (mit negativer Wirkung auf deren Kurse) bis hin zu drohender Kreditklemme (mit negativer Wirkung auf das BIP-Wachstum).

In diesem Zusammenhang rückt eine Personalie in den Fokus. Jürgen Stark gibt zum Jahresende den Posten des Chef-Volkswirts bei der EZB auf, aus Protest gegen den Ankauf von Bond-Müll, wie es inoffiziell heißt. Die FAS schreibt heute in Richtung seines Nachfolgers Asmussen, Sohn eines Feuerwehrchefs: "Feuer zu löschen ist generell mit Geschäftsmodell und Statut der EZB nicht vereinbar."

Trotz dessen Bekenntnis, eine Monetarisierung der Staatsfinanzen gebe das EZB-Mandat nicht her, setzt sie sich kritisch mit dessen Pragmatismus auseinander. Geldpolitik sei an strenge Regeln gebunden, kein flexibler Pragmatiker soll das aufweichen dürfen. Sie schließt: "Asmussen muss die Uniform wechseln." Und: "Ein politischer Feuerwehrmann könnte bei der EZB brandgefährlich werden". Ja, auch im richtigen Leben kommt es gelegentlich vor, dass ein Brandstifter als Feuerwehrmann beim Löschen an vorderster Front steht...

Mit diesem personellen Wechsel steigt die Wahrscheinlichkeit eines Richtungswechsels bei der EZB. Das "Schöne" dabei: Es bedarf keiner Beschlüsse auf politischer Ebene, damit die EZB die Bazooka rausholt und Bond-Müll in neuen Dimensionen ankauft. Es gilt sogar: Je unfähiger die Politik sich zeigt, die Krise zu bewältigen, je eher tritt die EZB ein.

Der "schönste" Ausblick für die "Märkte" ist beides: Kurzfristig springt die EZB ein, dann hat die Eurozone Zeit, die rechtliche Basis für Eurobonds zu schaffen.

Der S&P 500 hat am zurückliegenden Freitag erneut schwächer geschlossen. Zwar hat er intraday versucht, den kurzfristig wichtigen Pegel von 1.173 zu überwinden, ist aber genau hier gescheitert. Euro/Dollar testet im Bereich von 1,3230 eine interne Linie. Hält das nicht, käme ein Support bei 1,29 ins Visier. Euro/Dollar und S&P 500 sind gegenwärtig wieder gut korreliert (Zeitfenster 22 Handelstage). Daher hätte Schwäche bei Euro/Dollar auch eher belastende Auswirkung auf den S&P 500.

Der Dollar-Index zeigt seit dem Bruch eines wichtigen Widerstandspegels seit einigen Tagen Stärke - ein "safe heaven"-Reflex auf die Unsicherheit vor allem in der Eurozone. Das wiederum wirkt schwächend auf Euro/Dollar. Die aktuelle Kontraktionsphase an den Finanzmärkten ist zwar weit fortgeschritten dürfte übergeordnet noch nicht ganz vorbei sein, das zeigen auch die fraktalen Oszillatoren der TimePatternAnalysis (siehe Chart!).

Noch eine Anmerkung zum Thema "Inflation": Die herrschenden Geldpolitiker, allen voran die Fed, denken alle, ein wenig Inflation könne aktuell nicht schaden. Und sie geben sich sicher, sie rechtzeitig wieder beherrschen und zurückfahren zu können.

Das Anwerfen der Druckerpresse (starke Bond-Käufe durch Zentralbanken z.B.) hat gegenwärtig nur wenige bis gar keine inflationären Effekte. Das kann sich aus zwei Gründen ändern: Erstens die Kredittätigkeit der Geschäftsbanken nimmt deutlich zu. Zweitens die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes springt an wegen Erwartungen hinsichtlich schnell steigender Inflation. Ein solches psychologisches Problem kann die Geldpolitik aber genausowenig in den Griff bekommen wie das einer deflationären Spirale.

Erwähnte Charts und Beiträge können hier eingesehen werden: http://www.timepatternanalysis.de/Blog/[/url


© Klaus G. Singer
[url=http://www.timepatternanalysis.de]www.timepatternanalysis.de




Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"