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"Es sind doch bloß Garantien …"

06.12.2011  |  Peter Boehringer
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3. Direktes Gelddrucken (der PIIGS-Staaten) in "Notfällen" / "ELA"

Die technische Geldschöpfung in der Euro-Zone findet nicht bei der EZB, sondern bei den nationalen Notenbanken im Zusammenspiel mit deren jeweiligen Geschäftsbanken statt. Bemerkenswerterweise gibt es keine offiziellen nationalen Quoten für diese Geldschöpfung - aber natürlich inoffiziell Grenzen, die (theoretisch) durch die Maastricht-Kriterien gesetzt und wenigstens ex post kontrollierbar sind. Zusätzlich gibt es die recht unbekannte Gelddruck-Option der "Emergency Liquidity Assistance" (ELA). Ende August wurde bekannt, dass die griechische Notenbank ELA aktiviert hat und die faktisch insolventen griechischen Banken quasi ohne jede Sicherheit neu kapitalisierte. Vermutlich haben bereits andere Staaten das gleiche gemacht oder werden folgen - Volumen unbekannt - aber direkt inflationstreibend.


4. Direkte "Rekapitalisierung" privater Banken aus diversen Töpfen

Ganz aktuell stecken die europäischen Banken schon wieder wie 2008 und 2010 in einer Solvenzkrise. Am 5. Oktober 2011 - genau drei Jahre nach ihrer ersten "Garantieerklärung" hat Kanzlerin Merkel nun erneut eine bzgl. Volumen und Rettungstopf unspezifizierte Garantieerklärung ausgesprochen. Details hierzu waren bei Drucklegung noch unbekannt. Sicher scheint aber, dass wiederum deutsche Steuer-Töpfe für europäische (und außereuropäische!) Bankenrettungen verwendet werden sollen. Während Deutschland seine "Soffin"-Rettungsgesellschaft von 2008 reaktivieren wird, werden die PIIGS-Banken, die französischen und belgischen Institute wohl von "der Euro-Gemeinschaft" rekapitalisiert werden.


5. Griechenland-Hilfen von Mai 2010 und 2011

In Summe ca. 200 Mrd. Euro: Sogenannte "freiwillige bilaterale" - aber natürlich wegen Art. 125 der EU-Verfassung illegal abgestimmte Hilfen der EUR-Zahlerländer an Griechenland. Technisch in Form von Garantien griechischer Staatsanleihen, die so zu ca. 6% Zins anstatt sonst zu marktgerechten 25-60% emittiert werden können.


6. EFSF I von Mai 2010 und EFSF II von September 2011 bis maximal 2013

In Summe ca. 780 Mrd. EUR: Die European Financial Stability Facility (EFSF) ist als Luxemburger Zweckgesellschaft eine gemeinschaftliche Garantieeinrichtung von Staatsanleihen der Empfängerländer mit quotaler (= illegaler, s.o.) Garantieübernahme der noch zahlungsfähigen Nationalstaaten. Deutschlands Quote liegt inoffiziell bereits über 45%, weiter ansteigend. Ähnlich wie bei den Griechenland-Hilfen können die Länder unter dem Schutzschirm (bislang Portugal und Irland) garantierte Staatsanleihen zu einem völlig Risiko-inadäquaten Zinssatz von 6% emittieren.

Auch hier findet zwar noch keine direkte Zahlung aus den nationalen Haushalten der EFSF-Garanten statt - wohl aber eine massive Zinssubvention in Höhe von vielen Milliarden. Das Geld, das tatsächlich fließt, wird durch die jeweiligen Notenbanken der Empfängerländer in Verbindung mit kooperierenden Geschäftsbanken aus dem Nichts geschöpft. Buchhaltungstricks verhindern, dass in den nationalen Haushalten angemessene Rückstellungen für später mit hoher Sicherheit fällige und verlorene Garantien gebildet werden. Auf diese Weise werden öffentliche Debatten über Nachtragshaushalte und eine explodierende Neuverschuldung vermieden.


7. European Stability Mechanism / ESM ab voraussichtlich Mitte 2012

Ähnlich wie der EFSF - aber zeitlich unlimitiert, mit Eigenkapital, eigener Rechtspersönlichkeit und einem "Gouverneursrat" (!) ausgestattet. Faktisch ist der ESM sogar mit unbegrenztem Budget ausgestattet, denn er kann jederzeit nach Gutdünken des Gouverneursrats eine beliebige Aufstockung seiner Mittelbeschließen - ohne weitere Parlamentsbeschlüsse! Die Nationalstaaten müssen dann sofort zahlungswirksame Eigenkapitaleinlagen und, genau wie beim EFSF, ohne Sicherheitsleistungen der Nehmerländer riesige Garantieerklärungen abgeben.

Der ESM muss als totalitäres Konstrukt bezeichnet werden, denn er stellt einen unerklärten Supra-Staat ohne Legislative aber mit Exekutive und Budget dar. Auch eine Judikative gibt es nicht, denn alle ESM-Mitarbeiter sind gegen jedwede rechtliche Verfolgung immunisiert! Bereits heute wird in den ESM-Vertragsentwürfen eine Banklizenz des ESM vorgesehen, was die ohnehin unbegrenzt aufstockbare Kapitalbasis noch um ein Vielfaches an Fremdkapital "hebeln" ließe. Aus den anfänglichen 700 Mrd. EUR würden problemlos fünf Billionen EUR und mehr.


8. "Hebelung" des EFSF

Falls der glasklar illegale ESM die Ratifikationshürden in den nationalen Parlamenten nicht nehmen sollte, sind alternativ auch für den EFSF bereits heute mehrere Modelle zur "effizienten [=aufstockenden] Nutzung" seines vom Bundestag genehmigten 780 Mrd. EUR Volumens vorgeschlagen: Über diverse Garantie-, Bürgschafts- und Banklizenzmodelle im Stile des "klassischen" Fractional Banking könnte das EFSF-Volumen auf mehrere Billionen Euro gehebelt werden. Finanzminister Schäuble tat dies in der Bundestagsdebatte zum EFSF II am 29.9.2011 rhetorisch aggressiv als "Frage der Geschäftsordnung des EFSF" ab.


9. Euro-Bonds

Eurobonds gibt es formal noch nicht. Das hält aber z.B. die SPD-Granden Steinmeier und Steinbrück sowie die Grünen Trittin und Özdemir nicht davon ab, sie im Vorgriff auf eine Rot-Grüne-Regierungsübernahme und im Sinne der berüchtigten "europäischen Verantwortung Deutschlands" vehement zu fordern. Damit wäre die Verschleierung der Substanzaufzehrung perfekt, denn aus den bislang getrennten Schuldenbergen der Euro-Länder würden dann offiziell und juristisch zu "Gemeinschaftsschulden" - praktisch ausschließlich besichert durch Deutschland als dann letztem und größtem Garantiegeber.


10. Bankengeschenke per EU–Bad-Bank

Auch die ultimative Waffe gegen Bankeninsolvenzen ist bereits vorgeschlagen und wird vermutlich bereits eingesetzt: EU-Kommissionspräsident Barroso kündigte am 6.10.2011 nun auch noch eine "EU-weit koordinierte Rettung europäischer Banken" an. Durch eine gemeinsame Aktion der Mitgliedsländer solle es angeschlagenen Kreditinstituten trotz Schuldenkrise ermöglicht werden, "Schrottpapiere in ihrem Besitz loszuwerden"! Kann man die deutschen Steuerzahler noch klarer bedrohen? Wie diese neue EU-Bad Bank heißen soll und über welche Scheinsicherheiten sie Geld aus dem Nichts zur Bewältigung der Abschreibungen drucken wird, ist heute noch unbekannt. Vielleicht ist und bleibt es die EZB; vielleicht bekommt auch der ESM eine Banklizenz; vielleicht wird es ein weiteres Vehikel geben. Der IWF scharrt auch schon mit den Hufen: refinanziert über die EZB-Bad Bank hat er aus heutiger Sicht beste Chancen, das Rettungsvehikel Nr. 11 zu werden...


Der garantierte Staatsbankrott

Deutschland ist bereits heute der "guarantor of last resort", ohne den es die EU schon lange nicht mehr gäbe. Sobald Deutschland selbst nicht mehr genügend Bonität hat, um Garantien für weiteren EU-Rettungswahnsinn auszusprechen, ist das fatale EU-Spiel vorbei. Beim aktuellen Tempo neuer Garantieübernahmen, auch über weitere bislang noch unbekannte Töpfe, dürfte Deutschland selbst spätestens ab 2013 von AAA zügig herabgestuft werden. Dann brechen alle Garantiekaskaden. Ein Staatsbankrott ist etwas Schreckliches.

Trotz absehbarer gewaltiger Steuererhöhungen steht die staatliche Handlungsfähigkeit mangels Geld bzw. Kreditfähigkeit zur Disposition. Das ist dann die Stunde der neuen Rattenfänger von links und rechts, der Bürgerkrieger, des Polizeistaats und des Militärrechts. Die gesamte "Garantie"-Konstruktion ist nur ein Schleier zur Verdeckung des Ausverkaufs Deutschlands ohne Nachtragshaushalt und ohne öffentlichen Aufschrei!


© Peter Boehringer
www.goldseitenblog.com/peter_boehringer



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