Der transatlantische Geldkrieg und die Sicherheit von Geldanlagen
04.12.2011 | Manfred Gburek
So etwas habe ich noch nie erlebt: Dass eine Zeitung sich derart einseitig gegen den Euro in Front bringen lässt wie die Financial Times Deutschland (FTD) vom Freitag. Mit "Europa am Abgrund" beginnt der Schmäh gleich auf Seite 1. Ab Seite 9 folgt dann ein Sonderteil, eingeleitet durch "Ein Kontinent zwischen Himmel und Hölle", danach "Der Untergang" und "Der Tag des Jüngsten Gerichts", schließlich einige Seiten weiter "EU-Parlament ignoriert EZB-Chef" und als nochmaliger Höhepunkt "Angela Merkel ist in diesem Spiel der Schurke", das Zitat eines Institutsdirektors aus Washington.
Offenbar haben wir es hier mit einer Variante des transatlantischen Geldkriegs zu tun, den ein anderer - in diesem Fall deutscher - Institutsdirektor neulich so kommentierte: Eigentlich sei Großbritannien, die Heimat des FTD-Schwesterblatts Financial Times, zur Hälfte schon ein amerikanischer Bundesstaat. Er bezog sich auf die vielen gemeinsamen Interessen von Briten und Amerikanern, die unter anderem darin gipfeln, dass man alles unternimmt, um den Euro nicht zu stark werden zu lassen.
Doch der Devisenmarkt belegt: Kaum dass die konzertierte Aktion der Zentralbanken sich am vergangenen Mittwoch auch nur angedeutet hatte, schoss der Euro gegen den Dollar und das Britische Pfund nach oben. Das heißt, mehr Geld zur Abwendung einer Kriseneskalation begünstigte den Euro. Daraus folgt: Eine dosierte Geldschwemme im Euro-Raum kann der europäischen Gemeinschaftswährung nichts anhaben.
Und womit machte das Handelsblatt, die unmittelbare Konkurrenz der FTD, am Freitag ganz vorn auf? Etwas um die Ecke formuliert mit "Die neue außerparlamentarische Opposition", dazu die - in diesem Fall wirklich notwendige - Erläuterung: "Wie Großbanken, Hedge-Fonds und Ratingagenturen den Schulden-Politikern einheizen". Auf den Punkt gebracht: Banker, Fondsmanager und ihre Helfershelfer nutzen die zugegebenermaßen chaotische Diskussion im Zusammenhang mit der Rettung einiger Euro-Länder aus, um sie in klingende Münze umzusetzen.
Wie das mithilfe medialer Begleitung geht, zeigt das Beispiel Italien: Die negativen Meinungsäußerungen und Schlagzeilen zur Euro-Raum-Wirtschaftsmacht Nummer 3 nach Deutschland und Frankreich setzten ein, nachdem die Rendite bestimmter italienischer Staatsanleihen (nicht aller) von 5 auf 7 Prozent gestiegen war. Das wiederum hatte mit der an die Öffentlichkeit lancierten Hochrechnung zu tun, wonach Italien spätestens Ende 2012 bis zu 400 Milliarden Euro neu finanzieren müsse, macht bei 2 Prozent Zinsdifferenz ein Mehr an Zinszahlungen in Höhe von maximal 8 Milliarden Euro. Oder bezogen auf Italiens Schulden von annähernd 2 Billionen Euro gerade mal ein Anstieg im Promillebereich.
Für Anleger ist es sicher nicht immer einfach, zwischen den inszenierten Horrorzahlen und den harten Fakten zu unterscheiden, weshalb allemal Nachrechnen lohnt. Noch relevanter ist allerdings die Vorbereitung auf Ereignisse, die wir alle uns nur mit ganz viel Phantasie oder gar nicht vorstellen können, wie zuletzt die weltweiten Folgen der amerikanischen Häuserblase, der Lehman-Pleite, der griechischen Finanztricks oder auch der Reaktorkatastrophe von Fukushima.
Vorbereitung bedeutet in diesem Fall, sich zumindest finanziell so zu stellen, dass man nicht in eine private oder betriebliche Pleite gerät. Bleiben wir beim privaten Bereich: Sorgen Sie für Sicherheit. Was die Sicherheit Ihres auf dem Konto liegenden Geldes betrifft, habe ich Ihnen ja schon in der vergangenen Woche einige Tipps gegeben. Nun also die Fortsetzung unter etwas anderen Vorzeichen: Sicherheit von Geldanlagen im weiteren Sinn.
Zunächst dürfte Ihnen auffallen, dass fast alle, die Ihnen entsprechende Ratschläge erteilen, einseitig argumentieren: Der früher für Soziales zuständige Minister Norbert Blüm propagierte die gesetzliche Rente als sicher, die Klinkenputzer der Assekuranz behaupteten und behaupten zum Teil immer noch dasselbe von der Kapitallebensversicherung, Immobilienmakler lassen keine Zweifel an der Sicherheit von Backsteinen und Beton, der Bund wirbt mit einer Sicherheit verheißenden Schildkröte für Bundeswertpapiere, die Vermarkter von Gold schwören auf die Sicherheit des Edelmetalls, und sogar die Anbieter offener Immobilienfonds wagen es, ihre Produkte trotz so manchen Branchenskandals als sicher anzupreisen. Was darüber hinaus auffällt: Ausgerechnet Aktien, die bei entsprechender Streuung und gutem Timing geradezu eine Sicherheitsbastion sein können, werden allenthalben als unsicher abgestempelt, nur weil ihre Kurse schwanken.
Abgesehen davon, dass Sicherheit allzu oft als Verkaufsargument missbraucht wird, gibt es da noch ein großes Missverständnis, das gerade gerückt werden muss: Eher im Unterbewusstsein als bewusst setzen die meisten Anleger Sicherheit mit nominaler Konstanz gleich. Also gilt das Geld auf dem Girokonto als sicher, nur weil es sich nominal nicht verändert, wohingegen sein realer Wert, gemessen an der Kaufkraft des Geldes, weitgehend ausgeblendet wird. Noch gravierender ist die gedankliche Schieflage bei Immobilien: Bloß weil ihre Preise nicht in kurzen Abständen ermittelt werden, gelten ihre Werte als konstant und damit Immobilien in breiten Anlegerschichten als sicher.
Dagegen verhält es sich beim Gold anders: Obwohl sein Preis - zeitweise sogar ziemlich wild - schwankt, gilt es allenthalben als sicher, weil man ihm jenseits aller Preisschwankungen einen inneren Wert beimisst. Silber kann dieses Sicherheitsimage nicht für sich beanspruchen, obwohl sein Preis im Trend ähnlich verläuft wie der Goldpreis. Warum das so ist, liegt auf der Hand: Zum einen haftet dem Silber anders als dem Gold nicht der Jahrtausende alte Mythos an, zum anderen nehmen Anleger die vergleichsweise heftigen Ausschläge des Silberpreises eher als Zeichen von Unsicherheit wahr als die Schwankungen des Goldpreises.
Fazit: Preise bzw. Kurse auf der einen und Werte auf der anderen Seite sind zweierlei. Konstante Preise sind kein Zeichen von Sicherheit, schwankende Preise bzw. Kurse kein Zeichen von Unsicherheit der betreffenden Anlagen, sondern der Anleger. Diese favorisieren immer noch Gold und auf dessen Spuren auch Silber, sonst wären deren Preise längst stärker gefallen als zuletzt nach dem Sommer-Hype.
Warum sie nicht so stark gefallen sind wie etwa im Herbst 2008, liegt aus heutiger Sicht in erster Linie daran, dass Anleger weltweit den Nominalwerten der Währungen immer weniger trauen. Dabei wird es in nächster Zeit bleiben. Denn die internationale Staatsschuldenkrise, zu der die Krise der Euro-Länder nur einen Teil beiträgt, ist längst noch nicht überwunden. Oder um den Bogen zum FTD-Schmäh und zum transatlantischen Geldkrieg zu schlagen: Je heftiger der so weiter geht, desto schneller werden die Edelmetallpreise neue Höchststände anpeilen.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).
Offenbar haben wir es hier mit einer Variante des transatlantischen Geldkriegs zu tun, den ein anderer - in diesem Fall deutscher - Institutsdirektor neulich so kommentierte: Eigentlich sei Großbritannien, die Heimat des FTD-Schwesterblatts Financial Times, zur Hälfte schon ein amerikanischer Bundesstaat. Er bezog sich auf die vielen gemeinsamen Interessen von Briten und Amerikanern, die unter anderem darin gipfeln, dass man alles unternimmt, um den Euro nicht zu stark werden zu lassen.
Doch der Devisenmarkt belegt: Kaum dass die konzertierte Aktion der Zentralbanken sich am vergangenen Mittwoch auch nur angedeutet hatte, schoss der Euro gegen den Dollar und das Britische Pfund nach oben. Das heißt, mehr Geld zur Abwendung einer Kriseneskalation begünstigte den Euro. Daraus folgt: Eine dosierte Geldschwemme im Euro-Raum kann der europäischen Gemeinschaftswährung nichts anhaben.
Und womit machte das Handelsblatt, die unmittelbare Konkurrenz der FTD, am Freitag ganz vorn auf? Etwas um die Ecke formuliert mit "Die neue außerparlamentarische Opposition", dazu die - in diesem Fall wirklich notwendige - Erläuterung: "Wie Großbanken, Hedge-Fonds und Ratingagenturen den Schulden-Politikern einheizen". Auf den Punkt gebracht: Banker, Fondsmanager und ihre Helfershelfer nutzen die zugegebenermaßen chaotische Diskussion im Zusammenhang mit der Rettung einiger Euro-Länder aus, um sie in klingende Münze umzusetzen.
Wie das mithilfe medialer Begleitung geht, zeigt das Beispiel Italien: Die negativen Meinungsäußerungen und Schlagzeilen zur Euro-Raum-Wirtschaftsmacht Nummer 3 nach Deutschland und Frankreich setzten ein, nachdem die Rendite bestimmter italienischer Staatsanleihen (nicht aller) von 5 auf 7 Prozent gestiegen war. Das wiederum hatte mit der an die Öffentlichkeit lancierten Hochrechnung zu tun, wonach Italien spätestens Ende 2012 bis zu 400 Milliarden Euro neu finanzieren müsse, macht bei 2 Prozent Zinsdifferenz ein Mehr an Zinszahlungen in Höhe von maximal 8 Milliarden Euro. Oder bezogen auf Italiens Schulden von annähernd 2 Billionen Euro gerade mal ein Anstieg im Promillebereich.
Für Anleger ist es sicher nicht immer einfach, zwischen den inszenierten Horrorzahlen und den harten Fakten zu unterscheiden, weshalb allemal Nachrechnen lohnt. Noch relevanter ist allerdings die Vorbereitung auf Ereignisse, die wir alle uns nur mit ganz viel Phantasie oder gar nicht vorstellen können, wie zuletzt die weltweiten Folgen der amerikanischen Häuserblase, der Lehman-Pleite, der griechischen Finanztricks oder auch der Reaktorkatastrophe von Fukushima.
Vorbereitung bedeutet in diesem Fall, sich zumindest finanziell so zu stellen, dass man nicht in eine private oder betriebliche Pleite gerät. Bleiben wir beim privaten Bereich: Sorgen Sie für Sicherheit. Was die Sicherheit Ihres auf dem Konto liegenden Geldes betrifft, habe ich Ihnen ja schon in der vergangenen Woche einige Tipps gegeben. Nun also die Fortsetzung unter etwas anderen Vorzeichen: Sicherheit von Geldanlagen im weiteren Sinn.
Zunächst dürfte Ihnen auffallen, dass fast alle, die Ihnen entsprechende Ratschläge erteilen, einseitig argumentieren: Der früher für Soziales zuständige Minister Norbert Blüm propagierte die gesetzliche Rente als sicher, die Klinkenputzer der Assekuranz behaupteten und behaupten zum Teil immer noch dasselbe von der Kapitallebensversicherung, Immobilienmakler lassen keine Zweifel an der Sicherheit von Backsteinen und Beton, der Bund wirbt mit einer Sicherheit verheißenden Schildkröte für Bundeswertpapiere, die Vermarkter von Gold schwören auf die Sicherheit des Edelmetalls, und sogar die Anbieter offener Immobilienfonds wagen es, ihre Produkte trotz so manchen Branchenskandals als sicher anzupreisen. Was darüber hinaus auffällt: Ausgerechnet Aktien, die bei entsprechender Streuung und gutem Timing geradezu eine Sicherheitsbastion sein können, werden allenthalben als unsicher abgestempelt, nur weil ihre Kurse schwanken.
Abgesehen davon, dass Sicherheit allzu oft als Verkaufsargument missbraucht wird, gibt es da noch ein großes Missverständnis, das gerade gerückt werden muss: Eher im Unterbewusstsein als bewusst setzen die meisten Anleger Sicherheit mit nominaler Konstanz gleich. Also gilt das Geld auf dem Girokonto als sicher, nur weil es sich nominal nicht verändert, wohingegen sein realer Wert, gemessen an der Kaufkraft des Geldes, weitgehend ausgeblendet wird. Noch gravierender ist die gedankliche Schieflage bei Immobilien: Bloß weil ihre Preise nicht in kurzen Abständen ermittelt werden, gelten ihre Werte als konstant und damit Immobilien in breiten Anlegerschichten als sicher.
Dagegen verhält es sich beim Gold anders: Obwohl sein Preis - zeitweise sogar ziemlich wild - schwankt, gilt es allenthalben als sicher, weil man ihm jenseits aller Preisschwankungen einen inneren Wert beimisst. Silber kann dieses Sicherheitsimage nicht für sich beanspruchen, obwohl sein Preis im Trend ähnlich verläuft wie der Goldpreis. Warum das so ist, liegt auf der Hand: Zum einen haftet dem Silber anders als dem Gold nicht der Jahrtausende alte Mythos an, zum anderen nehmen Anleger die vergleichsweise heftigen Ausschläge des Silberpreises eher als Zeichen von Unsicherheit wahr als die Schwankungen des Goldpreises.
Fazit: Preise bzw. Kurse auf der einen und Werte auf der anderen Seite sind zweierlei. Konstante Preise sind kein Zeichen von Sicherheit, schwankende Preise bzw. Kurse kein Zeichen von Unsicherheit der betreffenden Anlagen, sondern der Anleger. Diese favorisieren immer noch Gold und auf dessen Spuren auch Silber, sonst wären deren Preise längst stärker gefallen als zuletzt nach dem Sommer-Hype.
Warum sie nicht so stark gefallen sind wie etwa im Herbst 2008, liegt aus heutiger Sicht in erster Linie daran, dass Anleger weltweit den Nominalwerten der Währungen immer weniger trauen. Dabei wird es in nächster Zeit bleiben. Denn die internationale Staatsschuldenkrise, zu der die Krise der Euro-Länder nur einen Teil beiträgt, ist längst noch nicht überwunden. Oder um den Bogen zum FTD-Schmäh und zum transatlantischen Geldkrieg zu schlagen: Je heftiger der so weiter geht, desto schneller werden die Edelmetallpreise neue Höchststände anpeilen.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).