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Die Interventionismus-Falle

31.08.2013  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
- Seite 2 -
Banken- und Euro-Interventionismus

Wenn Interventionen darauf abzielen, das Handeln der Marktakteure so zu verändern, dass sie in einer Weise handeln, die nicht mehr ihren wohlverstandenen Eigeninteressen entspricht, werden sie versuchen, den Interventionen auszuweichen. Ein gutes Beispiel dafür liefert das Verhalten vieler Banken in den Jahren vor Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise.

Die staatliche Regulierung schrieb Banken vor, ihre Risikopositionen mit Eigenkapital zu unterlegen. Daraufhin lagerten viele Banken Risiken aus der Bilanz auf sogenannte Zweckgesellschaften ("Special Purpose Vehicles") aus. Auf diese Weise konnte teures Eigenkapital entlastet und gewinnbringend anderweitig genutzt werden. Weil die Banken dabei formal den Ansprüchen der Regulatoren genügten, nahmen die Kreditgeber der Banken daran keinen Anstoß an diesem Geschäftsgebaren. Sie liehen den Banken munter weiter Geld, erlaubten ihnen also, ihren Verschuldungsgrad und damit ihre Risiken immer weiter auf- und auszubauen.

Das "Gütesiegel", das die staatlichen Regulierer den Banken verliehen hatten, hatte das Risikobewusstsein vieler Investoren eingeschläfert - bis es dann beim Ausbruch der Krise zu einem bösen Erwachen kam. Die staatliche Regulierung hatte folglich nicht für weniger, sondern für mehr Risikoaufbau im Finanzsektor gesorgt.

Nunmehr hat eine Interventionismusspirale eingesetzt. Der Bankensektor soll jetzt durch "bessere" und "umfangreichere" Regulierung "krisensicherer" gemacht werden. Die Interventionisten sind also nicht etwa entmutigt, dass ihre bisherigen Interventionen kontraproduktiv waren. Angesichts des angerichteten Schadens fühlen sie sich vielmehr ermutigt, dass sie jetzt "beherzter" und "aggressiver" vorgehen müssen, um ihre Ziele zu erreichen.

Das europäische Integrationsprojekt ist ein Opfer des Interventionismus geworden. Die staatlich oktroyierte Zwangseinheitswährung Euro funktioniert nicht so, wie es sich die Planer gedacht haben. Der Maastricht-Vertrag und der Europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt haben die staatliche Verschuldung nicht dauerhaft absenken können, weil die Anreize, die die Euro-Einheitswährung unter dem Regime der Europäischen Zentralbank (EZB) setzt, die allgemeine Verschulden erhöhen, nicht senken.

Die Krise, die der Interventionismus im Euroraum angerichtet hat, zieht nunmehr noch mehr Interventionismus nach sich. Dabei wird dem Ziel, den Euro um jeden Preis zu erhalten, nunmehr nahezu alles untergeordnet. Die EZB verletzt ihre vertraglich vorgegebenen Kompetenzen, etwa durch (angekündigte) Staatsanleihekäufe. Die nationale Fiskalverantwortlichkeit wird ausgeschaltet, indem durch den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) eine supranationale Verschuldungsebene geschaffen wird. Eine "Bankenunion" soll auf den Weg gebracht werden: Offiziell, um das Euroraum-Bankwesen "sicherer" zu machen, inoffiziell, um den Wettbewerb im Euroraum auszuschalten, der schwache Anbieter aussortiert und starken Anbietern Marktanteile zukommen lässt.

Die EZB ist dabei - vermutlich entgegen der Absicht der Euro-Väter - zur zentralen Machtschaltstelle im Euroraum geworden: Ihre Zins- und Subventionsentscheidungen befinden über das Wohl oder Wehe von nationalen Regierungen, nationalen Banken, nationalen Konjunkturen und sogar natio-nalen Wirtschaftsstrukturen.


"Sackgasse" Interventionismus

Um die Schäden, die der Interventionismus anrichtet, nicht in Erscheinung treten zu lassen, wird der Staat und seine Bürokraten immer weiterreichender interventionieren wollen. Fahren sie dabei unbeirrt und unbehindert fort, wird die Marktwirtschaft immer weiter ausgehebelt, und an ihre Stelle tritt eine Form des Sozialismus: Ein System, in dem eine Zentralstelle bestimmt, wer was wann zu tun und zu lassen hat, ein System, in dem das Privateigentum vielleicht formal noch erhalten bleibt, in dem jedoch die Verfügungsgewalt über das Eigentum de facto dem Staat übertragen ist.

Die ökonomische Analyse zeigt unmissverständlich, dass der Interventionismus - der ja einen Mittelweg zwischen Kapitalismus und Sozialismus anstrebt - nicht gangbar ist. Der Interventionismus ist vielmehr sinn- und zweckwidrig und ist zum Scheitern verurteilt. Entweder wird der Interventionismus immer weiter fortgeführt, dann endet er letztlich im Sozialismus. Oder man kehrt sich von ihm ab, dann aber muss der Weg zurück zum System der freien und ungehinderten Märkte beschritten werden. Im Euroraum scheint jedoch der Glaube an den Interventionismus leider nach wie vor ungebrochen zu sein.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



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