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Antal Fekete: Gold-Backwardation und der Einsturz der Tacoma Bridge (Teil 2/2)

09.09.2013
- Seite 2 -
Daily Bell: Sind Banken in einem Umfeld der Freien Märkte notwendig?

Antal Fekete: Das ist es ja! Sie sind es nicht. Im ursprünglichen Model von Adam Smith ist die Existenz von Geschäftsbanken NICHT gefordert. Goldwechsel zirkulieren per Indossament von Hand zu Hand wie Bargeld, während der Zinsabschlag (Diskont) berechnet und den Erlösen entnommen wird. Geschäftsbanken tauchten schließlich auf, weil sich die Banknoten mit runden Zahlen bequemer handhaben ließen als die Nennwerte der Goldwechsel mit ihren ungeraden Zahlen. Mit Banknoten fielen zudem auch die Mühen des Indossaments und der Diskontberechnung weg. Für diese Annehmlichkeiten waren die Kunden bereit, den ihnen zustehenden Diskont aufzugeben. Im meinen endlosen Debatten mit dem American Austrians gelang es mir nicht, die Gegenseite davon zu überzeugen, dass sie bei ihren Tiraden gegen die real bills diese nicht mit Bankenbetrug in Zusammenhang bringen dürfen; denn diese Goldwechsel zirkulieren in der Tat in völliger Abwesenheit von Banken.


Daily Bell: Könnten Banken in einem ‘freimarktlichen’ System selbst Real Bills anbieten?

Antal Fekete: Nein. Die real bills verdienen ihren Namen, weil sie für dringendst nachgefragte Konsumgüter stehen. Nur Produzenten und Vertreiber von realen Gütern und realen Dienstleistungen können diese Goldwechsel ziehen, nicht aber die Banken. Banken DISKONTIEREN real bills.


Daily Bell: Bitte erklären Sie, wie real bills funktionieren und warum sie so wichtig sind.

Antal Fekete: Es ist logisch, dass die Nachfrage nach Kaufmedien saisonal variiert. Kurz vor der Weihnachtszeit wird viel mehr benötigt als danach. Es vollkommen unrealistisch, davon auszugehen, dass die höchst wechselhafte Nachfrage nach Kaufmedien mit dem Vorrat an umlaufenden Goldmünzen (und ihrem unelastischen Volumen) befriedigt werden kann. Der Markt befürwortete in Antwort darauf das Ziehen von Wechseln vom Großhändler auf den Einzelhändler oder das Ziehen von Wechseln von Produzenten von Vorprodukten auf den Produzenten von Produkten mit höherer Wertschöpfung, welche zu temporärem Bargeld wurden (ephemeral cash). Dieser Vorgang ist NICHT inflationär, da das temporäre Geld zusammen mit dem Entstehen der neuen Handelsware in der Produktion geschaffen wird; es erlischt schließlich, wenn die Handelsware vom Markt ist und im Verbrauch verschwindet. Der Wechselmarkt ermöglichte ein unglaubliches Wachstum des Welthandels und des Wohlstands im 19. Jahrhundert. Der 1.Weltkrieg setzte dann all dem ein Ende.

Nach dem Ende der Kampfeshandlungen legten die Sieger, aus Boshaftigkeit gegenüber Deutschland, ihr Veto gegen die Rehabilitierung des Wechselmarktes ein. Die ‘Blockade‘ Deutschlands konnte in Friedenszeiten nicht fortgesetzt werden, aber die ‘Blockierung‘ der Finanzierung des deutschen Handels durch Wechsel konnte und wurde fortgesetzt. Multilateraler Handel wurde durch bilateralen ersetzt; das war ein großer Schritt in Richtung Deflation, da die Unterhaltung bilateralen Handels deutlich mehr Gold benötigt als multilateraler Handel. Diese törichte, gehässige und, ja, auch deflationäre Politik kam wie ein Bumerang in Form der Großen Depression der 1930er Jahre zurück.

Wie der deutsche Ökonom Heinrich von Rittershausen 1929 gewarnt hatte, wurde der ‘Lohnfonds‘ (‘Wage Fund‘: aus ihm wurden die Arbeiter bezahlt, deren Produktion nicht innerhalb von 91 Tagen verkauft werden konnte; diese Zahlungen machten den Großteil der ausstehenden Wechsel aus) zerstört, da der internationale Wechselmarkt blockiert wurde. Das führte zu Massenarbeitslosigkeit. Diese Warnung wurde als chauvinistische Propaganda der Deutschen zurückgewiesen.

Sobald der Wechselmarkt blockiert war, gab es keinen mehr, der die Löhne der Arbeiter hätte vorschießen konnte. Die Hinweise auf eine Verschwörung, mit der die Rehabilitierung des Wechselmarktes im Jahr 1918 blockiert werden solle, wurden totgeschwiegen und die wissenschaftliche Forschung zur kausalen Beziehung zwischen der Aussetzung des Wechselhandels und der Massenarbeitslosigkeit bekam einen Maulkorb verpasst. Die Keynesianer benutzen den Prügelknabe ‘Goldstandard’ als Sündenbock für die Große Depression. Ich gehöre zu der Minderheit, die darauf aufmerksam macht, dass der wahre Schuldige NICHT der GOLDSTAND ist. Schuld daran war viel mehr die ZERSTÖRUNG DER CLEARINGSTELLE DES GOLDSTANDARDS - die Zerstörung des internationalen Wechselmarktes.

Was die Zukunft angeht, muss die Bedeutung der real bills nun im Licht der Unzweckmäßigkeit des Tauschhandels in einer komplexen Ökonomie gesehen werden. Die Menschen werden Handel treiben wollen; sie wollen keinen Tauschhandel betreiben. Nach dem Niedergang des Dollars, wenn keine Kaufmedien mehr vorhanden sind, werden die Menschen die real bill, die bei Fälligkeit in Gold ausgezahlt wird, wieder neu erfinden. Das ist einzige Weg, die Deflation und die weltweite Massenarbeitslosigkeit zu verringern.


Daily Bell: Ist es notwendig, dass der Staat ein Gesetz beschließt, mit dem die Akzeptanz dieser Goldwechsel als Geld garantiert wird?

Antal Fekete: Keinesfalls. Die real bills zirkulieren spontan, mit ihren eigenen Flügeln und unter ihrem eigenen Dampf. Wenn ein solcher Wechsel am Diskontfenster abgelehnt wird, dann ist das ein Hinweis auf Ärger: Irgendwo zieht irgendjemand Wechsel auf nicht existierende Güter oder auf Güter, die aus Gründen der Spekulation aus dem Verkehr gezogen wurden oder es werden Wechsel auf unverkaufte Handelsware wiederverwendet - alles Dinge, die gegen die Regeln des Wechselhandels verstoßen.


Daily Bell: Müsste es nicht in irgendeiner Weise staatlichen Zwang geben, damit die real bills zirkulieren?

Antal Fekete: Keinesfalls. Selbst Mises hatte das zugegeben - in seinen Anmerkungen über den Wechselumlauf in Lancashire, bevor die Bank of England eine Zweigniederlassung in Manchester eröffnete. Die Regeln des Wechselhandels werden vom freien Markt entwickelt, nicht vom Staat.


Daily Bell: Was ist mit der Bilanzierung? Ist es aus der Perspektive der freien Märkte notwendig, dass der Staat allgemeingültige Bilanzierungsgrundsätze einführt?

Antal Fekete: Wie ein alter Spruch sagt, sind Gesetze da, um gebrochen zu werden. Dieselbe Vorstellung trifft mit doppelter Stärke auf Bilanzierungsgrundsätze zu, die von oben durch den Staat auferlegt werden. Wenn der Staat sie machen kann, dann kann er sie auch ausrangieren, er kann sie offen oder versteckt übergehen. Das passiert auch jetzt wieder, wenn die Regierungen den Bankenprüfern und geprüften Buchsachverständigen routinemäßig erlauben, die Bilanzierungsstandards zu missachten. Staatsschulden gibt man die höchsten Ratings, obgleich sie keine Nachfrage haben. Wertminderung von Kapital durch die Nullzins-Politik wird allgemeinhin ignoriert, wie ich schon erklärt hatte.

Die Basel III-Bestimmungen bezüglich der Rolle des Goldes in den Bankenreserven wurden eingeführt, um Gold zum Sündenbock und später dann zum Prügelknabe zu machen, einfach nur für den Fall, dass die öffentliche Meinung es schafft, die Rückkehr zum Goldstandard zu erzwingen. In Folge von offiziell gestütztem Betrug ist das Weltbankensystem heute nicht mehr nur illiquide, es ist in der Tat insolvent. ES ARBEITET OHNE KAPITAL. Man kann Schlamm nicht flüssig machen, indem man einen Tropfen Wasser hinzufügt; und man kann Bankenreserven nicht liquide machen, indem man die Beimischung einer Unze Gold zulässt. Bilanzierungsstandards, die vom freien Markt entwickelt wurden, lassen sich hingegen nicht verpfuschen, weil jeder das sofort mitbekommen würde.




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