Fünf Jahre danach
16.09.2013 | Prof. Dr. Thorsten Polleit
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SymptomeEine Reihe von bisher wachstumsstarken Volkswirtschaften, allen voran Indien, Türkei, Indonesien, aber auch Länder Lateinamerikas und Zentral- und Osteuropas, ist ins Schlingern geraten.
Denn steigende Zinsen in den Vereinigten Staaten von Amerika haben dem Kreditfluss in die Wachstumsregionen ein jähes Ende gesetzt. Über Jahre ermutigte die Politik des billigen Geldes Investoren, ihr Geld dort anzulegen.
Mit billigen Auslandskrediten wurden Leistungsbilanzdefizite finanziert, durch die wiederum die heimische Produktion und Beschäftigung übermäßig ausgeweitet werden konnten.
Fehlentwicklungen stellten sich ein, zum Beispiel in Form von Spekulationswellen in den Häuser- und Aktienmärkten. Nun aber, angesichts gestiegener Zinsen in den USA, wird das Kapital abgezogen, der Kreditzustrom versiegt.
Ganz ähnlich wie in der Asien-Krise 1997/1998 schwindet nun das Investorenvertrauen. Der Außenwert der Währungen verfällt, Kapitalflucht setzt ein, der "Scheinaufschwung" bricht zusammen.
Die Krise, die sich nun in vielen Schwellenländern ausbreitet, und die sogar zu einer erneuten internationalen Krise werden könnte, ist ein Auswuchs des heute überall auf der Welt anzutreffenden staatlichen Papiergeldsystems.
Ursache
Denn die Vorgaben für die Geld- und Kreditkonditionen in den Schwellenländern stammen entscheidend von den Zentralbanken der westlichen Welt, die wiederum unter der Führung der amerikanischen Zentralbank (Fed) stehen.
Erstens sind die amerikanischen Finanzmärkte die weltweit größten und bedeutendsten. Sie weisen die Richtung für die weltweite Zins- und Finanzmarktpreisbildung.
Zweitens: Die Geschehnisse auf den Finanzmärkten, die entscheidend von der Fed beeinflusst werden, haben Rückwirkungen auf die internationalen Konjunkturen. Die US-Geldpolitik verursacht einen "Folgezwang" für die Politiken in anderen Währungsräumen.
Und Drittens: Die Finanzbranche hat sich unter der Führung des US-Dollar zusehends globalisiert. Für Geschäftsbanken ist die Fed "lebenswichtig“, und so fordern sie von ihren heimischen Zentralbanken eine Geldpolitik ein, wie sie in Amerika praktiziert wird.
Die Schwellenländer sind in den finanziellen und wirtschaftlichen Abwärtsstrudel der westlichen Volkswirtschaften geraten, in denen mittels Papiergeldgebrauch eine wohl nicht mehr tragbare Verschuldung aufgetürmt wurde.
Keine Entwarnung
Auch fünf Jahre nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers ist die Krise nicht überwunden. Sie hat vielmehr eine andere Gestalt angenommen und ihren Schauplatz verlagert.
Die Zentralbanken können zwar die unmittelbare Gefahr von Kreditausfällen auf breiter Front bannen. Das hat aber einen hohen Preis: Es erfordert ein fortgesetztes, unablässiges Geldmengenausweiten, also eine Inflationspolitik.
Grund für Entwarnung - auch fünf Jahre nach Ausbruch der Krise - gibt esdaher nicht, zumindest für diejenigen nicht, die sich um den Erhalt ihres Finanzvermögens Gedanken machen.
Goldpreis pro Feinunze in ausgewählten Währungen
Quelle: Bloomberg
© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH