Commodity Research-Fokus: Gold
05.01.2012 | Thorsten Proettel
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China erschwert Goldhandel Am 27. Dezember verordnete die chinesische Notenbank die Schließung aller privaten Goldhandelshäuser im Reich der Mitte. Zukünftig soll der physische Handel nur noch über die Shanghai Gold Exchange und der Handel mit Terminkontrakten über die Shanghai Futures Exchange abgewickelt werden. Dies kommt praktisch einem Berufsverbot von Tausenden von Goldhändlern gleich, die bislang in einer nicht regulierten Grauzone agierten.
Betroffen sind auch die Goldbörsen in Peking, Tianjin, Zheijiang, Hunan und Kunming, die auch Goldderivate anboten. Möglicherweise möchte die chinesische Notenbank mit dieser Maßnahme die Spekulation auf steigende Goldpreise unterbinden, so wie sie sich auch schon früher gegen den Immobilienboom gestemmt hat. Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob der Goldhandel illegal fortgesetzt wird. Gleichwohl dürfte die Anordnung den Handel mit Gold erschweren und das Spekulationsinteresse der Chinesen dämpfen. Hierzu dürfte auch der jüngste Preisrückgang beitragen. Unsere bisherige Erwartung, dass China 2012 Indien als wichtigstes Goldabnehmerland überholt, dürften sich deshalb eher nicht erfüllen.
Leichte Entspannung der Euro-Krise
Nachdem die Euro-Staatsschuldenkrise von Anfang 2010 bis Sommer 2011 immer weiter eskalierte und den Goldpreis antrieb, funktionierte dieser Mechanis-mus zuletzt nicht mehr. Zwar sind die grundlegenden Probleme der Währungsunion wie die unterschiedlichen Produktivitätsniveaus und Leistungsbilanzen keineswegs gelöst. Auch brachten die Auseinandersetzungen um Eurobonds, eine Hebelung von EFSF und ESM sowie um eine Intervention des IWF kein Ergebnis. Allerdings scheint die EZB kurz vor Weihnachten eine Möglichkeit zur vorübergehenden Linderung der Probleme gefunden zu haben.
Es gilt als offenes Geheimnis, dass die 489 Mrd. Euro, die erstmalig in einem drei Jahre laufenden Repo-Geschäft an die Banken vergeben wurden, auch zur Stützung der Staatsanleihemärkte dienen sollen. Diese elegante Lösung hilft der EZB das Gesicht zu wahren, da sie nicht selber stärker Anleihen kaufen muss. Sie hilft den Banken, die durch die Zinsspanne Geld verdienen. Und sie hilft den Staaten, die weniger Zinsen für ihre Schuldenaufnahmen berappen müssen.
Bei Auktionen italienischer Staatsanleihen am 28. und 29. Dezember sanken die Renditen teilweise deutlich. Die Eurozone ist hiermit zwar noch nicht gerettet. Die weitere Entwicklung hängt unter anderem davon ab, ob sich die Regierung Monti mit ihren Sparprogrammen durchsetzen wird und wie stark die Rezession in der Eurozone im kommenden Jahr ausfällt. Die Goldnachfrage privater Anleger wurde durch die Krise und auch durch die Liquiditätsschwemme der EZB jedenfalls nicht mehr stimuliert.
Charttechnisches Bild negativ
Der Goldpreis notiert zum ersten Mal seit Anfang 2009 wieder unterhalb seiner gleitenden 200-Tage-Linie. Außerdem wurde der seit 2008 bestehende mittelfristige Aufwärtstrend nach unten durchbrochen. Beide Faktoren können charttechnisch als Verkaufssignal interpretiert werden. Der langfristige Aufwärtstrend seit 2001 ist jedoch weiterhin intakt und verläuft derzeit bei rund 900 USD je Feinunze. Der RSI befindet sich aktuell bei rund 34 Punkten und damit nahe der überverkauften Zone.
Fazit
Der Goldpreis ist zum Jahresende 2011 stark unter Druck gekommen. Ein weiterer Rückgang in Richtung 1.400 USD kann zwar nicht ausgeschlossen werden. Auf Sicht der kommenden Wochen rechnen wir jedoch mit einer technischen Gegenbewegung. Eine Rückkehr in Richtung der alten Höchststände wird vor dem Hintergrund der verhaltenen Schmuck- und Investmentnachfrage allerdings immer unwahrscheinlicher, zumal das Image von Gold als sicherem Hafen desto stärker angekratzt wird, je länger die aktuelle Schwächephase dauert.
Wer rechnen deshalb für 2012 nur noch mit einer Seitwärtsentwicklung um die Marke von 1.700 USD. Sollte die Minenförderung bei schwachem Wirtschaftswachstum weiterhin zulegen, sind mit Blick auf 2013 auch tiefere Notierungen realistisch. Ein vorübergehender starker Anstieg der Volatilität ist bei einem möglichen Scheitern der Schuldenrestrukturierung Griechenlands oder der europäischen Währungsunion wahrscheinlich.
© Thorsten Proettel
Commodity Analyst
Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart
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