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Warum Gold und Risiko Gegensätze sind

29.09.2013  |  Manfred Gburek
Neulich sagte mir ein eingefleischter Aktienfan, er sehe beim Gold ein großes Risiko. Das ließ mich aufhorchen, denn ich teile diese Meinung nicht aus Gründen, die ich hier schon vielfach genannt habe. Allerdings freue ich mich über jede konträre Aussage, um zu testen, ob meine Argumente wirklich stichhaltig sind. Also bat ich ihn, seine Risikogründe zu nennen. Die Antworten kamen gleich vierfach wie aus der Pistole geschossen: Gold bringe keine Zinsen, sein Preis schwanke, Aktien seien als Sach- wie auch als Ertragswerte zu einer unschlagbaren Konkurrenz für Gold geworden, und die Inflation, die Gold begünstige, liege in weiter Ferne.

Über alle vier Argumente kann man stundenlang diskutieren und ihnen in Kurzform entgegenhalten: Gold ist kein Ertragswert, sondern eine Versicherung gegen marode Währungen und gegen den Zusammenbruch des Finanzsystems aufgrund ausufernder Schulden. Seine Preisschwankungen sind Ausdruck für die mal mehr, mal weniger ausgeprägten Sorgen um das marode Währungssystem. Aktien können aufgrund ihrer beiden Merkmale Substanz und Ertrag in der Tat starke Konkurrenten für das Gold sein, aber nicht bei jedem Kursniveau. Und die Inflation kann sich bereits im Stadium von Inflationserwartungen positiv auf den Goldpreis auswirken.

Zugegeben, man kann nun Pro und Kontra noch weiter diskutieren und kommt am Ende wahrscheinlich nur zu einem Patt. Doch wo bleibt das Risiko? Steckt es nicht viel mehr in Anleihen, weil die Amerikaner wieder einmal ihre Schuldenobergrenze erreicht haben? Oder in Aktien, deren Kurse auf dem aktuell hohen Niveau zu Gewinnmitnahmen reizen? Falls beide Fragen mit Ja zu beantworten wären, müsste Gold wegen des abnehmenden Vertrauens in Anleihen und Aktien dann nicht durch die Decke gehen, statt ein Preisrisiko zu bergen?

Preisrisiko ist in diesem Zusammenhang ein gutes Stichwort. Dieses Risiko besteht in der Tat, aber nur kurz- und mittelfristig. Dagegen berappelt sich der Preis spätestens im Zuge einer Generation immer wieder. Das war zu Beginn der 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts so, als er unter ominösen Umständen stieg: Die US-Regierung ließ privates Gold verbieten, den Preis dann in Etappen steigen und damit den Dollar abwerten. Es war auch in den 70er Jahren so, als der Preis - mit einer Unterbrechung 1975/76 - um das 24-Fache stieg. Eine Generation später, von 2001 bis 2011, stieg er schließlich um das Siebeneinhalbfache, bevor er erst einmal einknickte.

Welche Risiken außer dem, dass der Preis schwanken kann, birgt Gold sonst noch? Beginnen wir mit dem, das es nachgewiesenermaßen nicht hat: das Bonitätsrisiko. Dagegen kann Gold konfisziert werden, was die Amerikaner mit dem 40-jährigen Goldverbot bis 1974 erlebt haben. Seine Einfuhr kann mit extrem hohen Steuern belegt werden, wie derzeit in Indien. Wer Gold im Safe aufbewahrt, läuft Gefahr, dass Diebe den Safe knacken. Und wer es im Garten vergräbt, vergisst im Lauf der Jahre womöglich die Stelle, an der das geschah.

Noch mehr Risiko? Goldfans würden sagen: nein. Ich behaupte dagegen: ja, allerdings nur unter bestimmten Umständen. Wenden wir uns also denen zu - und damit einem der heißesten Themen der vergangenen Monate: quantitative easing, mal hü und man hott in der amerikanischen Geldpolitik. Oder wer es konkreter haben möchte: Bedeuten steigende Renditen am US-Anleihemarkt und anderswo, dass der Goldpreis automatisch zum Rückgang verdammt ist, weil der Renditeanstieg das zinslose Gold in den Schatten stellt? Die sogenannten Mainstream-Medien kauen dieses Argument jedenfalls ständig wieder.

Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Der Zusammenhang ist viel zu komplex, als dass man den Vergleich von rentierlichen Anleihen mit nicht rentierlichem Gold so stehen lassen könnte. Zwar ist klar, dass der Goldpreis nach der Ankündigung von Fed-Chef Ben Bernanke, die extrem lockere Geldpolitik fortzusetzen, damit die offiziellen Zinsen niedrig zu halten und so die Anleiherenditen zu bremsen, zunächst einen Freudensprung gemacht hat. Das spricht scheinbar für das Argument: steigende Renditen gleich fallender Goldpreis, fallende Renditen gleich steigender Goldpreis. Aber erinnern wir uns noch einmal an die 70er Jahre: Damals stiegen die Anleiherenditen wie überhaupt das ganze Zinsniveau in einem rasanten Tempo. Der Grund: erst Inflationserwartungen, dann Inflation, und das zweistellig wie die Renditen bzw. Zinsen auch.

Das erwähnte Scheinargument wird von den am Goldmarkt herrschenden Kräften in diesen Tagen ad absurdum geführt: Der Goldpreis entwickelt sich unabhängig davon, ob die Anleiherenditen gerade steigen oder fallen; er hüpft wie ein Ball hin und her. Nicht auszuschließen ist, dass er diese Entwicklung so lange fortsetzt, bis die nächsten Impulse in der einen oder anderen Richtung kommen. Wie lange das sein wird, hängt von den Impulsen ab. Unter denen gibt es starke und schwache. Die schwachen haben wir gerade erlebt; sie haben den Goldpreis nur geringfügig bewegt.

Der bedeutendste starke Impuls bestünde in einem allgemeinen Mentalitätswandel der Anleger, und der wiederum hängt primär von den Inflationserwartungen ab. Die werden allseits geschürt, vor allem in Japan; doch dass sie schon im gewünschten Ausmaß da sind, kann man bestenfalls anhand gefälschter Statistiken erkennen. Mentalitätswandel, das bedeutet viel mehr: Großanleger müssten die Rechnung aufmachen, wonach sie eine Inflation von, sagen wir, 5 Prozent erwarten, und das bei Renditen zehnjähriger Anleihen von beispielsweise 3 Prozent oder darunter. Das Ganze dauerhaft und in Erwartung einer weiterhin extrem lockeren Geldpolitik der führenden Notenbanken.

Diese Analyse einschließlich der mit ihr einhergehenden Prognose habe ich nicht etwa allein im stillen Kämmerlein ausgebrütet, sie ist vielmehr in bestimmten Anlegerkreisen schon verbreitet. Was fehlt, ist das Zünglein an der Waage, das den erwähnten Mentalitätswandel auslöst. Das kann so ziemlich alles sein. Insofern rate ich Ihnen, in den nächsten Wochen die relevanten Märkte - Anleihen, Aktien, Edelmetalle, Rohstoffe und Währungen - besonders gründlich zu verfolgen. Sie werden mit Sicherheit Signale aussenden, die Sie dann beim Timing zur Aufstockung Ihres Goldschatzes nutzen können.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).



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