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Zum 40. Todestag von Ludwig von Mises

14.10.2013  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Vor 40 Jahren, am 10. Oktober 1973, starb Ludwig von Mises (1881-1973). Mises war nicht nur der herausragende Vertreter der Österreichischen Schule der Nationalökonomie. Er war auch der wohl bedeutendste Wirtschafts- und Sozialtheoretiker des 20. Jahrhunderts. Weil der Erkenntniswert seiner zahlreichen wirtschaftswissenschaftlichen Beiträge nicht nur bahnbrechend, sondern auch zeitlos ist, lohnt es sich auch heute noch "Mises" Schriften sorgsam zu studieren.

Im Jahre 1912 veröffentlicht Mises seine Habilitationsschrift "Theorie des Geldes und der Umlaufsmittel". Ein bahnbrechendes Werk, in dem er unter anderem die Grundlage für die monetäre Theorie des Konjunkturzyklus legt. 1919 verfasst er den Aufsatz "Die Wirtschaftsrechnung im sozialistischen Gemeinwesen", die erste wissenschaftliche Schrift, die die Unmöglichkeit, die Undurchführbarkeit des Sozialismus nachwies. 1922 legt er das Buch "Gemeinwirtschaft. Untersuchungen über den Sozialismus" vor, eine umfassende Widerlegungen aller sozialistischen-kollektivistischen Gesellschafts- und Wirtschaftsformen.

1927 erscheint Mises´ Buch "Liberalismus", eine logisch-konsistente und unbedingte Legitimierung der freiheitlichen Marktwirtschaft. Im Jahre 1933 veröffentlichte Mises "Grundprobleme der Nationalökonomie", eine Sammlung von Aufsätzen, in denen er die wissenschaftliche Grundlage der Nationalökonomie eingehend erörtert und herausarbeitet. 1940 erscheint "Nationalökonomie. Theorie des Handelns und Wirtschaftens", und 1949 wird es, umfassend umgearbeitet, unter dem Titel "Human Action. A Treatise On Economics" veröffentlicht. Mises´s letztes Hauptwerk "Theory and History. An Interpretation of Social and Economic Evolution" erscheint 1957, es erläutert eingehend die philosophischen Grundlagen von Human Action.

In seinem magnum opus Nationalökonomie zeigt Mises auf, dass die Wirtschaftswissenschaft nicht etwa eine Erfahrungswissenschaft ist, sondern das sie "reine" Theorie ist, dass sie eine a priori Wissenschaft ist: In der Volkswirtschaftslehre lassen sich, so Mises, ökonomische Gesetzmäßigkeiten aufspüren, die immer und überall gelten; und die Validität ökonomischer Theorien lässt sich nicht durch Erfahrung, sondern nur durch "strenges" Denken, durch Logik erschließen. Diese wirtschaftswissenschaftliche Ausrichtung, die den Ausgangspunkt vom "Axiom des menschlichen Handelns" nimmt, bezeichnete Mises als Praxeologie, die Logik des menschlichen Handelns.

Mit der Praxeologie gibt Mises den Befürwortern und Verteidigern der freien Marktordnung ein festes, unerschütterliches Fundament. Sie offenbart zum Beispiel, dass die Ausgabe von neuem Geld im Zuge der Bankkreditvergabe zu Wirtschaftsstörungen führen muss; sie zeigt, dass Eingriffe des Staates in das Wirtschafts- und Gesellschaftsleben (wie etwa Höchstpreise oder Mindestlöhne) zweck- und sinnwidrig und zum Scheitern verurteilt sind; und dass ein Mittelweg, ein "dritter Weg", der zwischen Sozialismus und Kapitalismus verlaufen soll, dauerhaft nicht möglich ist.

Mises entwickelte sich zum unbedingten und auch unbeugsamen Befürworter des Liberalismus-Kapitalismus, tragischerweise in einem Zeitalter der Unfreiheit, der Gewalt und des Totalitarismus: in der Gestalt des Sozialismus, Kommunismus, Faschismus, Nationalsozialismus oder des sozial-demokratischen Sozialismus. Seine nationalökonomischen Erkenntnisse standen in intellektueller Gegnerschaft zum Etatismus, Interventionismus und Sozialismus seiner Zeit. Er, der aus einer jüdischen Familie stammte, erhielt auch aus diesem Grund vor 1933 keine ordentliche Professur an einer deutschsprachigen Universität. Von 1909 bis 1938 war er der Nationalökonom der Niederösterreichischen Handels- und Gewerbekammer. Seine umfangreichen wirtschaftswissenschaftlichen Arbeiten entstanden folglich neben - beziehungsweise zusätzlich zu - seiner Tätigkeit bei der Handelskammer.

Mises war ein Außenseiter war im Wissenschaftsbetrieb. Dennoch hatte er nicht nur durch seine Schriften, sondern vor allem auch durch sein berühmtes Privatseminar starken Einfluss auf eine Reihe von Schülern und Studenten, die später selbst zu bedeutenden Denkern werden sollten. Mises hielt sein Privatseminar von 1920 in den Monaten Oktober bis Juni alle vierzehn Tage in seinem Arbeitszimmer in der Handelskammer in Wien ab, bis er 1934 vor den Verfolgungen der Nationalsozialisten in die Schweiz flüchtete. Bevor er dann 1940 in die Vereinigten Staaten emigrierte, lehrte er als Professor für Internationale Wirtschaftsbeziehungen am Graduate Institute of International Studies an der Universität Genf. Erst 1945, fünf Jahre nach seiner Ankunft in den Staaten, erhielt er eine Teilzeit-Gastprofessur an der New York University (die 1949 in eine Vollzeit-Gastprofessur umgewandelt wurde) und begann wieder zu lehren. 1967 zog er sich im Alter von 87 Jahren aus der Lehre zurück.

Die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise hat sicherlich dazu beigetragen, dass die Österreichische Schule der Nationalökonomie, vor allem in der Misesianischen Prägung, eine fulminante Renaissance erfährt. In den letzten Jahren sind zum Beispiel weltweit viele Institute gegründet worden, die sich der Verbreitung der Lehren der Österreichischen Schule widmen. Seit Oktober 2012 gibt es im deutschsprachigen Raum das Ludwig von Mises Institut Deutschland, das auf seiner Website (www.misesde.org) regelmäßig Lehr- und Diskussionsbeiträgevon liberalen-libertären Denkern, zumeist in der Miseanischen Tradition, einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich macht.

Mises‘s Leben und Werk verdienen gerade in der heutigen Zeit besondere Aufmerksamkeit. Mises war er ein "Role Model" eines der Wissenschaft verpflichteten Volkswirts. Er ließ sich nicht von ideologisch-parteipolitisch blenden oder vereinnahmen, er wahrte als Ökonom seine wissenschaftliche Integrität, auch und gerade gegen den Zeitgeist. Mises‘s ökonomische Erkenntnisse sind beständig und zeitlos, sind nicht kurzatmig und dem aktuellen Zeitgeist geschuldet. Sie liefern vielmehr verlässliche Lösungen für drängend Probleme.

Sie zeigen zum Beispiel, dass das per Kredit geschaffene Papiergeld zu Wirtschaftsstörungen führen muss - und dass nur der Wechsel zu einem Sachgeldsystem den Ausweg aus wiederkehrenden Krisen ermöglicht; dass der staatliche Interventionismus keine Probleme löst, sondern Quelle der allseits beklagten Probleme ist; und dass der Interventionismus, wenn er unbeirrt fortgeführt wird, in die Tyrannei führt; und nur das System der freien Märkte eine dauerhaft friedvolle und produktive Kooperation der Menschen ermöglicht, national wie international.

Um die drängenden Probleme der Zeit in den Griff zu bekommen, bedarf es einer soliden Volkswirtschaftslehre, einer umfassenden Wirtschafts- und Gesellschaftslehre, wie Mises sie vor gut 70 Jahren (re-)formulierte. Mises betonte richtigerweise die existenziellen Erkenntnisse seiner Arbeiten, die auch 40 Jahre nach seinem Tod ihren Wert erhalten haben: "Mit dem Schicksal der Nationalökonomie ist das Geschick der modernen Kultur … unlösbar verknüpf. Diese Kultur konnte entstehen, weil die Volker von Ideen beherrscht wurden, die die Anwendung der Lehren der Nationalökonomie auf die Politik darstellten. Sie wird und muss verschwinden, wenn die Politik auf den Wegen, die sie unter dem Einfluss der die Nationalökonomie bekämpfenden Lehren eingeschlagen hat, weiterschreiten sollte."


© Prof. Dr. Thorsten Polleit

Dr. Thorsten Polleit ist Chefvolkswirt der Degussa Goldhandel GmbH und Präsident des Ludwig von Mises Institut Deutschland (www.misesde.org). Dieser Beitrag wurde in ähnlicher Form in der Börsen-Zeitung veröffentlicht.



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