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Grünes Licht für Gold?

23.10.2013  |  Peter Schiff
Investoren bekommen selten Straßenkarten mit auf den Weg. Noch seltener kommt es vor, dass der überwiegende Großteil jener, die eine bekommen haben, die enthaltenen klaren Zeichen und Richtungsangaben auch verstehen. Die wenigen, die die Karte schließlich lesen können, befinden sich, falls es soweit kommt, in einer beneidenswerten Position. Aktuell ist das mit Gold und Gold-nahen Investitionen der Fall.

Der gängigen Wall-Street-Meinung zufolge hat Gold seinen Moment der Größe schon aufblitzen sehen. Dieser Glaube speist sich aus drei Annahmen:

A) Die Fed wird bald damit beginnen, die monatlichen Ankäufe von US-Staatsanleihen und hypothekarisch gesicherten Wertpapieren auszudünnen (gemeinhin bekannt als “Taper“).

B) Das Erstarken der US-Wirtschaft schafft Investitionsgelegenheiten, die dazu führen, dass defensive Anlagen wie Gold ausverkauft werden.

C) Das erneute Vertrauen in die US-Wirtschaft wird den US-Dollar wieder stärken und daher den Reiz des Goldes als “Sicherer Hafen“ sinken lassen.

Jede dieser drei Annahmen ist falsch. (In der neuen Ausgabe des "Global Investor Newsletters“ geprüft und gezeigt, inwieweit dieser Reiz in Indien nie verblasste.)

Die jüngsten Entwicklungen legen eher das Gegenteil nah: Die Fed hat keine Ausstiegsstrategie; es ist wahrscheinlicher, dass sie ihr QE-Programm ausweiten und nicht einschränken wird, B) das Wachstum der US-Wirtschaft bewegt sich unterhalb des Trends, sie strebt womöglich auf eine weitere Rezession zu, C) die Weigerung der USA, ihre haushaltspolitischen Probleme in Angriff zu nehmen, wird das internationale Vertrauen in den Dollar unterminieren.

Parallel dazu dürfte auch die Reaktion der Wall Street auf das Schuldengrenze-Drama für Verwirrung gesorgt haben (mehr zum Thema in meinem früheren Kommentar "Debt Ceiling Delusions"). Viele sahen eine Gefahr darin, dass der Kongress wirklich mit der Anhebung der Schuldenobergrenze scheitern könnte. Die wahre Gefahr war allerdings die, dass man die Schuldenobergrenze angeheben würde, ohne auch nur geringe Anstrengungen zu unternehmen, den Schuldenproblemen der USA Herr zu werden. Natürlich passierte genau das.

Die Fehler kann man am deutlichsten am Goldmarkt sehen. Letzte Woche veröffentlichte Goldman Sachs - der übermächtige Wall-Street-Riese - einen Forschungsbericht, den viele als Gold-Begräbnisrede lasen. Im Bericht wurde angekündigt, dass jede in Washington getroffene Vereinbarung, die einen unmittelbaren Schuldenausfall verhindere und die Krise entschärfe, eine “bombensichere Gold-Verkaufsposition“ wäre.

Da die meisten Menschen ohnehin nie geglaubt hatten, dass der Kongress in dieser Angelegenheit Ernst machen würde, setzte diese letzte Bemerkung im Goldman-Sachs-Bericht Panikverkäufe beim Gold in Gang. Wie ich in zahlreichen Radiointerviews und TV-Auftritten in den ersten ein, zwei Tagen noch Erscheinen des Berichts angekündigt hatte, stellte sich schließlich heraus, dass die “Schlaumeier" natürlich nicht Recht behielten. Sobald der Kongress der Aufschiebung des Problems zugestimmt hatte, stiegen die Gold-Futures innerhalb eines Tages um 40 $.

Experten hatten zudem vor sinkenden Dollarkursen gewarnt, falls die Schuldenobergrenze nicht angehoben werde. Aber als sie schließlich angehoben wurde (in Wirklichkeit wird sie bis Februar 2014 komplett in der Schwebe gelassen), fiel der Dollar sofort auf ein 8 ½-Monate-Tief gegenüber dem Euro. Paradoxerweise fürchteten viele, die Schuldenobergrenze werde die Rolle des Dollars als Weltreservewährung in Gefahr bringen. In Wirklichkeit wird das Vertrauen in den Dollar eben durch das beständige Anheben dieser Obergrenze unterminiert.

Auf ganz ähnliche Weise wurde die Märkte letzten Monat vom gemeinhin überraschenden “Taper, der nie kam“ auf dem falschen Fuß erwischt. Der Shock lässt sich auf den Glauben der Wall Street an den gespielten Mut der Fed zurückführen und auch auf die Annahme der Mainstream-Ökonomen, der Zustand der US-Wirtschaft würde sich tatsächlich verbessern. Ich entgegnete, dass die Signale des wirtschaftlichen Aufschwungs (allem voran steigende Aktienmärkte und Immobilienpreise) ganz einfach nur die direkten Auswirkungen von QE seien, und dass eine Aufhebung der quantitativen Lockerungen die “Erholung“ sofort auf der Stelle stoppen ließe.

Trotz der Verwunderung über die Fed-Entscheidung glauben die meisten immer noch, dass die Fed den Finger nach wie vor gespannt am Taper-Abzug hält und bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit auch abdrücken wird (auch wenn viele inzwischen einräumen, die Fed werde wohl noch warten müssen, bis die aktuelle politische Schieflage behoben ist). Ich hingehen glaube, dass wir jetzt in der Falle des unendlichen QE gefangen sind (das Thema meines letzte Woche veröffentlichten Newsletters).

Tatsache ist, dass sich Washington jetzt einer Politik des permanenten Schuldenausbaus und des QE-Unendlich verschrieben hat, die wohl nur ein Ende nehmen kann: eine Währungskrise. Obgleich die Rolle des Dollars als Weltreservewährung, und auch Amerikas Position als weltgrößte Wirtschaft und weltgrößter Schuldner, für einen schwierigen und unvorhersehbaren Weg zu diesem Reiseziel sorgen wird, so lässt sich am endgültigen Ankunftsort hingegen nicht zweifeln. Die Tatsache, dass nur wenige Investoren zu diesem Schluss gelangen, hat dafür gesorgt, dass Gold und die Edelmetallaktien in der Nähe ihrer Mehrjahrestiefs bleiben, auch wenn die jüngsten Entwicklungen etwas ganz Anderes nahelegen. Hier entstehen Gelegenheiten.

Gold bewegte sich nicht von 300 $ auf 1.800 $, weil die Anleger der Meinung waren, dass die Regierung keine Schuldengrenzüberschreitung zulassen würde, sondern weil sie der Meinung waren, dass sich die haushaltspolitische Position der USA immer weiter verschlechtern würde. Das passierte diese Woche wieder. Mit der Entscheidung, das Schuldenproblem aufzuschieben, verhinderte Washington noch keine Schuldenkrise. Sie wurde ganz einfach hinausgezögert. Deswegen wollte ich die Investoren auch darüber informieren, dass Gold bei einer Erhöhung der Schuldenobergrenze steigen müsste. Die meisten Investoren schenkten stattdessen Goldman Sachs ihr Vertrauen.

Anleger sollten endlich zu dem Schluss kommen, dass die USA ihre fiskalen Probleme niemals aus eigenem Antrieb in Angriff nehmen werden. Da das eigentliche Problem der Schulden jetzt zu einem Problem mit der Schuldenobergrenze umdefiniert wurde, könnten vielleicht auch alle Anstrengungen zur Lösung dieses Problem in den Wind geschlagen werden. Jetzt fällt es den Gläubigern unserer Nation zu, für die dringend benötigte Finanzdisziplin zu sorgen, die unsere gewählten Führer aus Mangel an Mut nicht durchsetzen.

Diese Disziplin würde im Rahmen einer Dollar-Krise kommen, welche sich in eine Staatsschuldenkrise verwandelt. Die Verbraucherpreise würden steil ansteigen, die US-Wirtschaft würde tiefer in die Rezession abrutschen und es entstünde enormer Aufwärtsdruck bei den US-Zinsen. An diesem Punkt wird die Fed eine sehr schwere Entscheidung treffen müssen: entweder QE massiv ausweiten, um alle US-Anleihen aufzukaufen, die die Welt loswerden möchte (was zum Dollar-Crash führen könnte) oder zulassen, dass die Anleihekurse fallen und die Zinssätze steil steigen (was dann aber zum Wirtschaftscrash führt).

Die schweren Entscheidungen, die unsere politischen Entscheidungsträger gerade gemieden haben, müssen eines Tages unter viel beschwerlicheren Umständen getroffen werden. Die Regierung wird dann zu entscheiden haben, welche Versprechen sich halten lassen und welche zu brechen sind. Dieses Mal werden tatsächlich große Teile des Staates außer Dienst gestellt. Sollte die Fed die falsche Entscheidung treffen und QE ausweiten, um die Zinsen niedrig zu halten, so würde der sich daraus ergebende Zusammenbruch des Dollars unserer Wirtschaft und unseren Gläubigern noch viel größeren Schaden verursachen. Brechen wird man diese Versprechen - technisch betrachtet - wohl eher nicht, sie werden allerdings bedeutungslos, da die Rechnungen mit fast wertlosem Geld beglichen werden.

Bei den Chinesen könnte diese Botschaft tatsächlich angekommen sein. Letzte Woche, als die Farce um die Schuldenobergrenze in Washington im Bewegung kann, übermittelte die staatliche Nachrichtenagentur Chinas die bislang dringlichste Warnung zu diesem Thema: “Vielleicht ist jetzt ein guter Zeitpunkt gekommen, an dem die verwirrte Welt über den Aufbau einer ent-amerikanisierten Welt nachdenken sollte.“ Manchmal sind Straßenkarten ganz leicht zu lesen. Wenn der Dollar zum Scheitern verdammt ist, müsste das Gold steigen.


© Peter Schiff
www.europac.net


Dieser Artikel erschien am 21.10.2013 auf www.24hgold.com und wurde exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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