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Kein Ende des Geldes

06.01.2014  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Diese Fragen lassen sich mittels "technischer Bauanleitung" für Brücke, Tunnel und Flughafen nicht beantworten. Der Grund ist: Dentechnischen Bauanleitungen sind Wertungen fremd, sie kennen nur mengenmäßige Kombinationen von Produktionsfaktoren. Allein mit der Verwendung von Geld und Geldpreisen (also das Ausdrücken der Produktionsfaktorpreise in Geld) kann der Handelnde kalkulieren, kann also abschätzen, welche Produktionswege für ihn überhaupt durchführbar sind, welche sich für ihn lohnen und welche nicht. Nur mit einer Geldrechnung kann er seine knappen Produktionsfaktoren so einsetzen, dass dabei kein wichtigeres Ziel unerreicht bleibt.Ohne die Verwendung von Geld könnte der Handelnde auch nicht bestimmen, ob ihn die Durchführung einer Produktion besser oder schlechter stellt.

Er könnte die in der Regel vielfältigen, nicht selten unüberschaubaren Verwendungsmöglichkeiten, die ihm offenstehen, nicht erfassen und gegeneinander abwägen. Ohne Geldrechnung könnte er nicht beurteilen, ob ihn eine Handlung besser stellt oder nicht, weil er den "Gewinn" beziehungsweise die "Kosten" seiner Anstrengungen nicht ermitteln kann. Mit anderen Worten: Ohne Geldrechnung könnte er nicht kalkulieren, er könnte keine Wirtschaftsrechnung anstellen.

Um die Wirtschaftlichkeit seiner Produktion erfassen zu können, muss der Unternehmer alles auf eine Einheit zurückführen. Das gelingt ihm, wenn er Geld verwenden kann. Dann kann er sich (wenn er richtig kalkuliert) einen Überblick verschaffen, ob sich eine Produktion "rechnet" oder nicht, ob sie ihm einen Gewinn einbringt oder nicht. Ohne Geld wäre vor allem auch die heutige, international weit verzweigte Arbeitsteilung nicht durchführbar. Könnte man kein Geld verwenden, ließe sich auch die erreichte Produktionsleistung nicht aufrechterhalten - und damit auch nicht der materielle Lebensstandard und die Existenz vieler Millionen Menschen auf diesem Globus.


Marktwirtschaft

Die Geldrechnung, also das Kalkulieren unter Verwendung des Geldes, ist jedoch untrennbar an das Vorhandensein einer Marktwirtschaft geknüpft. In einer Marktwirtschaft besteht Privateigentum an den Produktionsmitteln, und es kommt zur Arbeitsteilung und vielfältigen Tauschbeziehungen auf freien Märkten. Die Geldpreise für gehandelte Güter folgen dann aus der Wertung aller am Handel Teilnehmenden. Unternehmen, die einen komplizierten Produktionsprozess kalkulieren, merken daher sogleich, ob sie Produkte wirtschaftlicher als andere produzieren können oder nicht - und ob ihre Mittel ausreichen, die Produktion überhaupt durchführen zu können. Die Geldpreise sind für die Unternehmen "Signale".

Kommt es jedoch zu einer Verzerrung der Geldpreise - etwa dadurch, dass die Geldmenge (stark) ausgeweitet wird -, so leidet die Wirtschaftlichkeitsrechnung in Geld. Es kommt zu Fehlkalkulationen. Zum Beispiel kann ein Ansteigen der Geldmenge zunächst die Preise einiger weniger Güter ansteigen lassen. Die Güterproduzenten werden das als Signal werten, um die Produktion der Güter auszudehnen, deren Preise gestiegen sind; schließlich müssen sie davon ausgehen, dass diese Güter nun stark nachgefragt werden. Bei einer Geldmengenausweitung werden früher oder später jedoch alle Preise ansteigen. Unternehmer erkennen dann, dass sie einer Täuschung aufgesessen sind: Die inflationäre Geldmengenausweitung hat die Knappheit der Güter nur vorgegaukelt, und die Ausweitung der Produktion erweist sich als Fehlinvestition.


Gutes Geld

Geld ist unverzichtbar für moderne, arbeitsteilige Volkswirtschaften. Es erleichtert nicht nur das Tauschen. Das Kalkulieren mit Geld macht komplizierte, aber produktive Produktionswege erst möglich - und trägt damit zu wirtschaftlichem Fortschritt bei. Die produktive Funktion des Geldes braucht jedoch (1) gutes, das heißt nicht inflationäres Geld und (2) freie Märkte. In dem Maße, in dem (1) und (2) durch die Politik untergraben wird, leidet auch der wirtschaftliche Fortschritt. Angesichts der jüngsten Finanz- und Wirtschaftskrise mag man die Forderungen nach "besserem Geld" ableiten, aber man kann daraus kein Ende des Geldes prognostizieren.

"Wenn der freie Unternehmer nicht mehr die volkswirtschaftliche Aufgabe erfüllen will, sich im freien Wettbewerb zu messen, wenn eine Ordnung gesetzt wird, die nicht mehr die Kraft, die Phantasie, den Witz, die Tüchtigkeit und den Gestaltungswillen der individuellen Persönlichkeit erfordert, wenn der Tüchtigere nicht mehr über den weniger Tüchtigen obsiegen kann und obsiegen darf, dann wird auch die freie Unternehmerwirtschaft nicht mehr lange Bestand haben. Es würde eine allgemeine Verflachung, ein Abwälzung der Verantwortung Platz greifen." Ludwig Erhard (2009 [1957]), Wohlstand für Alle, S. 223.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



Anmerkung Redaktion: Prof. Dr. Thorsten Polleit ist Referent auf der diesjährigen Internationalen Edelmetall- und Rohstoffmesse, die am 8. & 9. November in München stattfindet.



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