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Euphorie an der Börse und Panik bei der Fed

03.11.2013  |  Claus Vogt
Nichts befeuert die Phantasie der Börsianer stärker als steigende Kurse. Je länger die Aktienpreise steigen, desto zuversichtlicher werden die Anleger, dass der Aufwärtstrend anhalten wird. Je teurer, desto besser, scheint die Devise zu lauten. Und überaus teuer sind Aktien bei einem KGV des Weltleitindex S&P 500 von 19,3 Punkten und einem Shiller-KGV von 24,6 Punkten ja längst.

Aber Banalitäten wie die fundamentale Bewertung, Risikokennzahlen oder schwache Wirtschaftsdaten können euphorisierte Börsianer natürlich nicht beeindrucken. Sie sind in Feierlaune und der festen Überzeugung, dass diese Party niemals enden wird.

Und warum auch nicht? Wer sagt denn, dass jede Party enden muss? Vielleicht hat ja tatsächlich eine neue Menschheitsepoche begonnen. Eine paradiesische Epoche, in der Wohlstand nicht mehr durch harte Arbeit entsteht, sondern durch die magischen Kräfte eines ehemaligen Princeton University-Professors, der die Kunst des Gelddruckens auf eine völlig neue Ebene gehoben hat.

Immerhin gab es schon Zeiten, in denen Menschen noch sehr viel absurdere Dinge zu glauben bereit waren: Dass die Erde eine Scheibe sei zum Beispiel. Oder ein Kaiser ein Gott. Oder die Deutsche Telekom ein dynamisches Wachstumsunternehmen. Und heißt es denn nicht, der Glaube könne Berge versetzen?


Sentimentindikatoren zeigen extrem einseitiges Bild

Wie auch immer dem sei, Tatsache ist, dass die Börsianer zurzeit so bullish sind wie selten zuvor. Beispielsweise befindet sich die Cash-Quote der US-Aktienfonds mit 3,7% in der Nähe historischer Tiefs. Und in den vergangenen drei Wochen erlebten diese Fonds Mittelzuflüsse von 41 Mrd. Dollar. Das ist der höchste Wert der vergangenen 10 Jahre. Die Bull/Bear-Ratio der Rydex-Fondsfamilie zeigt, dass für jeden Dollar, der hier auf fallende Kurse gesetzt wird, Wetten in Höhe von 5 Dollar auf steigende Preise abgeschlossen werden. Die niedrigen Put-Call-Ratios bestätigen dieses Bild

Der folgende Chart zeigt Ihnen den Kursverlauf des S&P 500 seit 2007 sowie die Investors Intelligence Bull/Bear-Ratio, ein Sentimentindikator, der auf einer Auswertung der unabhängigen US-Börsenbriefe basiert. Dieser Indikator hat einen Extremwert von 3,19 Punkten erreicht. Wie selten und wann genau das in der Vergangenheit der Fall war, sehen Sie auf dem Chart.


S&P 500 und Bull/Bear-Ratio, 2007 bis 2013

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Die Stimmung ist so bullish wie am Top des Jahres 2007.
Quelle: www. decisionpoint.com


Spekulieren auf Kredit wie nie zuvor

Abschließend zum Thema Sentimentindikatoren möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf die US-Wertpapierkredite lenken. Diese wichtige Kennzahl hat im September ein Allzeithoch von 401 Mrd. Dollar erreicht. Der Höchstwert des Jahres 2000 belief sich auf 278 Mrd. Dollar und fiel mit dem Höhepunkt der damaligen spektakulären Aktienblase zusammen.

Erst im Januar 2007 wurde dieser Wert überschritten. Er erreichte im Juli den Höchststand des damaligen Zyklus bei 381 Mrd. Dollar, just als auch die Aktienmärkte ihr Top markierten. Im Gleichschritt mit den Aktienkursen ging es dann bergab. Die Summe der Wertpapierkredite fiel im Februar 2009 auf das zyklische Tief von 173 Mrd. Dollar.

Die Rekordmarke aus dem Jahr 2007 wurde erst im April 2013 mit 384 Mrd. Dollar leicht überschritten, bevor es im September zu der oben genannten weiteren deutlichen Zunahme des Spekulierens auf Kredit gekommen ist. Die freundliche Börse im Oktober legt in Verbindung mit anderen Sentimentindikatoren die Vermutung nahe, dass sich der Anstieg weiter fortgesetzt hat.


Vollgas geben, Augen zu und durch

In den vergangenen drei Monaten hat die Geldmenge MZM annualisiert um stattliche 11,4% zugelegt. Während die Börsianer keine Furcht mehr kennen, deutet dieser scharfe Anstieg des US-Geldmengenwachstums darauf hin, dass den Zentralbankbürokraten der Angstschweiß auf die Stirn getreten ist und sie erneut geldpolitisch Vollgas geben. Warum?

Ist es etwa die Angst vor der eigenen Courage? Oder die Angst vor steigenden Zinsen? Oder gar vor dem sich abzeichnenden verheerenden Ende des atemberaubenden geldpolitischen Experiments der vergangenen Jahre, das im Widerspruch zu allen geldpoltischen Erfahrungen und Theorien steht?

Wahrscheinlich verhält sich alles sehr viel banaler. Wahrscheinlich macht sich unter den Herren der Gelddruckmaschine Panik breit, weil sie erkennen mussten, dass die US-Wirtschaft trotz ihrer herkulischen Bemühungen nicht vor dem erhofften Aufschwung steht, sondern vor einer Rezession.

Und Rezessionen müssen in diesen verrückten Zeiten bekanntlich verhindert werden, koste es, was es wolle. Also: Vollgas geben, Augen zu und durch.


© Claus Vogt
www.clausvogt.com



Anmerkung Redaktion: Herr Vogt ist Referent auf der diesjährigen Internationalen Edelmetall- und Rohstoffmesse, die am 8. & 9. November in München stattfindet.



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