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Wie man Börsenkompetenz gewinnt

17.11.2013  |  Manfred Gburek
Am Rand der vorwöchigen 9. Edelmetall- und Rohstoffmesse in München wurde ich, wie übrigens schon in den Vorjahren, von verschiedenen Besuchern auf das Thema Geldanlage angesprochen. Sie gaben zu, Anlagelaien zu sein, und baten mich um Fortbildungstipps. Ich konnte ihnen diesen Wunsch während der Messe wegen meiner Moderatorenaufgaben nicht erfüllen. Da vermutlich auch weitere Anleger an diesem Thema interessiert sind, folgen hier einige grundsätzliche Tipps.

Wer Geld anlegt, macht Fehler. Anfangs viele, danach immer weniger. Wer Geld anlegt, macht aber auch vieles richtig. Und wer aus Fehlern lernt, macht immer mehr richtig. Die Geldanlage ist ein sehr weites Feld. Es erstreckt sich vom Giro- oder Tagesgeldkonto über Anleihen, Aktien, Fonds, Zertifikate und sonstige Wertpapiere, Immobilien, Edelmetalle, Rohstoffe und Versicherungen bis zu Hobbyanlagen aller Art, wie Oldtimer, Antiquitäten und Gemälde.

Mit der Geldanlage verfolgt man Ziele, etwa laufende Einnahmen als Zusatzeinkommen zum Gehalt oder Vermögensaufbau, damit die Kinder später eine vernünftige Ausbildung erhalten oder man selbst den Ruhestand genießen kann. Wobei die Ziele sich in der Regel nicht ausschließen, sondern gleichzeitig im Visier sind. An dieser Stelle gleich eine Warnung: Die Finanzkonzerne und ihre sogenannten Anlage- oder Finanzberater machen Ihnen gern Angebote schmackhaft, an denen sie selbst besonders viel verdienen, etwa Fonds, Zertifikate, Kapital- und Rentenversicherungen, zum Teil gekoppelt mit staatlicher Förderung, wie Riester- oder Rürup-Rente. Wenn Sie sich darauf einlassen, ist Ihr Anlageergebnis in der Regel suboptimal.

Die größten finanziellen Erfolge beschert Ihnen die Börse. In vielen Fällen jedoch auch die größten Misserfolge. Wie auch immer, an der Börse kommt niemand vorbei. Fonds und Fondspolicen bestehen aus Aktien und Anleihen, also aus börsengehandelten Wertpapieren, Zertifikate sind eine Spezialform der Anleihen, den Schwerpunkt von Kapital- und Rentenversicherungen bilden Anleihen, Edelmetalle und Rohstoffe werden an Börsen gehandelt, ja sogar ganze Wohnblöcke, kleingestückelt in Aktien wie Gagfah oder Deutsche Wohnen.

Wie wird man mit Aktien vertraut, den langfristig besonders erfolgversprechenden Wertpapieren? Beobachten Sie zunächst ihre Kurse ein paar Monate lang, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie Börsianer ticken. Aber nicht, indem Sie nur den Deutschen Aktienindex Dax verfolgen, Domäne vieler einfallsloser Börsenkommentatoren, sondern die Kurse von ein paar Dutzend Aktien.

Aktuell böten sich unter negativen Vorzeichen zum Beispiel Eon und RWE an, deren Geschäftsmodelle durch die Energiewende fragil geworden sind. Sie bilden einen guten Anschauungsunterricht dafür, wie das Zusammenspiel von fundamentalen Daten und Aktienkursen funktioniert.

Und unter positiven Vorzeichen? Verfolgen Sie Zu Beginn am besten ein Sammelsurium aus Aktien von Unternehmen, die den Kriterien des Großinvestors Warren Buffett standhalten (etwa Preissetzungsmacht und Abschottung von Konkurrenten), weil ihre Geschäftsmodelle weiterhin Erfolge versprechen, wie Fresenius, Nestlé, Amazon, Silver Wheaton und Hyundai. Damit schnuppern Sie gleichzeitig den Duft der weiten Börsenwelt. Dank Internet lassen sich ja nicht nur Kurse, sondern auch alle weiteren relevanten Daten vom heimischen Arbeits- oder Wohnzimmer aus verfolgen.

Apropos Warren Buffett, auf ihn geht ein für Anleger wichtiger Begriff zurück: Kompetenzkreis. Dieser wurde in Deutschland zuletzt auf dem Umweg über den Schweizer Bestsellerautor Rolf Dobelli erneut populär und besagt im Kern, dass man Geld nur in Aktien von Unternehmen investieren soll, deren Geschäftsmodell man versteht. Doch das ist einfacher gesagt als getan: Die Kompetenz kann beispielsweise auf Bilanzkenntnissen, gutem Timing oder technologischem Verständnis beruhen. Alles auf einmal, das dürfte nur ganz wenigen Anlegern gelingen.

Hinzu kommt, dass Anleger gut daran tun, ihren Kompetenzkreis von Fall zu Fall der Börsenentwicklung anzupassen, also zu verlagern. Geht etwa, wie seit geraumer Zeit zu beobachten, die Ära der leichten Gewinne mit Anleihen vorbei, wird die Anleihenkompetenz unwichtig. Und verdrängen Edelmetalle eines Tages wieder die Aktien aus der Favoritenrolle, wird es wichtiger sein, Kenntnisse von den Gold- und Silbermärkten zu erwerben oder zu erweitern, statt Bilanzen von VW, Siemens oder BASF zu studieren.

Wer in der Lage ist, sich derart aufwendig, weil zeit- und arbeitsintensiv mit der Geldanlage zu beschäftigen, kann gewiss sein, die erforderliche Börsenkompetenz zu besitzen. Aber was macht jemand, der dafür nicht genug Zeit hat (das gilt sicher für die meisten Anleger)? Hier hilft nur eines: Ins kalte Wasser springen.

Dazu ein nachahmenswertes Beispiel: Zehn Aktien (auch an deutschen Börsen gehandelte ausländische, zum Beispiel kanadische Minenaktien) aus verschiedenen Kategorien über mehrere Wochen gestreckt kaufen. Erster Erfolg: Darunter befinden sich neben Flops sicher auch Hits. Zweiter Erfolg: Hits und Flops zwingen zur Ursachenforschung; das kann schon ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Börsenmeister sein. Dritter Erfolg: Flops bringen zunächst zwar Verluste mit sich, aber man kann aus ihnen viel lernen; sie sind also eine Art Investition. Später können sich die Verluste ja noch zu Gewinnen wenden.

Womöglich reagieren Sie jetzt so: Das alles macht zwar einen schlüssigen Eindruck, aber wie schütze ich mich vor meinen Emotionen? Eine ganz wichtige Frage. Denn sie zielt darauf ab, dass Emotionen zumindest zeitweise von Anlegern derart Besitz ergreifen, dass sie alle Fehler der Welt machen: Sich etwa mitreißen lassen, wenn - wie vor wenigen Jahren geschehen - aus Solaraktien Kursraketen zu werden versprechen (mittlerweile sind sie verglüht). Oder den Kopf hängen lassen, wenn Gold und Silber - wie in diesem Jahr geschehen - vorübergehend den Aktien die Favoritenrolle überlassen müssen (was sich von heute auf morgen ändern kann).

Gegen Emotionen hilft der Verstand nur bedingt; das ist anhand der Börsengeschichte von der holländischen Tulpenmanie im 17. Jahrhundert über den Crash von 1929 und die gescheiterte Manipulation des Silberpreises durch die Gebrüder Hunt Ende der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts bis zum Neuen Markt um die Jahrtausendwende nachweisbar. Aber Emotionen lassen sich austricksen: Durch möglichst viele Transaktionen, wenn man jung ist; sie dürfen allerdings nicht in wildes Trading ausarten, sondern sollten erst nach Abwägen aller denkbaren Pro- und Kontra-Argumente erfolgen. Die dadurch gewonnenen Erfahrungen machen Anleger immun gegen die meisten Versuchungen von Seiten der Emotionen. Probieren Sie es einfach aus.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).



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