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Gold-und Silberpreisfixing im Visier der Finanzaufsicht

09.12.2013  |  Thorsten Proettel
Nun auch Wechselkurse und Gold manipuliert?

In den letzten Tagen beherrschte ein denkbarer neuer Bankenskandal die Schlagzeilen der Presse. Mehrere international tätige Geldhäuser stehen in dem Verdacht, Wechselkurse manipuliert zu haben. Aufsichtsbehörden in den USA, in Europa und in Asien untersuchen die Vorwürfe, wobei bislang noch keine Belege für ein Fehlverhalten veröffentlicht wurden. In diesem Zusammenhang ist auch der Edelmetallmarkt als mögliches Ziel illegaler Absprachen in die Diskussion gekommen. Bereits Anfang des Jahres warnte die US-Terminmarktaufsicht vor einer Manipulation des Londoner Gold- und Silberpreisfixings.

Offiziell hat sich die britische Financial Conduct Authority (FCA) zwar noch nicht zu dem Thema geäußert. Laut Presseberichten von Ende November befindet sie sich aber ebenso wie ihr deutsches Pendant, die BaFin, in einer Voruntersuchung.


Traditionelle Preisfeststellung in London

Bei einem Fixingführen die Händler der teilnehmenden Bankenihre Kauf- und Verkaufsaufträge zusammen. Dann wird durch den Vorsitzenden derjenige einheitliche Preis ermittelt, zu dem sich möglichst viele Orders ausführen lassen. Tatsächlich fällt es nicht schwer, sich dabei eine Manipulation vorzustellen. Die Fixings werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit alsTelefonkonferenz durchgeführt. Eine staatliche Aufsicht wie im Börsenhandel üblich ist bei dem privat organisierten Prozedere nicht vorgesehen. Außerdem ist der Kreis der teilnehmenden Banken sehr übersichtlich, was mögliche Absprachen grundsätzlich erleichtert.

Das tägliche Silberfixing wird lediglich von den drei Instituten Deutsche Bank, HSBC und der kanadischen Scotiabank durchgeführt. Bei den zwei täglichen Goldfixings sind außerdem noch Barclays und die Société Générale dabei. Dies löst gewisse Assoziationen aus: Vor allem die Dominanz eines kleinen Kreises von sich untereinander gut bekannten Händlern dürfte im Fall des Referenzzinssatzes Libor die aufgedeckten Manipulationen gefördert haben.


Möglicher Schaden noch nicht absehbar

Ob tatsächlich eine Manipulation stattgefunden hat lässt sich zum aktuellen Zeitpunkt nicht abschätzen. Möglicherweise sind die Fixings allein schon aufgrund ihrer im Vergleich zu den Zins- und Wechselkursmärkten ähnlichen Funktionsweise in das Visier der Behörden geraten. Dem entsprechend bleibt die Frage nach der Höhe der Schäden für Institutionelle und für Privatanleger Spekulation. Die Möglichkeiten für Schäden sind vielfältig, denn sowohl die Zinsfestlegung wie auch das Gold- und Silberfixing dienen nicht nur zur Bemessung des Preises, den Banken für das Leihen von Geld beziehungsweise den Kauf von Edelmetallen zu zahlen haben.

Beide Größen werden auch als Referenzwert für viele weitere Finanzmarktgeschäfte mit Dritten genutzt. Beispielsweise bemisst sich am Referenzwert zum Verfallstag, ob die Bank oder ihr Kunde eine Zahlung aufgrund eines Optionsgeschäftes leisten muss. Und bekanntlich kann ein Wertpapier wie ein Knock-Out-Zertifikat wertlos werden, wenn der Referenzwert während der Laufzeit eine vorab definierte Schwelle über- oder unterschreitet. Dies könnte es unter gewissen Umständen für die teilnehmenden Banken der Edelmetallfixings interessant machen, die Preise in die eine oder andere Richtung zu manipulieren.


Substanzielle Manipulation eher unwahrscheinlich

Allerdings bestehen neben den Gemeinsamkeiten wichtige Unterschiede zwischen dem manipulierten Libor und den Edelmetallfixings. Am milliardenschweren Geldmarkt genügt bereits eine Manipulation an der 2. Nachkommastelle des Zinssatzes, um Millionengewinne zu generieren. Beispielsweise könnten sich Händler zu einem künstlich gedrückten Referenzzinssatz günstige Liquidität leihen und diese auf einem höher rentierlichen Markt investieren. Bei Gold und Silber würden Händler ihre Arbeitgeber mit einer Verzerrung der Preise um ein paar Cent oder Dollar kaum reich machen.

Die Handelsmengen im Fixing sind hierfür viel zu gering. Und größere Manipulationen würden sofort auffallen, da es für Gold und Silber neben dem Fixing einen viel bedeutenderen fortlaufenden Handel gibt, an dem weltweit Banken teilnehmen. Diesen Handel gleichzeitig zu manipulieren wäre eher schwierig. Bei vielen Mitwissern steigt das Risiko, entdeckt zu werden. Außerdem besteht jederzeit eine Arbitragemöglichkeit.


Gold-und Silberfixing wirkt antiquiert

Natürlich sind diese Argumente noch kein Beleg dafür, dass es nicht doch Manipulationen gegeben haben könnte. Vielleicht ist es deshalb sinnvoll, krimineller Energie erst gar nicht die Möglichkeiten zur Entfaltung zu bieten. Die Fixings könnten durch eine Auktion an einer regulären Börse ersetzt oder vollkommen abgeschafft werden. Als neuer Referenzwert könnte beispielsweise der Durchschnittswert aller volumengewichteter Transaktionen innerhalb von 24 Stunden dienen.


© Thorsten Proettel
Commodity Analyst

Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart



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