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Goldinvestments: kurz und lang gedacht

11.01.2014  |  Peter Schiff
Es gibt zwei Typen von Goldinvestoren: Diejenigen, die versuchen, Geld mit kurzfristigem Markt-Timing zu verdienen und diejenigen, die nach langfristiger Vermögenswertsteigerung streben. Es war das von Ängsten angeheizte Trading mit Goldpositionen, das dem gelben Metall im Jahr 2011 zum Durchbruch zur 1.900 $-Marke verhalf, und das aus gutem Grund - stürmische Märkte steuern Investoren in Sichere Häfen.

Doch in den vergangenen Jahren wendete sich das Blatt für Gold. Die Tatsache, dass es nun mit einem Minus von 28% aus dem Jahr 2013 ging, scheint sein Schicksal besiegelt zu haben - zumindest in den Augen kurzfristiger Spekulanten. Die Kräfte, die den Aktienmarkt stabilisieren und Gold drücken sind in Wirklichkeit aber genau jene Gründe, die langfristige Investoren seit der Jahrtausendwende zum Goldkauf bewegt haben. Die sogenannte Erholung, die wir jetzt erleben, ist nichts weiter als eine Sturmflaute; der Sturm an sich ist noch nicht vorübergezogen.


Realitätsverlust

Wie anfänglich die ‘Fiskalklippen‘, später dann die Pattsituation in den US-Budgetverhandlungen und schließlich letzten Herbst auch die Zwangsaussetzung staatlicher Zahlungen (shutdown) gezeigt haben, waren die USA im hinter uns liegenden Jahr 2013 nicht gerade ein Vorbild für Finanzstabilität. Der Aktienmarkt hingegen übertraf die Erwartungen der meisten: S&P und Dow stiegen um 29,6% bzw. 26,9%, während der Volatilitätsindex bemerkenswert niedrig blieb.

Die offizielle Erklärung für dieses Verhalten der Märkte lautet, dass sich die Wirtschaft in der Tat erhole. BIP-Wachstum und eine sinkende Arbeitslosenquote sind Frühindikatoren, die diese Einschätzung stützen.

Der wahre Grund für die Stabilität im Jahr 2013 - trotz gemischter Wirtschaftsnachrichten - war die extrem lockere oder “akkommodative“ Politik der US-Zentralbank. Im Jahresverlauf wurden sich die Märkte eindeutig der Existenz dieses “Bernanke-Puts“ bewusst.

Denken Sie nur an die ‘Taper-Schreikrämpfe‘ der Märkte in den zurückliegenden Monaten und vergleichen Sie diese mit den jüngsten Reaktionen auf die Ankündigung von “taper-lite“ im Dezember.

Im Juni und August begannen S&P und Dow schon zu wackeln, als nur über die Möglichkeit einer QE-Bremse geredet wurde. Wenn die Fed erst einmal ihr QE-Programm zurückfahre, würden auch die Zinssätze steigen, so die Annahme. Überbewertete Aktien purzelten in Vorbereitung auf ein erhöhtes Zinsumfeld in die Tiefe.

Im Dezember hingegen, als die Fed den offiziellen Starttermin für die Straffung der Geldpolitik auf Januar setzte, sanken diese Indizes aber nicht, sondern sprangen im Gegenteil sofort auf neue Hochs. Warum gibt es so unterschiedliche Reaktion auf in Grunde gleiche Nachrichten?

Weil die Ankündigung der Fed im Dezember eben NICHT dieselbe war.


NORMAL heißt nicht mehr GESUND

Das Kernelement von Bernankes “taper-tite” war nicht der 10 Mrd. $ schwere Einschnitt bei den QE-Zusagen, sondern das explizite Bekenntnis, die Leitzinsen in absehbarer Zukunft niedrig zu halten. Bernanke garantierte damit im Grunde, die Fed Funds Rate für mindestens einige Jahre im Bereich von 0% zu halten.

Dieses Bekenntnis zu künstlicher Zinsdrückung ruinierte aber das ganze Theater um eine Wirtschaft, die angeblich gesundet. Warum um alles in der Welt braucht eine gesunde Wirtschaft Unterstützung in Form von Nullzins-Liquidität?

Die kurzfristigen Wirtschaftszahlen könnten, auf den ersten Blick, einen guten Eindruck erwecken. Doch auch die Bevölkerung erkennt nach und nach, was es mit dieser Erholung insgesamt betrachtet auf sich hat - nämlich, dass sie überhaupt keine Erholung ist.

Wie jetzt ausreichend bekannt ist, handelt es sich bei den neugeschaffenen Arbeitsplätzen um Niedriglohnjobs und Arbeitsverhältnisse für Geringqualifizierte - häufig Teilzeitstellen oder temporäre Arbeitsverhältnisse in Einzelhandel oder Gastronomie. Das mag auch der Grund sein, warum das Durchschnittseinkommen der arbeitenden Bevölkerung insgesamt deutlich unter den Vorkrisenniveaus bleibt. Die Arbeitslosenquoten haben sich nur verbessert, weil einige Menschen die Arbeitssuche schlichtweg aufgegeben haben.

Die Daten des ‘Bureau of Economic Analysis‘ zeigen unterdessen, dass die persönlichen Ausgaben in den letzten Monaten stärker gestiegen waren als die persönlichen Einkommen, während die Sparquote sank. Mit anderen Worten: Wir graben wieder am Loch, das die 2008er-Panik verursacht hatte.

Wir haben es mit einer der längsten und langsamsten Konjunkturerholungen zu tun, die es in den USA jemals gegeben hat; dennoch hält die Wall Street an ihrem Mantra fest – alles sei in Ordnung, weil die Aktienmärkte steigen. Angeblich kehren wir zum Normalzustand zurück.

Die Wahrheit ist, dass “normal" im Kontext ökonomischer Stabilität in den USA nicht mehr gleichbedeutend mit “gesund“ ist! Es bedeutet tatsächlich nur, dass wir genau da wieder angekommen sind, wo wir schon vor der Panik von 2008 standen.


Selektives Erinnerungsvermögen

Nur wer kurzfristig denkt, kann die Parallelen zwischen dem aktuellen Zustand der Wirtschaft und der Situation vor 10 Jahren übersehen. Ende 2003/ Anfang 2004 waren die Schlagzeilen fast identisch mit den heutigen; man sprach von einer konjunkturellen Erholung, die immer noch unter nicht ganz optimalen Arbeitsmarktdaten leide.

Gerade Folgendes darf nicht vergessen werden: Alan Greenspan hatte im Jahr 2003 den amerikanischen Leitzins auf nur noch 1% gesenkt, auf den niedrigsten Stand seit über 40 Jahren!

Wir alle wissen, wie die Geschichte endete. Die meisten Ökonomen sind sich heute darüber einig, dass die Zinspolitik Alan Greenspans unverantwortliche Kreditvergabepraktiken und Spekulation beflügelte, welche wiederum die USA in den Immobiliencrash und anschließend in die Finanzkrise trieben.

Trotzdem stehen wir heute wieder genau dort. Und die Fed Funds Rate liegt auf Rekordtiefs. In diesen 10 Jahren hat sich nichts geändert - die angebliche Erholung, die wir gerade erleben, ist schlicht ein Produkt des endlos billigen Geldes.


Eine nüchterne Analyse

In Zeiten wie diesen fühlen sich langfristig orientierte Goldinvestoren, als ob sie am Rande einer Studentenparty säßen, weil sie als Fahrer bestimmt wurden. Es könnte den Anschein haben, dass der Spaß an uns vorbei geht; wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass wir ein anderes Spiel spielen als die kurzfristig ausgerichteten Spekulanten.

Unsere betrunkenen Freunde haben im Jahr 2013 ein paar banale Kicks gehabt, dennoch steht das Wachstum am Aktienmarkt nach wie vor auf einem instabilen Fundament aus künstlichen Stimuli und billigem Geld. Uns interessiert eher das Erwachen ohne Kater, ohne kaputtes Auto oder Schlimmeres. Je länger die Zinssätze unterdrückt werden, desto verrückter werden sich Märkte verhalten, wenn die Zinssätze steigen. Wenn das eine Jahr mit 1%-Zins unter Greenspan schon mitgeholfen hatte, den Crash von 2008 loszutreten, dann stellen Sie sich nur vor, was (bislang) drei Jahre 0%-Zins unter Bernanke/ Yellen für den nächsten Crash zu bedeuten haben.


© Peter Schiff
www.europac.net


Dieser Artikel erschien am 02.01.2014 auf www.safehaven.com und wurde exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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