Kündigt "The Wolf of Wallstreet" einen Crash an?
20.01.2014 | Robert Schröder
Am 16. Januar ist auch bei uns der Film "The Wolf of Wallstreet" von Martin Scorsese und mit Leonardo DiCaprio in den Kinos angelaufen. Für jeden Börsianer und für alle, die sich für Aktien und die Finanzmärkte interessieren, gehört der Film damit klar zum Pflichtprogramm. Aber taugt er auch als Warnsignal für einen drohenden Crash an den Aktienmärkten?
In diesen Tagen kursiert eine Grafik im Internet, auf der der S&P 500 seit Anfang der 1980er zu sehen ist. An den markanten Tops 1987, 2000, 2009 und aktuell sind die Covers bekannter Börsenfilme zu sehen. Die Grafik soll verdeutlichen, dass jeder dieser Filme einen entsprechenden Crash medial und aus der Sicht der Anlegerverhaltens angekündigt hat. Nach dem Motto: Ein Film über Börse = Crash!
Meine Meinung dazu: Ich habe den Film "The Wolf of Wallstreet" (Trailer kino.de) im Kino gesehen. Ich finde ihn wirklich gut gemacht und an vielen Stellen amüsant sowie unterhaltsam. Auch für nicht eingefleischte Börsianer ist der Film damit sehr sehenswert. Für DiCaprio-Fans sowieso.
In dieser reinen Filmbiographie geht es allerdings lediglich um den klassischen Auf- und Abstieg des Börsenhändler Jordan Belfort, der den Hals - wie so oft in dieser Branche - nicht voll genug bekommen kann und am Ende nahezu alles verliert. Der Bezug zur heutigen Wirklichkeit an den Finanzmärkten wird dabei jedoch gar nicht thematisiert. Daher erschließt sich mir nicht, was der Film mit der heutigen Börsenlandschaft zu tun haben soll und inwieweit er einen Crash ankündigen sollte.
Einen weiteren gewaltigen Haken hat die Grafik zusätzlich noch: Der Film "Wallstreet: Geld schläft nicht" hatte seine Welturaufführung am 14. Mai 2010 auf dem Cannes Film Festival. In den Vereinigten Staaten kam er am 24. September in die Kinos, in Deutschland am 21. Oktober 2010. Zu diesem Zeitpunkt war der damalige Crash allerdings schon seit 18 Monaten Geschichte und die Aktienmärkte befanden sich schon wieder im Hausse-Modus.
Klar, in Klammern steht auch der Hinweis "filmed in". Doch der Pfeil deutet auf das Hoch in 2007 und die Verlustzahl - 48% sind damit, bewusst oder unbewusst, eindeutig irreführend. Woher diese Zahl stammt, ist mir auch nicht klar. Denn der S&P 500 verlor ab dem Top 2007 bis zum Tief in 2009 fast 58%. Die 48% Verlust können sich demnach also erst ab der Marke von ca. 1.300 Punkte beziehen, die noch im Januar, März, Juni und August 2008 kurzzeitig erreicht wurden. Was dieser Zeitraum wiederum mit dem Film zu tun haben soll, erschließt sich mir ebenfalls nicht.
Besser klappt es vom Timing her schon mit dem erwähnten Film "Boiler Room" (deutscher Titel: "Risiko - Der schnellste Weg zum Reichtum"). Dieser startete am 18. Februar 2000 in den US-Kinos. Sechs Wochen später wurde dann Ende März 2000 ein mehrjähriges Top am US-Aktienmarkt erreicht, das erst wieder im Juli 2007 zurückerobert wurde. Auch inhaltlich und vom Namen her passt der Film wie die Faust aufs Auge in die damalige Zeit. Jeder träumte damals vom schnellen Geld. Alles schien so einfach ...
Allerdings scheint mir vor dem Hintergrund der verhältnismäßig geringen Einspielergebnisse von ca. 27 Mio. US-Dollar die Reichweite beschränkt gewesen zu sein. Zum Vergleich: "Wallstreet" (1987) spielte 44 Mio. US-Dollar und "Wallstreet: Geld schläft nicht" 135 Mio. US-Dollar ein. Zum aktuellen Film liegen wohl noch keine Ergebnisse vor. Da aber alle bisherigen DiCaprio-Filme im Schnitt 344 Mio US-Dollar einspielten, dürfte "Der Wolf" die eben genannten Zahlen voraussichtlich wohl deutlich toppen.
Zu guter Letzt noch ein paar Worte zum Klassiker aus diesem Segment: "Wallstreet" von 1987. Auch hier impliziert die Grafik nach Erscheinen des Films einen Crash. Nun, wenn man nur kurz googelt und herausfindet, dass die breite Öffentlichkeit den Streifen erst ab dem 11. Dezember 1987 in den US-Kinos zu sehen bekam und man ebenfalls eine Suchmaschine betätigt, aus der man schlussendlich erfährt, dass der sog. "Black Monday" am 19. Oktober 1987 stattfand sowie das damalige signifikante Top des S&P 500 schon im August 1987 erreicht wurde, wird klar, dass die obige Grafik somit rein gar nichts taugt.
Übrigens, erinnern Sie sich noch an den Film "The Social Network" aus dem Jahre 2010? Damals wurde darin die Gründung und der schnelle Aufstieg von Facebook thematisiert und verarbeitet. Wenn es danach geht, hätte man diesen Kinofilm auch als Hype und Kontraindikator interpretieren können. Doch rückblickend ging der Aufstieg und die Verbreitung von Facebook ab diesem Zeitpunkt ja bekanntlich erst so richtig los.
Fazit: Die US-Aktienmärkte sind ohne Zweifel klar überkauft und auch heiß gelaufen. Lediglich ein Film in der gezeigten Grafik taugt vom Timing her als Crash-Indikator. Bei den beiden anderen wurde die Kausalität dann doch eher hingebogen und gehofft, dass es niemand bemerkt. Selbst wenn es in den nächsten Wochen einen Crash, also einen schnellen Kurseinbruch von ca. 20%, geben sollte, gäbe es jedoch damit keinen echten kausalen Zusammenhang mit "The Wolf of Wallstreet". Das wäre denn eher dem Zufall zuzuschreiben.
© Robert Schröder
www.Elliott-Waves.com
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In diesen Tagen kursiert eine Grafik im Internet, auf der der S&P 500 seit Anfang der 1980er zu sehen ist. An den markanten Tops 1987, 2000, 2009 und aktuell sind die Covers bekannter Börsenfilme zu sehen. Die Grafik soll verdeutlichen, dass jeder dieser Filme einen entsprechenden Crash medial und aus der Sicht der Anlegerverhaltens angekündigt hat. Nach dem Motto: Ein Film über Börse = Crash!
Meine Meinung dazu: Ich habe den Film "The Wolf of Wallstreet" (Trailer kino.de) im Kino gesehen. Ich finde ihn wirklich gut gemacht und an vielen Stellen amüsant sowie unterhaltsam. Auch für nicht eingefleischte Börsianer ist der Film damit sehr sehenswert. Für DiCaprio-Fans sowieso.
In dieser reinen Filmbiographie geht es allerdings lediglich um den klassischen Auf- und Abstieg des Börsenhändler Jordan Belfort, der den Hals - wie so oft in dieser Branche - nicht voll genug bekommen kann und am Ende nahezu alles verliert. Der Bezug zur heutigen Wirklichkeit an den Finanzmärkten wird dabei jedoch gar nicht thematisiert. Daher erschließt sich mir nicht, was der Film mit der heutigen Börsenlandschaft zu tun haben soll und inwieweit er einen Crash ankündigen sollte.
Einen weiteren gewaltigen Haken hat die Grafik zusätzlich noch: Der Film "Wallstreet: Geld schläft nicht" hatte seine Welturaufführung am 14. Mai 2010 auf dem Cannes Film Festival. In den Vereinigten Staaten kam er am 24. September in die Kinos, in Deutschland am 21. Oktober 2010. Zu diesem Zeitpunkt war der damalige Crash allerdings schon seit 18 Monaten Geschichte und die Aktienmärkte befanden sich schon wieder im Hausse-Modus.
Klar, in Klammern steht auch der Hinweis "filmed in". Doch der Pfeil deutet auf das Hoch in 2007 und die Verlustzahl - 48% sind damit, bewusst oder unbewusst, eindeutig irreführend. Woher diese Zahl stammt, ist mir auch nicht klar. Denn der S&P 500 verlor ab dem Top 2007 bis zum Tief in 2009 fast 58%. Die 48% Verlust können sich demnach also erst ab der Marke von ca. 1.300 Punkte beziehen, die noch im Januar, März, Juni und August 2008 kurzzeitig erreicht wurden. Was dieser Zeitraum wiederum mit dem Film zu tun haben soll, erschließt sich mir ebenfalls nicht.
Besser klappt es vom Timing her schon mit dem erwähnten Film "Boiler Room" (deutscher Titel: "Risiko - Der schnellste Weg zum Reichtum"). Dieser startete am 18. Februar 2000 in den US-Kinos. Sechs Wochen später wurde dann Ende März 2000 ein mehrjähriges Top am US-Aktienmarkt erreicht, das erst wieder im Juli 2007 zurückerobert wurde. Auch inhaltlich und vom Namen her passt der Film wie die Faust aufs Auge in die damalige Zeit. Jeder träumte damals vom schnellen Geld. Alles schien so einfach ...
Allerdings scheint mir vor dem Hintergrund der verhältnismäßig geringen Einspielergebnisse von ca. 27 Mio. US-Dollar die Reichweite beschränkt gewesen zu sein. Zum Vergleich: "Wallstreet" (1987) spielte 44 Mio. US-Dollar und "Wallstreet: Geld schläft nicht" 135 Mio. US-Dollar ein. Zum aktuellen Film liegen wohl noch keine Ergebnisse vor. Da aber alle bisherigen DiCaprio-Filme im Schnitt 344 Mio US-Dollar einspielten, dürfte "Der Wolf" die eben genannten Zahlen voraussichtlich wohl deutlich toppen.
Zu guter Letzt noch ein paar Worte zum Klassiker aus diesem Segment: "Wallstreet" von 1987. Auch hier impliziert die Grafik nach Erscheinen des Films einen Crash. Nun, wenn man nur kurz googelt und herausfindet, dass die breite Öffentlichkeit den Streifen erst ab dem 11. Dezember 1987 in den US-Kinos zu sehen bekam und man ebenfalls eine Suchmaschine betätigt, aus der man schlussendlich erfährt, dass der sog. "Black Monday" am 19. Oktober 1987 stattfand sowie das damalige signifikante Top des S&P 500 schon im August 1987 erreicht wurde, wird klar, dass die obige Grafik somit rein gar nichts taugt.
Übrigens, erinnern Sie sich noch an den Film "The Social Network" aus dem Jahre 2010? Damals wurde darin die Gründung und der schnelle Aufstieg von Facebook thematisiert und verarbeitet. Wenn es danach geht, hätte man diesen Kinofilm auch als Hype und Kontraindikator interpretieren können. Doch rückblickend ging der Aufstieg und die Verbreitung von Facebook ab diesem Zeitpunkt ja bekanntlich erst so richtig los.
Fazit: Die US-Aktienmärkte sind ohne Zweifel klar überkauft und auch heiß gelaufen. Lediglich ein Film in der gezeigten Grafik taugt vom Timing her als Crash-Indikator. Bei den beiden anderen wurde die Kausalität dann doch eher hingebogen und gehofft, dass es niemand bemerkt. Selbst wenn es in den nächsten Wochen einen Crash, also einen schnellen Kurseinbruch von ca. 20%, geben sollte, gäbe es jedoch damit keinen echten kausalen Zusammenhang mit "The Wolf of Wallstreet". Das wäre denn eher dem Zufall zuzuschreiben.
© Robert Schröder
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