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Goldkäufe der Notenbanken vermutlich auch 2014 auf niedrigerem Niveau

27.01.2014  |  Thorsten Proettel
Allmählicher Bedeutungsverlust von Goldreserven für Notenbanken im 20. Jahrhundert

Neben Devisen gehört Gold zu den klassischen Währungsreserven der Zentralbanken. Das ursprünglich zur Deckung von Banknoten verwendete Edelmetall wurde von den meisten Währungshütern seit der schrittweisen Hinwendung zu ungedecktem Papiergeld immerhin noch als eine Art Notgroschen angesehen.

Mit dem Ende des Kalten Krieges entschieden sich viele Staaten in Westeuropa und auch Kanada sowie Südafrika aber zur Reduzierung der Goldbestände. Mit den Erlösen sollten tatsächlich oder vermeintlich nutzbringendere Anlagen wie verzinsliche Staatsanleihen erworben werden.

Zu den noch vor wenigen Jahren aktiven Verkäufern gehörten beispielsweise Frankreich, die Schweiz, Schweden und der IWF. Diese größeren Verkaufsprogramme wurden Ende 2010 abgeschlossen. Derzeit veräußert praktisch nur noch die Deutsche Bundesbank regelmäßig Gold an das Finanzministerium zur Prägung der 100-Euro- und 20-Euro-Sammlermünzen. Da der Verkaufserlös als Teil des Bundesbankgewinns wiederum an das Finanzministerium abgeführt wird, ließe sich auch überspitzt formulieren, die Bundesbank verschenkt jährlich mehrere Tonnen Gold an die Regierung.

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Notenbanken der Schwellenländer kaufen Gold

Während der Finanzkrise begann sich der Einfluss der Notenbanken auf den Markt zu wandeln, da vermehrt Währungshüter der aufstrebenden Schwellenländer als Käufer auftraten. Der Saldo der Marktaktivitäten drehte sich deshalb. Von 1999 bis 2007 wurden in der Summe durchschnittlich 500 Tonnen Gold pro Jahr verkauft.

2009 betrugen die Verkäufe noch 34 Tonnen, 2010 wurden bereits 77 Tonnen per Saldo von den Notenbanken erworben und 2012 gab das World Gold Council Käufe in Höhe von 535 Tonnen an. Dies ist ein seit den 1960er Jahren nicht mehr erreichter Höchststand und die Menge entsprach immerhin 12% der gesamten physischen Goldnachfrage in diesem Jahr.

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Diversifizierung und Abkehr von USD und Euro

Sofern offiziell Motive für den Erwerb genannt wurden, äußerten die Notenbanker allgemeine Floskeln wie die Notwendigkeit zur Diversifizierung der Währungsreserven. Berichten über inoffizielle Äußerungen der Verantwortlichen ist jedoch zu entnehmen, dass vor allem eine Verunsicherung über die langfristige Werthaltigkeit der Reservewährung US-Dollar und auch des Euro eine Rolle spielt. Insofern verhalten sich einige Notenbankoffizielle in ihrer Allokation kaum anders als viele Privatanleger.


2013 ein Drittel weniger Goldkäufe

Der starke Rückgang des Goldpreises im vergangenen Jahr wirkte sich offenbar auch auf die Käufeder Notenbanken aus. Die Marktstatistiker von GFMS aus dem Haus des Medienkonzerns Thomson Reuters beziffern die Höhe der Erwerbungen im Jahr 2013 in ihrem jüngsten Bericht auf 369 Tonnen. Abzüglich der mit 10 Tonnen insgesamt eher geringfügigen Notenbankverkäufe wie denjenigen der Deutschen Bundesbank ergibt sich ein Saldo von 359 Tonnen. Dies wäre damit ein Rückgang um immerhin 34% gegenüber 2012.


Großer Teil der Käufe bleibt im Dunkeln

Als größten Goldkäufer des letzten Jahres nennt GFMS Russland mit einem Bestandsaufbau in Höhe von 57 Tonnen. Die Goldreserven der Moskauer Notenbank sind seit der Jahrtausendwende um rund 600 Tonnen angewachsen und bewegen sich derzeit mit gut 1.000 Tonnen in der gleichen Region wie die der Schweiz. Kasachstan werden Goldkäufe in Höhe von 24 Tonnen zugeschrieben und Südkorea 20 Tonnen.

Weitere kleinere Käufe wurden unter anderem von Aserbaidschan, Nepal und Sri Lanka getätigt, so dass sich Erwerbungen in Höhe von rund 140 Tonnen direkt einzelnen Notenbanken zuordnen lassen. Die Käufer der restlichen 225 Tonnen bleiben jedoch im Dunkeln, da GFMS aus Gründen der Geheimhaltung nähere Informationen nicht veröffentlichen kann oder darf.


Wird restliches Gold von China aufgekauft?

Ein denkbarer Kandidat mit mutmaßlich großem Goldappetit ist die People’s Bank of China. Sie betrachtet das Edelmetall als strategische Wertanlage, weshalb sie keine zeitnahen Informationen über Goldkäufe veröffentlicht und sogar gegenüber Organisationen wie dem Weltwährungsfond (IWF) im Zweifel veraltete Zahlen angibt. So überraschten die Chinesen im Frühjahr 2009 den Markt mit der knappen Botschaft, dass sie ihre Goldbestände seit 2003 um 454 Tonnen erhöht hätten.


Wiederanstieg 2014 unwahrscheinlich

Über die wahren Gründe für die Kaufzurückhaltung 2013 lässt sich natürlich nur spekulieren. Der Preisverfall dürfte aber dazu beigetragen haben. Anders als die meisten Privatanleger müssen sich die Mandatsträger der Notenbanken für ihr Handeln vor internen wie externen Gremien verantworten. Die Bekanntgabe eines Jahresfehlbetrages in Höhe von neun Milliarden Franken aufgrund von Buchverlusten bei Gold durch die Schweizer Notenbank vor zwei Wochen gibt hierfür ein gutes Beispiel ab. Solange sich der Goldpreis in einem Abwärtstrend befindet, dürften Währungshüter mit Goldaffinität deshalb entsprechend gehemmt agieren. Vor diesem Hintergrund rechnen wir nicht mit einem baldigen Anstieg der Notenbankkäufe. Der Einfluss dieses Marktfaktors auf den Preis dürfte dementsprechend gering bleiben.


Mehr Goldangebot als Nachfrage?

Spannend bleibt allerdings die Frage, ob die chinesische Notenbank derzeit tatsächlich auf dem Goldmarkt aktiv ist. Der Verdacht verdeckter Käufeist nicht ganz aus der Luft gegriffen, wie das folgende Zahlenbeispiel zeigt: Nach Angaben des World Gold Councils betrug der chinesische Bedarf an Schmuck- und Anlagegold in den ersten drei Quartalen des Jahres 2013 rund 780 Tonnen. Auf das Gesamtjahr hochgerechnet können demnach etwa 1.000 Tonnen als Nachfrage angenommen werden.

Die chinesischen Goldimporte via Hongkong betrugen von Januar bis November allerdings bereits 1.016 Tonnen. Mit den noch nicht veröffentlichten Daten für Dezember kann also ein Angebot von circa 1.100 Tonnen unterstellt werden. Hinzu kommen vermutlich Goldeinfuhren über andere Handelsdrehscheiben wie beispielsweise Shanghai, die jedoch keine Statistiken vorlegen. Außerdem muss die chinesische Goldförderung zum Angebot hinzuaddiert werden, die 2013 auf 437 Tonnen anstieg.

Von weiteren Marktfaktoren wie dem Goldrecycling und dem Bedarf der Industrie abgesehen, dürfte auf dem chinesischen Markt im letzten Jahr deshalb rund 50% mehr Gold verfügbar gewesen sein, als von privaten Akteuren gekauft wurde. Diese rechnerische Nachfragelücke muss irgendwie geschlossen worden sein.


© Thorsten Proettel
Commodity Analyst

Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart



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