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Weihnachtsrally und Gold?

07.12.2005  |  Jochen Steffens
Schwierig, schwierig, was der Markt da macht. Wir sind bei den Amis in einer brisanten Situation. Ein kleines neues Hoch im S&P gestern und dann der Abverkauf heute. So etwas gefällt mir nicht. Ich schätze, dass die Unsicherheit uns noch bis zur Fed Zinssitzung in der nächsten Woche begleiten wird.

Eine Zinserhöhung in den USA gilt als sicher, es wird also wieder auf die Worte von Greenspan ankommen. Greenspan hat sich letzte Woche sehr kritisch geäußert, die Investoren werden etwas besorgt sein, dass Old Greenspan auch nach der Zinnssitzung kritische Äußerungen einfließen lässt. Wichtiger wird jedoch für den mittelfristigen Verlauf, ob die Fed deutliche Hinweise geben wird, wann der Zinserhöhungszyklus endet.


Gedanken im Morgengrauen

Ob es Greenspan noch bis zum Ende seiner Amtszeit schaffen wird, den Dow auf ein neues Allzeithoch zu bringen? Dann wird Green Bernie als sein Nachfolger erst einmal die Zinsen unverändert lassen. Vielleicht wird er im Mai die Zinsen sogar einmal senken, um der Gefahr zu begegnen, dass die schwachen Sommermonate und der als Crashmonat berüchtigte Oktober, Auslöser des "typischen" Notenbank-Chefwechsel-Börsen-Crashs werden.

Eine solche Zinssenkung würde allerdings zu einer massiven Abwertung des Dollars führen. Denn spätestens dann rechnet jeder damit, dass Green Bernie nun seine "Ich inflationiere den Dollar-Strategie" starten wird. In der Presse tauchen Bilder auf: Ein Hubschrauber, auf dem in großen roten Lettern "FED" geschrieben steht, schwebt über New York und ein grün gekleideter Bernie wirft mit vollen Händen Dollars aufs geldgläubige Volk.

Derweil haussiert die Börse, denn die Aussicht auf "stark" sinkende Zinsen wird die Leute in die Aktien treiben.

Bernanke wird das zunächst noch amüsiert beobachten, doch mit weiter fallendem Dollar in eine leichte Panik verfallen. Denn wie heißt es so schön, ein Notenbankchefwechsel führt zu einem Crash in "irgendeiner Anlageart", warum also nicht im Dollar.

Dem will er nun entschieden begegnen, indem er die US-Zinsen wieder anhebt und etwas vom "stabilem Dollar" an die Presse gibt. Diese Zinserhöhung, dieses Hin und Her, wird nun den Markt vollends verwirren. Panikartig verkaufen die Anleger ihre Aktien. Die große Unsicherheit führt dazu, dass es kaum noch jemanden gibt, der Aktien kaufen will. Das führt dazu, dass wir im Herbst des Jahres 2006 einen mittleren Börsencrash erleben. Gut, ein Umstand, mit dem sich "Green" Bernie das "Old" verdienen kann, aber wir Anleger ...

Im Ernst, so dämlich kann er nicht sein! Oder vielleicht doch?

Auch wenn es etwas überzeichnet ist, ich will Ihnen damit nur die Gefahren aufzeigen, die der Notenbank-Chefwechsel mit sich bringen kann. Bernanke muss sehr geschickt agieren. Seine unbedachten Äußerungen zur Geldpresse und auch die Idee, notfalls Geld aus dem Hubschrauber zu schmeißen, sind in den Köpfen der Anleger noch vorhanden. Ich vermute, er wird tatsächlich die Zinsen länger unverändert lassen, um erst einmal Ruhe in den Markt zu bringen. Aber niemand kann im Moment einschätzen, was er wirklich für eine Geldpolitik praktizieren wird. Diese Unsicherheit gefällt mir nicht.

Es kommt entscheidend auf die Aussagen der Fed nächste Woche an. Diese werden entweder die viel beschrieene Weihnachtsrally einleiten, oder aber den Markt nach unten treiben. Diese "Gefahr" dürften auch den meisten Investoren bewusst sein und sollte die Märkte belasten. Steigt er vor der Zinsentscheidung trotzdem, wäre das sehr bullish zu werten, keine Frage.

Es bleibt damit dabei: Schafft der Dow die 11.000 Punkte nachhaltig, wird es bullish. Ansonsten kann es auch zu einer längeren Konsolidierung kommen, sprich die Weihnachtsrallye ausfallen.


Gold und Bill Bonner und Gold

Ich erhalte hin und wieder E-Mails, die meine "Angriffe" auf Bill Bonner kritisieren. Er habe schließlich doch Recht, zumindest was Gold anbetrifft. Meistens sind das Anleger, die selber in Gold investiert sind und sich aktuell über ihre Gewinne freuen. Da ich zurzeit sehr viele Anfragen zu Gold erhalte, folgende Informationen:

Wie Bill Bonner selber schreibt: Gold hat ein 18 Jahreshoch erreicht. Hört sich auf das erste Ohr doch ganz gut an. Aber es bedeutet leider auch: Gold hat, wenn man es vor 18 Jahren gekauft hätte, bisher keine Rendite abgeworfen. 18 Jahre lang hätte man Gold in Händen halten können und mit traurigen Blick auf die mehreren 100 % Rendite des S&P geworfen. Mehrere 100 % Rendite, die den Idioten fette Gewinne beschert haben, die damals nicht auf die Weltuntergangspropheten hörten und Aktien kauften. Und die Weltuntergangspropheten hatten nach dem Crash 1987 genauso Hochkonjunktur wie aktuell, mit zum Teil den gleichen Argumenten.

Selbst der Untergang des amerikanischen Imperiums wurde damals wie heute verkündet.


Gold ist keine schlechte Sache

Natürlich ist Gold im Moment in einem Bullenmarkt und kaufenswert, keine Frage. Da stimme ich mit Bill Bonner überein. Ich sehe das jedoch weniger im Zusammenhang mit Gold als Krisenwährung, sondern mit dem Bullenmarkt, in dem sich nahezu alle Rohstoffe befinden.

Man sollte zudem nicht vergessen, dass Gold einem sehr stabilen Zyklus unterworfen ist, wie ich hier schon oft betont habe. Die ersten beiden Quartale eines Jahres neigt Gold dazu, schlecht zu laufen, oder gar zu fallen, die zweiten beiden Quartale zeigt Gold Stärke, im letzten kommt es meistens zu einer kleinen Rally. Das hat mit der erhöhten Nachfrage durch einige indische Feiertage, den Ramandan und dem Weihnachtsgeschäft zu tun.

Diesen Effekt haben wir auch in diesem Jahr wieder erleben dürfen (mehr nicht). Warum sich Bill Bonner jeden Frühling erneut über die fallenden, bzw. stagnierenden Goldpreise wundert, darf mir ein Rätsel bleiben.

Der kluge Investor steigt also in Gold Ende des zweiten Quartals eines Jahres ein, wenn er einsteigen will und Ende des Jahres beziehungsweise Anfang des Jahres aus, sofern er verkaufen will. Meistens klappt das, natürlich nicht immer. Ich denke, damit habe ich die meisten Ihrer Fragen beantwortet. 2006 könnte dieser Effekt ein wenig verwässern, aus folgenden Gründen:


Gold steigt aufgrund gestiegener Öl und Metallpreise

Ein weiterer Umstand, warum Gold steigt, ist die Liberalisierung des Goldmarktes in China und die dadurch entstehende höhere Nachfrage. Doch wesentlich wichtiger erscheint mir folgender Umstand:

Ein letzter Punkt, den einige Goldbullen gerne übersehen, ist der steigende Öl und Metallpreis. Die Goldminen brauchen viel Energie und natürlich viel Metall zur Produktion von Gold. Im Moment ist es so, dass die gestiegenen Metall und Ölpreise die Goldproduktion derart verteuern, dass sich in vielen Goldminen die Goldproduktion bei dem aktuell vergleichsweise "niedrigem" Goldpreis kaum noch lohnt. Das führt dazu, dass die Goldproduktion aufgrund der dramatisch steigenden Öl und Metallpreise in den letzten Jahren dramatisch eingebrochen ist. Da die Nachfrage steigt, das Angebot sinkt, steigt auch der Goldpreis - das ist wohl das ursprünglichste aller marktwirtschaftlichen Ereignisse.

Mit anderen Worten, der steigende Goldpreis hat wenig mit "Krisen" oder seiner Eigenschaft als Ersatzwährung zu tun, sondern mit handfesten, nachvollziehbaren marktwirtschaftlichen Ursachen und ist unter anderem eine direkte Folge der Rohstoffrally. Mehr nicht. Darauf kann man kurz- bis mittelfristig spekulieren.

Bill Bonner empfiehlt Gold jedoch als "langfristige Anlage" gegen eine verfallende Papierwährung. Er begründet das wie folgt: Schließlich hat Gold seit Jahrtausenden seinen Wert behalten. Das hört sich auch ganz gut und richtig an. Doch der Umkehrschluss zeigt das wahre Gesicht dieser Aussage: Gold hat somit seit Jahrtausenden auch keine Rendite abgeworfen! Damit ist Gold perfekt als "Vermögenswahrung" geeignet, keine Frage - wenn man denn Vermögen hat. Nicht aber, wie Aktien, auf langfristige Sicht als Vermögensmehrung zu empfehlen.

Diesen Effekt der Vermögenswahrung erkennen Sie daran, dass Gold nun sein 18 Jahreshoch wieder erreicht hat (rechnet man hier allerdings noch die Inflation ein, hätte die Vermögenswahrung in den letzten 18 Jahren auch nicht so recht funktioniert, aber Gold wird das wahrscheinlich langfristig trotzdem wieder ausgleichen).

Kurz: Gold ist im Moment sicherlich interessant, achten Sie aber auf die Zyklik und steigen nicht unbedingt Ende des Jahres ein. In einem Depot macht eine Goldbeimischung sicherlich Sinn, aber abgesehen von der aktuellen Situation ist Gold langfristig kein Renditebringer.


© Jochen Steffens
Quelle: Auszug aus dem kostenlosen Newsletters "Investor's Daily"



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