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Warum das asiatische Jahrhundert auch gut für Gold ist

02.02.2014  |  Manfred Gburek
Wer China en miniature erleben will, braucht nicht weit zu reisen, sondern nur nach London zum dortigen Chinatown. In diesem Viertel kann man halb so teuer und doppelt so gut essen wie in den angrenzenden englischen Restaurants - ein Spiegelbild der geopolitischen Entwicklung: Die einen (Engländer) klammern sich an die Überbleibsel aus der Kolonialzeit, sind besonders stolz auf ihr Londoner Finanzzentrum, wo Investmentbanken mit Firmenbeteiligungen, Devisen, Anleihen, Derivaten und sonst noch was spielen. Haben die Börsenspieler Glück, kann das Essen mitsamt Champagner nicht teuer genug sein; haben sie dagegen Pech, können sie schnell arbeitslos werden, und in manchen Fällen wie zuletzt wieder endet das Spiel mit dem Tod.

Die anderen (Chinesen) streben nach vorn, sind fleißig, erobern mit allen erdenklichen Tricks die halbe Welt und sind auf dem besten Weg, in nicht allzu ferner Zeit die USA als Wirtschaftsmacht Nummer eins abzulösen. Das jetzige chinesische Neujahrsfest läutet das Jahr des Pferdes ein. Nomen est omen: Während die vielen Zweifler aus der westlichen Welt am Wachstum der chinesischen Volkswirtschaft in Höhe von aktuell 7,7 Prozent herummäkeln, weil es schon mal etwas höher war, und den Hang Seng- wie auch den Shanghai Composite-Index langweilig finden, steht für die Chinesen fest: Das Pferd bedeutet in ihrer Mythologie Geldsegen, und dementsprechend optimistisch gehen sie ihr jetzt beginnendes neues Jahr an. Um nur ein Beispiel zu nennen: Nachdem die Ausgabe neuer Aktien über Emissionen an den Börsen von Shanghai und Shenzhen 15 Monate lang verboten war, setzte es nach Aufhebung des Verbots allein im Januar nicht weniger als 36 Neuemissionen. Sie führten fast durchweg zu anfänglich hohen Kursgewinnen, die jedoch schnell wieder verpufften - nicht zuletzt ein Indiz für die Spielfreude der Chinesen.

Kenner der asiatischen Märkte haben bereits in den 90er Jahren weit vorausschauend die Zeit nach der Jahrtausendwende als das asiatische Jahrhundert bezeichnet. Damit zielten sie nicht allein auf China, sondern auch - mit Ausnahme Japans - auf so gut wie alle Länder im Mittleren und Fernen Osten. Allerdings mit der Einschränkung, es könne zwischendurch zu heftigen Währungsturbulenzen kommen. Und genau die beobachten wir jetzt wieder einmal: Neben dem argentinischen Peso, der türkischen Lira, dem russischen Rubel und weiteren Währungen sind auch die indische Rupie und die indonesische Rupiah in die Schusslinie der Spekulanten geraten.

Wiederholt sich damit die Asienkrise vom Sommer/Herbst 1997? Auf keinen Fall. Der Grund ist ganz einfach: In den fast 17 Jahren, die seitdem verstrichen sind, haben die betroffenen Länder viel dazugelernt. Um nur ein Beispiel zu nennen: Südkorea, seinerzeit besonders kräftig durcheinander gerüttelt, verfügt mit dem Won heute über eine Währung, die eher Aufwertungspotenzial besitzt. Man denke an Konzerne wie Hyundai, dessen Autos auch von deutschen Straßen nicht mehr wegzudenken sind, und erst recht an Samsung mit Smartphones, die sich einen harten Zweikampf mit Geräten von Apple liefern.

Gewiss, Indien und erst recht Indonesien sind längst nicht so weit. Aber was nicht ist, das kann ja noch werden, und zwar aus dem folgenden Grund: Während von der relativ guten Konjunktur in den westlichen Industrieländern bisher vor allem die USA und Deutschland profitiert haben und jetzt mit einiger Verspätung die schwachen Euroländer an die Reihe kommen, wird die Konjunktur von diesem Jahr an auch auf die asiatischen Länder abstrahlen. Selbst wenn man die Prognosen des Internationalen Währungsfonds nicht immer eins zu eins übernehmen, sondern nur als Indikatoren herbeiziehen sollte: Der indischen Volkswirtschaft werden von dieser Seite für 2014 5,1 Prozent Wachstum zugetraut, der indonesischen sogar eines von 5,5 Prozent.

Die großen Länder mit schwachen Währungen, auf die sich die Spekulanten einzuschießen versuchen (außer den gerade genannten noch Russland, die Türkei, Brasilien und Südafrika) verkörpern zusammen an die 15 Prozent der Weltwirtschaft, die USA, Japan, der Euroraum und Großbritannien dagegen weit mehr als das Doppelte, nämlich gut 41 Prozent. Das heißt, die westlichen Industrieländer einschließlich Japan können die genannten Länder mit schwachen Währungen allein schon von daher locker mit nach oben ziehen.

Das ist auch für Goldfans ein interessanter Aspekt und zeigt sich bereits ansatzweise in dem mit Unterbrechungen endlich wieder leicht nach oben gerichteten Goldpreis. Denn wie aus diversen Statistiken hervorgeht, bewegen sich gerade jetzt große Mengen des Edelmetalls aus den westlichen in östliche Länder. Nehmen wir doch nur die Türkei, deren Lira zuletzt erheblich an Wert eingebüßt hat. Niemand kann im Ernst glauben, die Bürger des Landes könnten zur Lira-Sparern erzogen werden. Im Gegenteil, sie haben ihre Währung während der vergangenen Monate hurtig in Gold, aber auch in Immobilien getauscht.

Die Pole Position, was Gold - aber auch Silber - betrifft, werden indes weiterhin China und Indien einnehmen. Wobei die Gründe recht unterschiedlich sind: China will seine Währung Renminbi, im täglichen Gebrauch Yuan genannt, mit Gold unterlegen, um sie eines Tages voll konvertibel zu machen. Hinzu kommt, dass Chinesen ihre Ersparnisse auch privat gern in Gold investieren. Bei den Indern sieht es anders aus: Bisher haben sie gern Gold gehortet, weil die Rupie im Trend an Wert verlor. Doch nach den Wahlen im kommenden Mai - und wenn die Währungsturbulenzen ein Ende haben - dürfte dieses Motiv einem anderen Platz machen: Goldkäufe dank guter Konjunktur (wie bereits erwähnt: 5,1 Prozent Wirtschaftswachstum).

Das Fazit aus allen hier angestellten Überlegungen: Das chinesische Wirtschaftswunder nach der Jahrtausendwende hat erst einen Vorgeschmack auf das asiatische Jahrhundert gegeben. China wird zwar die Lokomotive für die Konjunktur in Fernost bleiben, aber besonders Indien wird mächtig aufholen. Beschäftigen Sie sich also möglichst intensiv mit beiden Ländern und speziell mit ihren Börsen. Das soll zwar nicht heißen, sich von Dax, Dow Jones, Nikkei und Subindizes mitsamt all den in ihnen enthaltenen Aktien zu verabschieden, wohl aber mindestens den Hang Seng für China und den Sensex für Indien einschließlich der durch sie repräsentierten Aktien unter die Lupe zu nehmen. Und zwar so intensiv, dass Ihnen am Ende chinesische Aktien wie China Mobile oder Tencent Holdings und indische wie Reliance Industries oder Infosys mindestens so vertraut sind wie die meisten Dax-Werte.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).



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