China und Gold, ein Liebesverhältnis auf Zeit
16.02.2014 | Manfred Gburek
Heute vorab eine erfreuliche Beobachtung vom Goldmarkt: Der Preisanstieg ist so stetig, dass es sich weder um einen Zufall noch um eine kurzfristige charttechnische Reaktion handeln kann, sondern dass der Anstieg mit hoher Wahrscheinlichkeit auf gezielte Käufe von Großanlegern zurückgeht. Welche Motive diese Anleger haben, werden die Medien nach ihrer üblicherweise umständlichen Ursachenforschung zeitversetzt berichten und allerlei Interpretationen von sich geben. Aus heutiger Sicht ist für Sie als private Anleger vor allem eines entscheidend: Dass die charttechnischen Formationen von Gold und Silber sowie erst recht die der meisten Edelmetallaktien seit zwei Monaten wunderbare mittelfristige Wendemanöver zeigen. Lassen wir es zunächst bei dieser Interpretation bewenden.
Dennoch sei hier ein besonderer Aspekt hervorgehoben: Seit Wochen erfreuen Daten aus China die Goldanleger. Nun mag man nicht alle chinesischen Statistiken für bare Münze nehmen. Doch wenn das zuständige Department Hongkongs im Spiel ist, dann schon, weil es bisher recht zuverlässig gearbeitet hat. Demzufolge hat Festland-China allein im vergangenen Dezember über 126 Tonnen Gold aus Hongkong eingeführt. Rechnet man die Ausfuhr nach Hongkong dagegen, verbleiben per Saldo immerhin knapp 95 Tonnen. Noch imposanter sind die Daten für das ganze Jahr 2013: Da machte Chinas Einfuhr aus Hongkong gut 1496 Tonnen aus; nach Abzug der Ausfuhr nach Hongkong verblieben per Saldo über 1159 Tonnen.
Stammen Daten vom chinesischen Festland, empfiehlt es sich, vorsichtig mit ihnen umzugehen. Zum Beispiel gibt die dortige Zentralbank seit Jahren stereotyp nur einen Bestand von etwas über 1054 Tonnen an. Das entspräche nach aktuellem Stand, veröffentlicht vom internationalen Verband World Gold Council, nur einem mickrigen Anteil von 1,1 Prozent der Währungsreserven Chinas. Zum Vergleich: Der Anteil des offiziellen deutschen Goldes an den hiesigen Währungsreserven beträgt 66,1 Prozent, der des vergleichbaren amerikanischen Goldes sogar 70,2 Prozent.
Lässt man außen vor, über welche Kanäle und an welche chinesischen Adressaten das viele Gold geflossen ist, bleibt zumindest festzuhalten, dass das Land nach den verfügbaren Daten Indien als weltweit größten Importeur des Edelmetalls im vergangenen Jahr übertroffen hat und dass es auch als Goldproduzent zur weltweiten Nummer eins aufgestiegen ist.
Die Heimlichtuerei der Zentralbank schließlich ist allzu verständlich, denn viel spricht dafür, dass es nicht in ihrem Interesse gewesen sein kann, wenn sie als starker Käufer offen in Erscheinung getreten wäre: Der Goldpreis hätte dann schon viel eher Schwung nach oben genommen als um die letzte Jahreswende. Aber so, wie die Dinge gelaufen sind, dürften die Chinesen vor Freude gejubelt haben, als der Goldpreis im vergangenen Frühjahr und Sommer von interessierter Seite nach unten manipuliert wurde. Dadurch konnten sie das Edelmetall besonders preiswert einkaufen lassen.
Börsianer sind von chinesischen Aktien ziemlich enttäuscht, erkennbar an der im Vergleich zu den übrigen Börsen insgesamt mäßigen Kursentwicklung der Börsen in Hongkong, Shanghai und Shenzhen. Doch das beginnt sich jetzt zu ändern. Denn der Übergang von der stark durch den Export geprägten zur mehr am Binnenmarkt orientierten Wirtschaft verspricht zu gelingen. Man muss dieses Wirtschaftswunder mal daran messen, dass es in einem Riesenreich mit mehr als 1,3 Milliarden Einwohnern stattfindet, und das bei Wachstumsraten der Wirtschaftsleistung, die haushoch über denen in den USA und in Europa liegen. Zu den in diesem Kontext relevanten Daten nur so viel: Nach offiziellen Angaben der für Ex- und Import zuständigen Behörde führte China zuletzt im Jahresvergleich 10,6 Prozent mehr Waren aus und glatt 10 Prozent mehr Waren ein.
Die drei chinesischen Börsen reagierten darauf alles in allem nur mit einer leichten Erholung, mehr noch nicht. Das ist zum einen verständlich, weil in China allzu viele Schattenbanken (vor allem Kredithaie) ihr Unwesen treiben und faule Kredite zu einer großen Gefahr für die Börsen werden könnten. Zum anderen ist die verhaltene Börsenentwicklung zu verstehen, wenn man bedenkt, dass handverlesene ausländische Großanleger nur sehr eingeschränkt sogenannte A-Aktien kaufen dürfen, die in Shanghai und Shenzhen gehandelt werden. Immerhin, gemessen am umlaufenden Aktienkapital sind die dortigen Börsen etwa dreimal so groß wie die Börse in Hongkong, an der Ausländer H-Aktien ohne nennenswerte Einschränkungen handeln dürfen. Zusammen sind die beiden Börsen hinter New York und Tokio sogar bereits zur weltweiten Nummer drei aufgestiegen.
Nun kommt ein Clou: Nach Recherchen der Deutschen Bank haben die international führenden Anbieter von Indizes, MSCI und FTSE, Interesse an A-Aktien bekundet. Dazu die Deutschbanker: „Bei einer vollständigen Aufnahme der A-Aktien könnte sich die Gewichtung von China im MSCI Emerging Markets-Index von derzeit 18 auf nahezu 30 Prozent erhöhen.“ Und noch ein Clou: Aus derselben Quelle verlautet, dass die Ausländerquoten für A-Aktien um das Zehnfache erhöht werden sollen. Die Deutsche Bank ließ den Worten jedenfalls schon Taten folgen, indem sie mit der Wertpapier-Kennnummer DBX0NK einen Fonds auf ETF-Basis lancierte (Exchange Traded Fund = börsengehandelter Fonds), der A-Aktien handeln darf.
Vermutlich werden Sie sich jetzt fragen, welcher Zusammenhang zwischen Gold und chinesischen A-Aktien besteht. Dazu die folgende Überlegung: Geht man aus guten Gründen davon aus, dass China die eigene Währung Yuan (offiziell: Renminbi) im Lauf der nächsten Jahre voll konvertibel, also frei handelbar gestalten wird, ist die Yuan-Unterlegung mit Gold angebracht, weil sie international Vertrauen schafft. Wobei schwer vorherzusagen ist, wann genau die Zentralbank die Katze aus dem Sack lassen und so die wahre Größe ihres Goldschatzes offiziell bekanntgeben wird. Wenn sie gut beraten ist, wird sie damit erst einmal warten, um Gold auf Umwegen - und ohne sich als Käuferin zu outen - zu den immer noch relativ günstigen Preisen weiter kaufen zu lassen. Doch wenn die Liberalisierung der chinesischen Wirtschaft über die Yuan-Konvertibilität von der Zeit her noch nicht reif ist, muss sie eben anderswo forciert werden. Dafür bietet sich idealerweise die Öffnung der A-Aktien-Börsen Shanghai und Shenzhen für Ausländer an.
Das ist nicht nur für die Kurse der A-Aktien günstig, sondern bis auf Weiteres auch für den Goldpreis. Allerdings wird es ab einem bestimmten, heute noch nicht ermittelbaren Preisniveau zu stärkeren Preisschwankungen kommen. Bis dahin können zwei bis drei Jahre vergehen. Die ganze hier beschriebene Konstellation spricht auf jeden Fall für die alte Börsenregel: Gewinne laufen lassen. Das gilt für Gold, aber auch für Silber und Edelmetallaktien.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).
Dennoch sei hier ein besonderer Aspekt hervorgehoben: Seit Wochen erfreuen Daten aus China die Goldanleger. Nun mag man nicht alle chinesischen Statistiken für bare Münze nehmen. Doch wenn das zuständige Department Hongkongs im Spiel ist, dann schon, weil es bisher recht zuverlässig gearbeitet hat. Demzufolge hat Festland-China allein im vergangenen Dezember über 126 Tonnen Gold aus Hongkong eingeführt. Rechnet man die Ausfuhr nach Hongkong dagegen, verbleiben per Saldo immerhin knapp 95 Tonnen. Noch imposanter sind die Daten für das ganze Jahr 2013: Da machte Chinas Einfuhr aus Hongkong gut 1496 Tonnen aus; nach Abzug der Ausfuhr nach Hongkong verblieben per Saldo über 1159 Tonnen.
Stammen Daten vom chinesischen Festland, empfiehlt es sich, vorsichtig mit ihnen umzugehen. Zum Beispiel gibt die dortige Zentralbank seit Jahren stereotyp nur einen Bestand von etwas über 1054 Tonnen an. Das entspräche nach aktuellem Stand, veröffentlicht vom internationalen Verband World Gold Council, nur einem mickrigen Anteil von 1,1 Prozent der Währungsreserven Chinas. Zum Vergleich: Der Anteil des offiziellen deutschen Goldes an den hiesigen Währungsreserven beträgt 66,1 Prozent, der des vergleichbaren amerikanischen Goldes sogar 70,2 Prozent.
Lässt man außen vor, über welche Kanäle und an welche chinesischen Adressaten das viele Gold geflossen ist, bleibt zumindest festzuhalten, dass das Land nach den verfügbaren Daten Indien als weltweit größten Importeur des Edelmetalls im vergangenen Jahr übertroffen hat und dass es auch als Goldproduzent zur weltweiten Nummer eins aufgestiegen ist.
Die Heimlichtuerei der Zentralbank schließlich ist allzu verständlich, denn viel spricht dafür, dass es nicht in ihrem Interesse gewesen sein kann, wenn sie als starker Käufer offen in Erscheinung getreten wäre: Der Goldpreis hätte dann schon viel eher Schwung nach oben genommen als um die letzte Jahreswende. Aber so, wie die Dinge gelaufen sind, dürften die Chinesen vor Freude gejubelt haben, als der Goldpreis im vergangenen Frühjahr und Sommer von interessierter Seite nach unten manipuliert wurde. Dadurch konnten sie das Edelmetall besonders preiswert einkaufen lassen.
Börsianer sind von chinesischen Aktien ziemlich enttäuscht, erkennbar an der im Vergleich zu den übrigen Börsen insgesamt mäßigen Kursentwicklung der Börsen in Hongkong, Shanghai und Shenzhen. Doch das beginnt sich jetzt zu ändern. Denn der Übergang von der stark durch den Export geprägten zur mehr am Binnenmarkt orientierten Wirtschaft verspricht zu gelingen. Man muss dieses Wirtschaftswunder mal daran messen, dass es in einem Riesenreich mit mehr als 1,3 Milliarden Einwohnern stattfindet, und das bei Wachstumsraten der Wirtschaftsleistung, die haushoch über denen in den USA und in Europa liegen. Zu den in diesem Kontext relevanten Daten nur so viel: Nach offiziellen Angaben der für Ex- und Import zuständigen Behörde führte China zuletzt im Jahresvergleich 10,6 Prozent mehr Waren aus und glatt 10 Prozent mehr Waren ein.
Die drei chinesischen Börsen reagierten darauf alles in allem nur mit einer leichten Erholung, mehr noch nicht. Das ist zum einen verständlich, weil in China allzu viele Schattenbanken (vor allem Kredithaie) ihr Unwesen treiben und faule Kredite zu einer großen Gefahr für die Börsen werden könnten. Zum anderen ist die verhaltene Börsenentwicklung zu verstehen, wenn man bedenkt, dass handverlesene ausländische Großanleger nur sehr eingeschränkt sogenannte A-Aktien kaufen dürfen, die in Shanghai und Shenzhen gehandelt werden. Immerhin, gemessen am umlaufenden Aktienkapital sind die dortigen Börsen etwa dreimal so groß wie die Börse in Hongkong, an der Ausländer H-Aktien ohne nennenswerte Einschränkungen handeln dürfen. Zusammen sind die beiden Börsen hinter New York und Tokio sogar bereits zur weltweiten Nummer drei aufgestiegen.
Nun kommt ein Clou: Nach Recherchen der Deutschen Bank haben die international führenden Anbieter von Indizes, MSCI und FTSE, Interesse an A-Aktien bekundet. Dazu die Deutschbanker: „Bei einer vollständigen Aufnahme der A-Aktien könnte sich die Gewichtung von China im MSCI Emerging Markets-Index von derzeit 18 auf nahezu 30 Prozent erhöhen.“ Und noch ein Clou: Aus derselben Quelle verlautet, dass die Ausländerquoten für A-Aktien um das Zehnfache erhöht werden sollen. Die Deutsche Bank ließ den Worten jedenfalls schon Taten folgen, indem sie mit der Wertpapier-Kennnummer DBX0NK einen Fonds auf ETF-Basis lancierte (Exchange Traded Fund = börsengehandelter Fonds), der A-Aktien handeln darf.
Vermutlich werden Sie sich jetzt fragen, welcher Zusammenhang zwischen Gold und chinesischen A-Aktien besteht. Dazu die folgende Überlegung: Geht man aus guten Gründen davon aus, dass China die eigene Währung Yuan (offiziell: Renminbi) im Lauf der nächsten Jahre voll konvertibel, also frei handelbar gestalten wird, ist die Yuan-Unterlegung mit Gold angebracht, weil sie international Vertrauen schafft. Wobei schwer vorherzusagen ist, wann genau die Zentralbank die Katze aus dem Sack lassen und so die wahre Größe ihres Goldschatzes offiziell bekanntgeben wird. Wenn sie gut beraten ist, wird sie damit erst einmal warten, um Gold auf Umwegen - und ohne sich als Käuferin zu outen - zu den immer noch relativ günstigen Preisen weiter kaufen zu lassen. Doch wenn die Liberalisierung der chinesischen Wirtschaft über die Yuan-Konvertibilität von der Zeit her noch nicht reif ist, muss sie eben anderswo forciert werden. Dafür bietet sich idealerweise die Öffnung der A-Aktien-Börsen Shanghai und Shenzhen für Ausländer an.
Das ist nicht nur für die Kurse der A-Aktien günstig, sondern bis auf Weiteres auch für den Goldpreis. Allerdings wird es ab einem bestimmten, heute noch nicht ermittelbaren Preisniveau zu stärkeren Preisschwankungen kommen. Bis dahin können zwei bis drei Jahre vergehen. Die ganze hier beschriebene Konstellation spricht auf jeden Fall für die alte Börsenregel: Gewinne laufen lassen. Das gilt für Gold, aber auch für Silber und Edelmetallaktien.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).