Roland Baader und das "Gottspielertum"
23.02.2014 | Lars Schall
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Allerdings würde das Verhältnis Liberalismus-Christentum eine weitaus tiefergehende Auseinandersetzung verlangen, zumal die Hauptströmungen des Liberalismus mindesten ebenso viele Schattierungen aufweisen wie die unterschiedlichen christlichen Konfessionen. Der Verweis auf das Christentum, wie es Roland Baader tut, greift meines Erachtens zu kurz.Lars Schall: Baader hatte Schwierigkeiten mit dem Geldsystem. Welche, und vor allem: berechtigt?
Gregor Hochreiter: Als Vertreter der Österreichischen Schule hatte Roland Baader erhebliche Schwierigkeiten mit dem zeitgenössischen Geldsystem. Seine Hauptkritik, die sich allen voran aus den Arbeiten von Ludwig von Mises und Hayek nährt, richtet sich gegen die staatliche Papiergeldproduktion. Diese löst nicht nur den Konjunkturzyklus aus, sondern schafft im wahrsten Sinne des Wortes illusionären Scheinwohlstand, der sich jedoch über kurz oder lang wieder in Luft auflösen wird.
Zudem hat der Staat durch die Monopolisierung der Geldproduktion die Möglichkeit, sich exzessiv zu verschulden und gleichsam mit Luftgeld seine Macht zu sichern. Darüber hinaus steht für Baader die staatliche Geldproduktion im Widerspruch zu dem liberalen Grundprinzip, daß jeder Bürger frei über sein Eigentum verfügen dürfe. Das Verbot der Inumlaufbringung privaten Geldes ist mit diesem Grundprinzip jedenfalls nicht vereinbar.
Lars Schall: Was ist die Lösung nach Baader?
In seinem letzten veröffentlichten Werk "Geldsozialismus" bekräftigt er seine Auffassung, wonach die Entnationalisierung des Geldes und das "free banking" die beste Ausgestaltung eines freiheitlichen Währungssystems wäre. Mit anderen Worten: Die Geldproduktion sollte privatisiert werden und das Bankensystem nicht stärker reguliert werden als die übrigen Wirtschaftssektoren, wobei für Baader - ganz in der Tradition des Wirtschaftsliberalismus stehend - der Wettbewerb das Regulierungsinstrument schlechthin darstellt.
An anderer Stelle gesteht er allerdings ein, dass der von Hayek herrührende Vorschlag eines entnationalisierten Geldes noch nicht "fertig gedacht" ist. Vor einem staatlich fixierten Goldstandard hat Baader, trotz seines Faible für eine Goldwährung, hingegen gewarnt.
Lars Schall: Als Ökonom: sehen Sie das auch so?
Gregor Hochreiter: Meines Erachtens leidet dieser Ansatz an drei groben Mängeln. Erstens vertrete ich die These, dass Kapitalgesellschaften mit ihrer beschränkten Haftung und bei einer Publikums-AG noch dazu mit der zerstreuten Eigentümerschaft schwerlich mit der gerade auch vom Liberalismus hochgehaltenen persönlichen Verantwortung vereinbar sind. Damit würden aber jene alternativen Emissionshäuser fehlen, die Hayek und Baader vorschweben.
Zweitens ist es schwer vorstellbar, dass es einen dauerhaften Währungswettbewerb innerhalb eines Gebietes gibt. Geld als Netzwerkgut kann seine Vorteile umso besser ausspielen, je höher innerhalb eines Gebietes der Prozentsatz ist, der eine bestimmte Währung nutzt. D.h. selbst bei einem de jure Währungswettbewerb wäre es - von Übergangszeiten abgesehen - zu erwarten, daß es de facto nur einen dominierenden Währungsanbieter gibt.
Drittens, und diesem Punkt weise ich immer mehr Gewicht zu, übersieht Baader wie übrigens alle Austrians, dass die Geldmengenausweitung über den Kreditmarkt unabhängig davon, ob sich die geldemittierende Stelle in privater oder öffentlicher Hand befindet, notwendigerweise die gesamtgesellschaftliche Verschuldung erhöht. Diese systemimmanente Verschuldungsdynamik kann nur dadurch gebannt werden, dass zusätzliche Geldeinheiten im Regelfall wieder durch Ausgabe und nicht durch Leihe in den Geldumlauf gelangen.
Lars Schall: Was wünschen Sie dem Werk von Baader für die Zukunft?
Gregor Hochreiter: Einem Intellektuellen erweist man allen voran dadurch die Ehre, daß man sein Denken kritisch würdigt, d.h. Wahres bewahrt, Widersprüchliches behebt und Falsches aussondert. Daher wünsche ich mir, dass insbesondere die Besonderheiten im Denken Roland Baaders - die Frage nach der Geldordnung, das Verhältnis zwischen Christentum und Liberalismus, die Bedeutung der Familie für eine freie Gesellschaft, um nur einige zu nennen - ausführlich und mit der gebotenen Ruhe erörtert werden.
Geld, Gesellschaft, Zukunft - Roland Baader, Porträt eines unbequemen Freiheitsdenkers
Autor: Gregor Hochreiter
Verlag: Resch-Verlag
Paperback, 224 Seiten
ISBN: 978-3-935197-68-7
12,90 €
© Lars Schall