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Chinas Boom. Was, wenn er kippt?

03.03.2014  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
- Seite 2 -
Bekanntlich lässt sich der Zeitpunkt, wann ein "Boom" in einen "Bust" umkippt, ex ante nicht exakt bestimmen. Dazu spielen zu viele Faktoren eine Rolle; und richtig zu prognostizieren ist eine Gabe, keine Wissenschaft.

Der Blick auf die Häuserpreis-, Konjunktur- sowie die Kredit und Geldmengenentwicklungen könnte das Bild eines (um-)kippenden, bislang stark kreditgetriebenen Booms andeuten.

Eine zunehmende Zurückhaltung der Banken bei der Kreditvergabe - ausgelöst durch zum Beispiel Zweifeln am Fortgang des Booms - könnte bestehende konjunkturelle Abschwungtendenzen verstärken.

In einem solchen Szenario drohen dem Banken- und Finanzsystem mitunter erhebliche Verluste - insbesondere dann, wenn ein Häuserpreis-Boom tatsächlich in einen Bust umkippen sollte.

Allerdings sollten die (Kreditausfall-)Gefahren für das internationale Geld- und Kreditsystem, die von Problemen im chinesischen Banken- und Finanzsektor ausgehen könnten, vermutlich nicht überschätzt werden.

Erstens ist das chinesische Bank- und Kreditsystem nur wenig internationalisiert.

Chinesische Banken sind bislang keine international wirklich bedeutenden Kreditgeber und Akteure auf den Finanzmärkten.

Zweitens, und damit zusammenhängend, kann die chinesische Zentralbank (People‘s Bank of China (PBoC)) heimische Banken jederzeit und unbegrenzt in heimischer Währung zahlungsfähig halten. Sie besitzt unbeschränkte Macht über die Yuan-Geldmengenausweitung.

Die Fremdwährungsverbindlichkeiten beliefen sich, folgt man den zuletzt verfügbaren Zahlen, zwar auf etwa 800 Mrd. US-Dollar. China verfügt gleichzeitig über Fremdwährungsreserven von fast 4 Billionen US-Dollar.

Engpässe bei der Fremdwährungsfinanzierung sind wohl nicht allzu wahrscheinlich, der heimische Bankensektor kann damit zumindest rein rechnerisch mit Devisen (vor allem US-Dollar) versorgt werden.

Und drittens: Mittlerweile haben sich die großen Zentralbanken untereinander unbegrenzte Kreditlinien eingerichtet. Dadurch können Zahlungsausfälle von Banken in allen Währungen de facto vollends abgewendet werden.

Bereits am 10. Oktober 2013 hat die PBoC ein "Liquidität-Swap-Abkommen" mit der Europäischen Zentralbank für drei Jahre abgeschlossen (in Höhe von 350 Yuan beziehungsweise 45 Mrd. Euro).

So gesehen mögen Kreditausfallprobleme, die im heimischen Banken- und Fi-nanzapparat erwachsen könnten, "beherrschbar" sein; sie sollten nicht zu einer zentralen Störgröße für die internationalen Finanzmärkte werden.

Die Rückwirkungen der chinesischen Finanz- und Wirtschaftslage dürften daher vermutlich weniger stark über die Finanzmärkte, sondern insbesondere über die Güter- und Faktormärkte ablaufen.

Um einem heimischen Abschwung entgegenzuwirken, scheint die chinesische Zentralbank PBoC bereits eine Abwertung des Renminbi-Wechselkurses einzuleiten (siehe die linke Spalte).

Zwar lassen sich Anzeichen für eine Abschwächung des chinesischen Booms ausmachen. Die Datenlage (sowie man ihr Glauben schenken mag) scheint jedoch noch nicht so weit eingetrübt zu sein, dass sich auf einen unmittelbar bevorstehenden Bust schließen ließe.

Dabei ist jedoch zu beachten, dass China, wie alle anderen Volkswirtschaften auch, die sich auf das beliebig vermehrbare Papiergeld eingelassen haben, vor der altbekannten Problematik steht:

Wenn verhindert werden soll, dass ein Boom, der durch eine Ausweitung der Kredit- und Geldmengen angetrieben wurde, in einen Bust umschlägt, bedarf es immer tieferer Zinsen und immer mehr Kredit und Geld.

Vermutlich wird die PBoC bereit sein, bei einer drohenden starken Abschwächung der chinesischen Konjunktur mitunter drastisch "gegenzusteuern", etwa mit Zinssenkungen und Geldmengenausweitungen.

So gesehen könnten sich die Ungleichgewichte, für die ein Kreditgeldboom unweigerlich sorgt, erst noch weiter aufbauen, bevor eine wirkliche Korrektur und Bereinigung einsetzt.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



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