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Die Rede von Dr. Kurt Richebächer anlässlich der Edelmetallmesse in München

20.12.2005  |  Dr. Kurt Richebächer
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Die Tatsache ist nun, dass diese alternative Krediterzeugung weitergehen muss. Das bedeutet: ein Land mit einem Defizit braucht "billiges Geld". Man kann es auch so ausdrücken: ein Defizit entsteht durch "billiges Geld". Und dann reagiert die Federal Reserve mit dem Bestreben, mit "billigem Geld" die Einkommensverluste zu kompensieren. Natürlich ist das Resultat, dass das Handelsbilanzdefizit seitdem immer stärker wuchs und immer mehr Kredit benötigt wird, um die Verluste zu kompensieren.

Jetzt ist die Schlüsselfrage: wie schwach oder stark ist die amerikanische Wirtschaft? Ich denke an die Pressemeldungen zu den verschiedenen Zinserhöhungen. In diesen Pressemeldungen erklärt die FED, wie sie die wirtschaftliche Lage sieht. Sie sagt, dass wir vorübergehende, schwächende Einflüsse haben (das sind Hurrikans oder steigende Ölpreise - aber dies sind zeitlich begrenzte Einflüsse). Auf der anderen Seite sagt sie, dass wir noch immer eine gute Geldpolitik und ein robustes Wirtschaftswachstum haben und wenn wir an den Wiederaufbau der zerstörten Hurrikangegenden denken, dann wird die Wirtschaft stärker werden. Und das ist offensichtlich die allgemeine Erwartung in Amerika: die Wirtschaft ist stark und sie kann nur stärker werden wegen dem Aufbau der zerstörten Gegenden.

Nun gut, ich habe meine eigenen Berechnungen gemacht. Meine Meinung hierzu ist wie nachfolgend. Die letzten Zahlen, die mich zuletzt sehr interessierten, waren die Einzelhandelszahlen, die am Dienstag publiziert wurden. Diese sagten: - 0,1%. Zur gleichen Zeit wurde die Inflationsrate mit 4,3% veröffentlicht. Wenn Sie beide Zahlen zusammennehmen, dann haben Sie eine sinkende Zahl der Einzelhandelsverkäufe in realer Größe von - 0,5%. Aber der Aktienmarkt wertete es positiv, indem gesagt wurde: "Wir erwarteten - 0,7% und stattdessen haben wir - 0,1%, was bedeutet, dass die Wirtschaft besser ist, als erwartet." Wissen Sie, das ist ein Trick, der ständig gebraucht wird. Schlechte Nachrichten werden mit den Worten begraben: "Besser als erwartet." Sie können die schlimmsten Nachrichten so in die besten Nachrichten verwandeln.

Ich machte meine eigenen Berechnungen und war gespannt was passiert. Denn Tatsache ist, dass die Automobilverkäufe eingebrochen sind. Der Einbruch begann im August. Juli war ein starker Monat, aber die Verkäufe fielen stark im August und stärker im September und noch stärker im Oktober. Und ich rechnete weiter und die Zahlen sagen, dass die Konsumausgaben in diesen drei Monaten bis Oktober um eine annualisierte Rate von 7% fielen. Die Tatsache ist, dass das BEA (Bureau of Economic Analysis) jeden Monat sehr genaue Zahlen zu den Konsumentenausgaben herausgibt. Und ich benutze diese monatlichen Zahlen, welche unterschiedlich sind. Die Quartalszahlen sind Durchschnittszahlen. Sie vergleichen nur Durchschnitt zu Durchschnitt. Für mich ist es viel wichtiger, jeden Monat zu überprüfen. Und gemäß diesen Zahlen sind die Verbraucherausgaben während dieser drei Monate stark eingebrochen.

Meine Frage im Moment ist folgende: wird dieser Einbruch bei den Verbraucherausgaben anhalten oder nicht? Lassen Sie mich einige Bemerkungen zur gesamten Erholung machen. Diese Erholung wurde als der größte Erfolg und eine erfolgreiche Politik angepriesen. Tatsache ist, dass es die schwächste Erholung aller Zeiten in den USA war. Mit Abstand am schwächsten. In jedem einzelnen Bereich. Aber es gibt Unterschiede zu verschiedenen Bereichen. Ich beabsichtige zu erklären, woher dies kommt. Der Eindruck einer erfolgreichen Politik und einer erfolgreichen Erholung wurde dadurch erreicht, indem man die Zahlen mit Deutschland, Europa und Japan verglich. Sie sagen: "Schaut her, sie sind schwach, wir sind stark!"

Die Tatsache ist, dass es die schwächste Erholung aller Zeiten in den Vereinigten Staaten ist. Wenn Sie diesen Vergleich ziehen, müssen Sie auch in Betracht ziehen, dass Amerika den größten finanziellen und geldpolitischen Stimulus aller Zeiten hatte. Die Steuersenkungen betrugen 860 Mrd. Dollar von 2001 bis 2003. Die größte Steuersenkung aller Zeiten. Und darüber hinaus hatten sie eine Zinssenkung auf einen 1% Zinssatz innerhalb weniger Jahre. Trotz all dieser Stimuli hatten sie die schwächste Erholung aller Zeiten. Nein, wenn Sie alle unterschiedlichen Komponenten vergleichen, sehen Sie diese Katastrophe in zwei Bereichen. Der eine Bereich ist die Arbeitslosigkeit und der andere ist der Investmentbereich. Fakt ist, dass sie nicht mit der Erholung bis 2003 zufrieden waren. Und sie beschlossen, dass sie noch mehr tun müssen.

Sie senkten die Zinsen sehr schnell, von 6,5% auf 2% und dann später auf 1%. Und sie erwarteten, dass dies in Verbindung mit den Steuersenkungen die Erholung stimulieren würde. Aber es funktionierte nicht, die Arbeitslosigkeit stieg weiter. Im Jahr 2003 sahen sie es für notwendig an, weitere Maßnahmen zu ergreifen und sie entwickelten eine systematische Bubble-Politik. Sie erfanden die Bond-Blase: sie erklärten, dass wir Deflation haben und dass wir niedrigere Zinsen am langen Ende brauchen und sie versprachen den Investoren: "Wir werden diese niedrigen Zinsen für lange Zeit haben. Sie können auf das jährliche Wachstum in Ruhe vertrauen. Wir werden Sie nicht mit Zinserhöhungen überraschen."

Und tatsächlich hatten sie damit Erfolg, die Zinsen der langfristigen 10-jährigen Anleihen auf 3,1% zu drücken. Das war die niedrigste Rendite überhaupt und sie wurde durch ein ermutigendes Spiel mit der Zinsstrukturkurve erreicht. Zuerst schuf man die Kredit-Blase, dann die Hypothekenrefinanzierungs-Blase und dies führte zu einer Konsum-Blase. Seitdem kam das ganze Wirtschaftswachstum über den Konsum. Es bleibt festzuhalten, dass dies eine ungewöhnliche Entwicklung ist. Alles ist auf Blasen aufgebaut. Die Bond-Blase und die Carry Trade-Blase waren ursächlich für die Blase im Immobiliensektor. Eine Blase ist für die nächste Blase verantwortlich.

Und die Frage lautet nun: wie funktioniert dies jetzt weiter? Wenn man einen Vergleich mit der Vergangenheit zieht, muss man in Betracht ziehen, dass die amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler in den vergangenen Jahren große Änderungen bei der Messung der einzelnen Aggregate gemacht haben. Diese Änderungen fanden in jenen Aggregaten statt, die politische Zweckmäßigkeit haben. Sie veränderten die Inflationsrate. Es gab eine Kommission, die allerlei Veränderungen erfanden. Der Hauptansatz war: "Wir müssen die Qualitätssteigerungen in Preisrückgänge umrechnen." Preisrückgänge und auch Substitutionseffekte.

Mit sehr hohen Bedürfnissen wechselten die Amerikaner zu billigeren Produkten. Sie veränderten die komplette Struktur der Gegenstände im Index. Sie machten den Index flexibel. Konservative Schätzungen gehen davon aus, dass diese Veränderungen bei der Inflationsmessung 1,5% betragen, andere sehen eher 3%. Jim Willie hat heute jemanden zitiert, der von 3% spricht. Aber ich denke, wenn Sie dies von den Wachstumsraten abziehen, bleibt nichts über. Wenn Sie 3% Wachstum haben und eine Messdifferenz von 2 bis 3%, heißt das, dass es kein Wachstum gab. Und in der Tat denke ich, dass es kein Wachstum gibt. Dazu später mehr.

Zum anderen änderten sie die Messung der Arbeitslosigkeit. Vor seiner zweiten Wahl wollte Clinton niedrigere Arbeitslosenzahlen. Sie erfanden einfach eine andere Frage. Wissen Sie, die Amerikaner messen die Arbeitslosigkeit, indem sie jeden Monat ca. 50.000 Leute befragen: "Haben Sie Ihren Job verloren - sind Sie arbeitslos?" Und so weiter. Jetzt, haben sie eine andere Frage hinzugefügt welche lautet: „Haben Sie aktiv nach einem Job geschaut?" Das heißt: "Haben Sie eine Bewerbung für eine neue Arbeit geschrieben oder waren Sie bei einer Firma und haben Sie nach einer Arbeit gefragt?" Und wenn er "Ja" sagt, so ist er nicht länger arbeitslos. In der Tat gibt es natürlich viele Leute, die lange Zeit arbeitslos sind und die aufgegeben. Wenn sie aufgeben, sind sie nicht länger arbeitslos. Die Federal Reserve in Boston hat viele Berechnungen gemacht und diese veröffentlicht. Es gibt mehr als 5 Millionen dieser sogenannten "entmutigten Arbeiter". Wenn Sie diese in Amerikas Arbeitslosenquote mit einbeziehen, haben Sie eher 8 bis 9% als ausgewiesene 5%.

Zum anderen gibt es die Erwerbstätigen. Fakt ist, dass der Arbeitsmarkt in der Vergangenheit 21 Monate brauchte, um sich komplett von einer Rezession zu erholen. In den 1990er Jahren gab es eine Erholung ohne Schaffung von Arbeitsplätzen und diese Erholung dauerte 31 Monate. Die Leute waren schockiert, dass es so lange dauerte. Dieses mal waren es 46 Monate. In anderen Worten kann man sagen, dass in den vergangenen Zyklen der Arbeitsmarkt im privaten Sektor durchschnittlich um 8,6% gewachsen ist und dieses mal um nur 0,8%. Das Beschäftigungswachstum, welches vom Arbeitsamt gemessen wird, ist 1/10 des Durchschnitts der Vergangenheit.

Aber wenn Sie diese Zahlen nehmen, müssen Sie beachten, dass das Amt eine spezielle Messmethode hat, um Beschäftigung zu messen. Sie sagen: "Wenn wir eine Erholung haben, dann haben wir viel Beschäftigung, die wir nicht durch unsere Erhebungen messen können." Und sie haben eine Formel dafür. Eine Erholung schafft 900.000 Arbeitsplätze pro Jahr. Sie sagen dazu "Nettowertkennzahl". Es ist alles bis ins Detail erklärt, es ist kein Geheimnis. Und in dieser Erholung haben so 2 Millionen Menschen eine Arbeit durch dieses statistische Modell bekommen. Wenn Sie dies herausrechnen, haben die Amerikaner jetzt eine niedrigere Beschäftigungsquote als während der Rezession. Daraus resultiert, dass sie minimales Beschäftigungswachstum und minimales Lohnwachstum haben. Grundsätzlich kann man sagen, dass es für die amerikanische arbeitende Bevölkerung nie eine Erholung gab und wenn Sie die Inflationsrate in Betracht ziehen, dann sind die Einkommen der Arbeiter sogar Jahr um Jahr gefallen. Für diese Leute gab es also keine Erholung. Und ich würde sagen, es gab überall keine Erholung.

Wie bekommt man diese Differenzen? Der Betrug bei den Beschäftigungszahlen ist noch der geringste. Sie haben große Widersprüchlichkeiten. Das BIP zeigt großes Wachstum, der Arbeitsmarkt zeigt kein Wachstum. Wie kommt das? Nun, Fakt ist, dass die Amerikaner den größten Betrug bei den BIP-Zahlen haben und zudem eine Untertreibung der Inflationsrate.
Es macht einen großen Unterschied, ob Sie sagen, die Inflationsrate ist bei 1%, 2% oder bei 3%. Das erklärt alles. Im Fall der Beschäftigungszahlen gibt es auch diese Tricks, aber sie spielen nicht die gleiche Rolle. Ich würde persönlich sagen: der Schlüssel für das Messen von wirtschaftlicher Leistung ist das Einkommen der Leute.

Warum ist das so? Es ist die schwächste aller Erholungen, gemessen an mehreren Aggregaten. Es kommt darauf an, welche Aggregate Sie nehmen, aber milde gesagt war es eine Katastrophe oder einfach viel schlimmer als in der Vergangenheit. Zum anderen ist das Wachstumsschema komplett anders als in der Vergangenheit. In der Vergangenheit kamen Rezessionen aufgrund restriktiver Geldpolitik, welche auf die Inflationsraten reagierte und das verringerte die Investitionsausgaben im Immobiliensektor. Dieses mal gab es eine Abschwächung und es kam keine Verschärfung der Geldpolitik. Ich meine, es gab keine Einschränkung der Nachfrage. Die Investitionen brachen aus verschiedenen Gründen zusammen, die nichts mit restriktiver Geldpolitik zu tun haben. Die Kreditexpansion lief mit vollem Schwung im Jahr 2000, aber die Investitionen gingen so schnell wie noch nie zurück. Ich denke, dass diese unnatürliche Schwäche der Beginn war. Zur gleichen Zeit führte die drastische Lockerung der Geldpolitik zu höheren Ausgaben im Immobiliensektor und in Eurobonds.




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