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Eine wohlverdiente Ode an Platin

01.05.2014  |  Nadine Smeding
Die letzten Monate standen oft im Zeichen der aktuellen und besorgniserregenden wirtschaftlichen Entwicklungen in der Welt. Vielleicht zu oft - vielleicht aber auch nicht. Unsere Sorgen sind sehr groß: die zunehmende Unruhe in der Ukraine, die andauernde Währungskrise, der Dollar auf Glatteis, die wachsende Vertrauenskrise in den USA, die die Gefahr stark abfallender Märkte birgt, die Abkühlung der chinesischen Wirtschaft, die Abnahme des Geldwachsums in China und in Europa, der Deflationsspuk, ein zu starker Euro, die anstehenden Europawahlen und, ja, wir könnten noch eine Weile so fortfahren ...


Aber nun zu den Edelmetallen ...

Im Hinblick auf diese besorgniserregenden Entwicklungen hätten die Edelmetalle logischerweise schon seit langem die sprichwörtlichen Grenzen sprengen müssen ... Aber wir alle wissen ... nichts ist weniger wahr.


Wieso ein verbessertes Sentiment rundum die Edelmetalle?

Es ist noch nicht so lange her, dass in den Schlagzeilen vieler Zeitungen im ersten Quartal des Jahres vom wiedererwachten Interesse der Anleger an Rohstoffen die Rede war. Der UBS Commodity Index stieg um 7%, nachdem in den fünf Monaten davor noch von einer massenhaften Abwanderung die Rede war.

ETF Securities berichtete im ersten Quartal, dass Anleger mehr als 122,4 Milliarden $ in Rohstoffe angelegt hatten. Zum Vergleich, das ist etwa derselbe Betrag wie im ersten Quartal 2013 (das war noch in der Hochzeit des starken Verlusts 2013).

Nicht schlecht, sollte man eigentlich meinen. Und Silber, fährt ETF Securities weiter fröhlich fort, erlebte einen starken Zustrom, weil Anleger das Edelmetall einsetzen würden, um mit einem Hebel vom verbesserten Sentiment bei Gold und Platin zu profitieren. Außerdem wird Silber oft als eine hochwertige Beta-Version von Gold angesehen, sodass das anziehende Sentiment rundum den Goldpreis dafür sorgt, dass mehr Anleger Positionen in Silber aufbauen. Auch weil der Markt viel kleiner ist, profitiert der Silberpreis hier eher als der Goldpreis.

Der Zustrom an Goldprodukten ist vor allem die Folge der Tatsache, dass viele Anleger ihre allzu optimistischen Erwartungen in Bezug auf das Wirtschaftswachstum in den USA korrigiert haben und der Anstieg der Risiken weltweit (siehe Aufzählung am Anfang) erkannt wird, fährt ETF Securities weiter fort.

Das verbesserte Sentiment bei Edelmetallen, hören wir Sie fragen? Richtig, das augenscheinlich verbesserte Sentiment. Nun, so sieht es aus;


Warum Platin und Palladium jetzt sehr attraktiv sind

Von Gold und Silber ist derzeit viel häufiger die Rede. Platin gerät oft aus dem Blick, ganz zu Unrecht, denn gerade Platin hat einen eigenen Auftritt verdient. Platin und Palladium sind "ready to strike back", so ETF Securities. Die Streiks in Südafrika gehen inzwischen in die dreizehnte Woche und die Vorräte der großen Produzenten beginnen sich zu leeren. Vertragslieferungen stehen daher langsam unter Druck.

Und wie kommt es, dass die Preisrally bei Platin und Palladium bisher bescheiden geblieben ist? Das kann durch die großen Vorräte erklärt werden, die bisher für den Markt verfügbar waren. Mögliche Handelssanktionen gegen Russland und die anhaltenden Streiks in Südafrika werden die Preise für Platin und Palladium kurzfristig weiter in die Höhe treiben.

ETF Securities erwartet, dass die echte Rally beginnt, wenn einer der großen Produzenten seine Vertragsverpflichtungen nicht mehr erfüllen kann und im freien Markt einkaufen muss.


Sind das Spekulationen? Absolut! Ist das plausibel?

Ja klar, man braucht keine genialischen mathematischen Formeln, um das rundheraus zu bejahen. Die betroffenen Platinminen sind für 75% der weltweiten Platinproduktion gut. Und um noch einen Schritt weiterzugehen, das World Gold Council erwartet sogar, dass der Platinpreis in den kommenden Jahren um 70% steigen könnte.


Argumente mit Zahlen untermauert

Soweit die logische Argumentation dafür, dass Platin jetzt sehr interessant ist. Und nun die Zahlen. Gestern wurden nämlich die tatsächlichen Produktionszahlen des weltweit größten Platinproduzenten Anglo American veröffentlicht. Und wie erwartet, Anglo American gerät in die roten Zahlen, weil die Produktion von Platin im ersten Quartal des Jahres stark gesunken ist, um 39% auf 357.000 Feinunzen, um genau zu sein (im Vergleich zum selben Zeitraum im Vorjahr).

Außerdem hat Anglo mitgeteilt, dass die eigene Produktion dieses Jahr wegen der Streiks noch um weitere 13% geringer ausfallen wird und dass eine weitere Senkung möglich ist, da noch keine Vereinbarung mit den Gewerkschaften erzielt werden konnte. Das verspricht einiges für die Schürfresultate der beiden anderen großen Platinminen Impala Platinum Holdings (IMP) und Lonmin (LMI). Gut 75% der weltweiten Platinförderung entfallen mit Anglo auf diese Unternehmen. 

Der Streik wird sich nicht nur nachhaltig auf die Platinerzeugung auswirken, allein Lonmin verzeichnet einen täglichen Ausfall von 3.100 Feinunzen Platin pro Streiktag. Das entspricht einem finanziellen Verlust von ca. 4,5 Millionen $ (zum derzeitigen Kurs). Die Möglichkeit ist groß, dass die Streiks auch auf die Goldminen ausgedehnt werden. Die Behörden versuchen zurzeit alles, um dies zu vermeiden, aber weitere Unruhe kann nicht ausgeschlossen werden.


Die Nachfrage nach Platin steigt: Wie reagieren Sie darauf?

Und wie sieht es mit der Nachfrageseite aus? Inzwischen ist allgemein bekannt, dass die Nachfrage nach Platin aus der Industrie und die Nachfrage nach Platinschmuck jetzt (und in den nächsten Jahren) relativ stärker als das Angebot steigen. Weil Platin vor allem in Dieselkatalysatoren verwendet wird, haben die schwachen Aussichten und das geringe Wachstum bei den Autoverkäufen im Euroraum dafür gesorgt, dass der Preis 2012 und 2013 deutlich niedriger lag.

Eine internationale Untersuchung von KPMG über die Zukunft der Automobilbranche hat gezeigt, dass die Nachfrage nach Fahrzeugen in den Schwellenländern bis 2020 stark zunehmen wird. Zu diesem Zeitpunkt wird ein Drittel aller Neufahrzeuge weltweit chinesisch sein. Danach folgen die USA mit 17 Millionen, Indien mit 10 Millionen und Brasilien mit fast 6 Millionen Autos.

Ferner wird prognostiziert, dass auch die europäische Autoindustrie sich in den nächsten Jahren wieder von ihrer Schwäche erholen wird, wovon Platin nochmals profitieren wird. China hat kürzlich angekündigt, die Luftverschmutzung massiv zurückdrängen zu wollen, wobei Katalysatoren eine entscheidende Rolle spielen werden.

Wir können schlussfolgern, dass die relativ niedrigen Edelmetallpreise zurzeit wenig Freude hervorrufen. Aber nach Betrachtung aller wirtschaftlichen Risiken, die gerade in jedem Winkel lauern und der immer größer werdenden Unterschiede zwischen Nachfrage und Angebot können wir nur zu dem Schluss kommen, dass wir uns über diese Preise freuen sollten. Freuen darüber, dass wir unsere Positionen ausbauen können. Die steigenden Kurse werden vielleicht schneller kommen, als uns lieb ist.


© Nadine Smeding
Rohstoff-Analystin, www.goldrepublic.de



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