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Kommen jetzt harte Zeiten für den US-Dollar?

07.01.2006  |  Dr. Dietmar Siebholz
Seit Monaten versuchen Analysten, die Frage zu beantworten, ob es sich bei der seit Ende Dezember 2004 stattfindenden Aufwärtsentwicklung des Dollars gegenüber dem Euro nun um eine Zwischenreaktion in einem langen Baissemarkt oder um eine sich neu entwickelnde Hausse des Dollars handelt. Jede Partei hat ihre Argumente, die wirtschaftlich bedeutenderen sind meiner Meinung nach die, bei denen auf die hohen Defizite des Dollarraums und auf die Tatsache hingewiesen wird, dass sich diese tendenziell noch verstärken und so kaum eine Hoffnung auf Verminderung dieser Defizite zulassen.

Nur zur Vervollständigung der Argumentation sei angemerkt, dass die Haussepartei auf die große wirtschaftliche und militärische Stärke der USA verweist und erwartet, dass die Regierung der USA einer Demontage des US-Dollars nicht tatenlos zusehen wird. Nach Überzeugung vieler Beobachter war eines der wichtigsten Ziele der US-Regierung in der Vergangenheit der Erhalt des Status als Welt-Reserve-Währung, weil dieser Status der USA die Möglichkeit verlieh, ohne Rücksicht auf den inneren Wert des US-Dollars Wirtschafts- und Finanzpolitik zu betreiben. Wer wollte schon gegen die Welt-Reserve-Währung argumentieren?

So wurde in Schwäche-Perioden (= Kriegsführung der USA, 2. Weltkrieg + Korea + Vietnam + Afghanistan + Irak) besonders darauf geachtet, dass niemand an der "Strong-Dollar-Policy" Zweifel hatte. Abweichler wie Saddam Hussein, der in seiner Ölabrechnung vom Dollar auf dem EURO umstieg, mussten dies als erste spüren.

Noch ist selbst von der GATA oder von anderen Contrarians am Finanzmarkt aus nie die Meinung vertreten worden, die US-Regierung habe auch ihre eigenen Goldreserven "verflüssigt"; ein derartiges Zugeständnis würde dann aber einen mentalen Erdrutsch auslösen, weil es den Beweis erbringen würde, dass die US-Repräsentanten diese Strong-Dollar-Policy nur verbal nicht aber faktisch durch nachvollziehbare Maßnahmen vertreten.

Hier wäre mehr Aufklärungsarbeit erforderlich; denn es ist bislang noch immer ungeklärt, warum in der USA-Bilanz nach anerkannten Bilanzierungs-Richtlinien ("GAAP"), die seit Jahren von den USBehörden nach einem Beschluss des Kongresses erstellt wird, auf der Passivseite (also als Verbindlichkeiten) die Position "Gold Liabilities" erscheint, also eine Verbindlichkeit in Gold, quasi ein Ausgleichsposten zu den auf der Aktivseite aufgeführten "Gold Bullion", also den sattsam bekannten Gold-Beständen.

Darauf müssten sich die US-Partner konzentrieren; wenn es keine Erklärungen für diese Bilanzposition gibt, müsste dies nachhaltig hinterfragt werden. Fest steht: Bürokraten sind weltweit lästig, unproduktiv, komplizierend, aber bislang immer einer klaren Sacharbeit zugewandt. Ich bin nun wahrlich nicht ein Freund von Bürokraten, aber ohne diese wäre auch eine andere von der Politik vollzogene Maßnahme unentdeckt geblieben, und das war die "Umbenennung" von Gold-Reserven in der Bilanz zum 30.09.1999 bei der Lagerstätte West Point (New York), als die dort bislang unter "Gold Bullion" geführten Bestände auf einmal nach Eintritt eines neuen Direktors urplötzlich in "Custodian Gold") (= "Treuhand-Gold", somit ein für Dritte verwahrter Goldbestand) umgewandelt wurden. Als dann Mitglieder der GATA diese völlig überraschende Umbenennung der Goldbarren entdeckten und Fragen stellten, wurde eine erneute Wende vollzogen: Man benannte diese Goldbarren auf einmal mit "Deep Storage Gold", eine Bezeichnung, die noch niemand auf ihren wahren Gehalt überprüfen konnte. Sie sagt nichts über die Eigentumsverhältnisse aus wie "US-Gold-Bullion" (Eigentümer: die USA) oder "Custodian Gold" (Eigentümer: Nicht mehr die USA, aber ein unbenannter Dritter).

Was wäre wenn die Auffassung von James Turk (einem GATA-Aktivisten) stimmen sollte, dass das US-Gold überwiegend über SWAPS an Dritte übertragen wurde? Das wäre ein schlagkräftiger Beweis für die Tatsache, dass die US-Regierung schon lange den Weg der "Strong-Dollar-Policy" verlassen hat und diese behauptete Politik nur noch zum Schein aufrecht erhält, damit die Welt die Unmengen an gedruckten, aber nicht verdienten Dollars zur Bezahlung von US-Schulden akzeptiert.

Wie lange die Welt dieser Vernichtung von Spareinlagen der sonstigen Weltbevölkerung zugunsten der (über Verschuldung der USA und ihrer Bürger finanzierten) Konsumwut der US-Bürger zusehen will, bleibt abzuwarten. Es wird wohl so sein, dass die Hauptleidtragenden (also die EU, Kanada, China und deren asiatischen Zulieferer) versuchen werden, Ersatz für ihre Exporte aus anderen Märkten zu generieren und erst dann eine striktere Politik gegenüber den USA einschlagen werden.

Welche Zeitachsen sind vor einem derartigen Paradigmenwechsel (kontra US-Dollar d.h. kontra USA) zu beachten? Im Frühjahr wird die Entscheidung fallen, ob und ab wann der Iran seine angekündigte Ölbörse, die dann in EURO und nicht mehr in US-Dollars abrechnen wird, startet. Klarheit über die Eröffnung dieser Börse wird die nahe Zukunft bringen; der geplante Beginn der Börse in Teheran ist ja nicht mehr weit entfernt.

Eine weitere wichtige Zäsur wird dann zusätzlich eintreten, wenn klargestellt ist, dass das US-Gesetz, das US-Unternehmen bis zum 31.12.2005 die Möglichkeit bot, für eine Pauschalsteuer von 3,5% Gewinne in die USA zu transferieren (und damit von Fremdwährungen in US-Dollars umzutauschen) nun aus der Not heraus über den bisher festgelegten Zeitrahmen vom 31.12.2005 hinaus verlängert wird oder nicht. Man schätzt die Auswirkungen dieses Gesetzes in 2005 auf dem Devisenmarkt auf mindestens 250 Mrd. US$. Wenn diese Stütze des Dollars im Jahre 2006 entweder durch Ablauf der Wirkung des Gesetzes oder schlicht mangels zu transferierender Gewinne ausfällt, kommt weiterer Druck auf den Dollar hinzu.


Fazit

Wir werden es wahrscheinlich bis Ende April 2006 wissen, ob die Iraner tatsächlich ihre EURO-Öl-Börse eröffnen (oder vorher durch militärische Aktionen der USA daran gehindert werden), ob die Gewinnrepatriierung mit der Gewährung von Steuervorteilen fortgeführt wird und dann weitere Gewinne in den Dollarraum zur Stützung des US-Dollars rücküberwiesen werden und ob die Exportüberschussländer nun eine andere Währungsreservenpolitik als in den Jahren 2002 bis 2005 betreiben.

Als besonders schwerwiegend würde ein Beweis für die fehlende Nachhaltigkeit der verbalen Unterstützung der "Strong-Dollar-Policy" gewertet werden, wenn es sich herausstellt, dass über die US-Gold-Bestände längst disponiert wurde. Damit wäre ein noch ungelöstes Rätsel (nämlich der Ausweis von Gold-Verbindlichkeiten in der US-Bilanz nach GAAP) erläutert. Mit diesem Eingeständnis würde aber ein weltweites Umdenken bezüglich der "Strong-Dollar-Policy" der US-Regierung erfolgen müssen; die Stellung des US-Dollars wäre dann nur noch gestützt durch die (auf Schulderhöhungen basierende) Wirtschaftskraft der USA und ihres militärischen Durchsetzungspotentials. Das Jahr 2006 wird nach meiner Einschätzung in seinem Verlauf eine Entscheidung bringen.


© Dietmar Siebholz







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