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Shanghais Goldbörse möchte Edelmetallhandelsplatz London den Rang ablaufen

29.05.2014  |  Thorsten Proettel
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Krise in Thailand bremst lokalen Goldbedarf

In der Summe sprechen die verschiedenen Faktoren aber für eine Fortsetzung der Goldpreisschwäche. Die in der zweiten Jahreshälfte möglicherweise wieder höheren indischen Goldimporte, die zu großen Teilen nur den Schmuggel ersetzten dürften, könnten zwar die schwächere Nachfrage in China ausgleichen helfen. Für ein Anziehen der Notierungen wäre aber ein deutliches Nachfrageplus notwendig, das angesichts der sich immer mehr vom Krisenmodus entfernenden Weltwirtschaft derzeit nicht in Sicht ist. Hinzu kommt ein Rückgang der Goldnachfrage in einem ansonsten wenig beachteten Käuferland.

Thailand kam im vergangenen Jahr auf einen Goldbedarf von mehr als 120 Tonnen und spielt damit ungefähr in der gleichen Liga wie Deutschland. Die Krise in dem ostasiatischen Land bremst seit Wochen die Kauflaune und eine Normalisierung der Verhältnisse ist trotz beziehungsweise aufgrund des Militärputsches von letzter Woche noch nicht eingetreten. Gemäß World Gold Council brach die thailändische Goldnachfrage im 1. Quartal 2014 um 56 % gegenüber dem Vorjahresquartal ein.


Gefahr der Fehlallokation steigt

Trotz dieser Entwicklungen sollte Gold als Vermögensanlage nicht abgeschrieben werden. Vor dem Hintergrund der in Europa eingeschlagenen geldpolitischen Richtung bleibt das Edelmetall durch seine Eigenschaft als nicht-inflationierbarer, mobiler Sachwert weiterhin attraktiv. Die vermutlich Anfang Juni anstehende erneute Leitzinssenkung der EZB dürfte realwirtschaftlich kaum positive Effekte hervorrufen. Auf der anderen Seite erhöht sie aber die Gefahr von Fehlallokationen. Unter diesem Stichwort verstehen Volkswirte Investitionen,
die aufgrund des niedrigen Zinssatzes oder anderer verzerrter Rahmenbedingungen getätigt werden und die sich unter normalen Umständen als nicht nachhaltig erweisen.

Beispielhaft hierfür stehen die Anleihen von Peripheriestaaten der Eurozone und von Unternehmen mit eingeschränkter Bonität. Auf der Suche nach dem letzten Basispunkt Rendite im Niedrigzinsumfeld treiben vor allem institutionelle Anleger deren Kurse nach oben. Der Frage, ob die spiegelbildlich sinkenden Renditen der Papiere das eingegangene Risiko adäquat entlohnen, wird oftmals nicht mehr nachgegangen. Die bewusste Ausblendung der Gefahren erhöht jedoch die Anfälligkeit des Finanzsystems für neue Krisen. Ähnliche Probleme könnten langfristig auch im Immobiliensektor drohen, obgleich Beobachter mit Blick auf den deutschen Gesamtmarkt bislang keine Übertreibungen ausgemacht haben wollen.


London auf der Suche nach neuem Handelsritual

Edelmetallhändler in London stehen derweil vor ganz anderen Schwierigkeiten. Die Entscheidung der Deutschen Bank zum Ausstieg aus dem Silber- und Goldpreisfixing entfachte eine Dynamik, die an den Fundamenten des Handelsplatzes rüttelt. Wie an dieser Stelle berichtet, wäre vor allem die weitere Durchführung des Silberfixings fraglich gewesen, da ohne die Deutsche Bank nur noch die HSBC und die Bank of Nova Scotia den Preis unter sich hätten ausmachen müssen.

Die für die tägliche Wertfindung rechtlich verantwortliche London Silver Market Fixing Limited kündigte deshalb die Einstellung des Rituals zum 14. August an. Bis dahin bleibt die Deutsche Bank in dem Dreiergremium vertreten und in London hat hinter den Kulissen eine heftige Diskussion unter Banken, Edelmetallhändlern und -verarbeitern über die Zukunft begonnen. Die Notwendigkeit eines täglichen, volumenstarken und allgemein akzeptierten Handelsrituals steht dabei außer Frage. Vor allem Fondsgesellschaften und die Emittenten von Derivaten brauchen zwingend einen Referenzwert, zu dem sie ihre Geschäfte abrechnen können.


26 Millionen Pfund Strafe für Goldpreismanipulation

Eine Reform des Goldfixings steht offiziell zwar nicht auf der Agenda. Aber sie wäre nach dem jüngst bestätigten Manipulationsfall eine Überlegung wert. Der Chef-Edelmetallhändler der britischen Großbank Barclays, Daniel James Plunkett, hat den Fixingpreis vom 28. Juni 2012 durch Absprachen mit anderen Teilnehmern nach unten gedrückt. Sein Ziel war es, eine Zahlung der Bank in Höhe von 3,9 Mio. USD an einen Kunden aus einem Optionsgeschäft zu vermeiden, die ansonsten fällig geworden wäre.

Das Delikate an dem Fall ist unter anderem der Termin, da Plunketts Arbeitgeber nur einen Tag zuvor eine Strafe in Höhe von 450 Mio. USD für die Manipulation der Referenzzinssätze Libor und Eurobor auferlegt bekam. Für die Goldpreismanipulation muss Barcalys nun 26 Mio. Pfund an die britische Financial Conduct Authority (FCA) zahlen. Die FCA verpflichtete daneben Punkett zur Begleichung einer Geldstrafe in Höhe von 95.600 Pfund.


Shanghai eröffnet internationale Handelsplattform

Möglicherweise nutzt die Goldbörse in Shanghai die Gunst der Stunde. Nach unbestätigten Berichten ist für das vierte Quartal die Eröffnung einer Handelsplattform für international tätige Marktteilnehmer geplant, die den bisherigen Handel für Inländer ergänzen soll. In der Diskussion sind Kontrakte über 100 Gramm, 1 Kilogramm und „LBMA good delivery“-Barren über 400 Unzen zur sofortigen Lieferung sowie Terminkontrakte. Einem umfassenden Interesse durch ausländische Banken dürfte die bislang eingeschränkte Konvertibilität des Yuan entgegenstehen. Aber perspektivisch könnten sich die Gewichte in der Edelmetallwelt bald in Richtung Osten verlagern.


© Thorsten Proettel
Commodity Analyst

Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart



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