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Ein Blick hinter die Kulissen des Bankgeschäfts

15.06.2014  |  Manfred Gburek
Geht es um Geld, ist den Deutschen die Sicherheit besonders wichtig. Anleihen verheißen Sicherheit, weil sie in der Regel einen festen Zins bieten. Also haben deutsche Anleger diese Papiere während der vergangenen drei bis vier Jahre favorisiert. Und weil Anleihen von Unternehmen höhere Zinsen geboten haben als die des Bundes, sind sie zu Favoriten der Anleger geworden. Immerhin liegt ihre Rendite mit 3 bis 3,5 Prozent bei Laufzeiten von sieben bis zehn Jahren laut Bundesbank etwa doppelt so hoch wie die Rendite entsprechender Bundesanleihen.

Aber warum hat das Manager Magazin in seiner Juni-Ausgabe einen Artikel über sie dann mit der Überschrift "Neuer Markt II" versehen, so, als würde die Spielerbörse aus der Jahrtausendwende kurz vor einem Comeback stehen? Zugegeben, die Überschrift bezieht sich im vorliegenden Fall auf Problemanleihen, zum Beispiel von weit bekannten, doch angeschlagenen Unternehmen mit klangvollen Namen wie Underberg, Valensina oder Zamek.

Doch es erscheint ganz und gar nicht abwegig, Unternehmensanleihen einem Generalverdacht auszusetzen, besonders solche, deren Börsenumsätze mau sind und vielleicht nur zwei bis drei Mal im Monat stattfinden, wenn Emittenten einen hohen Zins bieten müssen, um Anlegergeld anzuziehen, und wenn Banken auf dem Umweg über Anleihen ihre Problemkredite loszuwerden versuchen. Zumal ein Rating, also die Einstufung in Risikoklassen, umso problematischer ist, je mehr es in die Niederungen des Mittelstands geht.

Vergleicht man deutsche Unternehmensanleihen mit deutschen Aktien, so ist - bei aller Differenzierung der Unternehmen nach Branchen, nach Gewinnmargen und Risikoklassen - eines doch besonders bemerkenswert: Dass ihre Renditen sich im Großen und Ganzen auf demselben Niveau befinden. Wie ist so etwas möglich, da Anleihen im Gegensatz zu Aktien keine Substanz verkörpern, ihre Kurse ebenfalls schwanken und das Ausfallrisiko in der Regel mit der Höhe der versprochenen Zinsen steigt?

Es wäre zwar zu einfach, das Ganze nur auf den eingangs erwähnten Aspekt der Scheinsicherheit zurückzuführen, aber dass dieser Aspekt bei der hier gestellten Frage eine besondere Rolle spielt, wird wohl niemand anzweifeln. Den meisten Deutschen sind schwankende Kurse nun mal ein Gräuel; und solange sie Anleihen in erster Linie mit dem Ziel kaufen, sie bis zur Tilgung zu behalten, schenken sie den vorübergehenden Kursschwankungen und der unzureichenden Liquidierbarkeit einfach zu wenig Aufmerksamkeit - ein fataler Fehler. Denn was hat jemand von einem substanzlosen Schuldtitel, dessen abschließender Wert davon abhängt, dass ein Unternehmen seine Schulden auch wirklich tilgen kann? Wahrscheinlich ähnliche Kopfschmerzen wie von einer Aktie, deren Kurs täglich munter hin und her schwankt.

Hat das Manager Magazin also recht, wenn es "Neuer Markt II" titelt? Im Zweifel ja. Versetzen wir uns doch einfach in die Rolle der Banken, die gewisse Parallelen erkennen lässt: In den Jahren 1998 bis 2000 jubelten sie den Anlegern allen erdenklichen Aktienschrott unter, von EM.TV bis Pixelpark, von Gigabell bis Ision, von Comroad bis Metabox.

Und seit dem Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2007 wetteifern sie darin, ihre Bilanzen um Kredite zu bereinigen, die zwar noch ganz ordentliche Margen abwerfen, aber beim nächsten Banken-Härtetest als unzureichend abgesichert durchfallen würden. Was liegt für Banken also näher, als solche Kredite in Unternehmensanleihen umzuwandeln, ihnen ein Schleifchen in Form von scheinbar lukrativen Zinsen umzubinden und sie dann in die Depots gutgläubiger Kunden zu packen? Bei einer solchen Art des Geschäfts liegt für sie nichts näher.

Ein Ereignis könnte diesem Garaus allerdings schnell ein Ende bereiten: ein sogenannter Betriebsunfall im Finanzsektor. Er wäre beispielsweise möglich, falls die Transformation von Krediten zu Unternehmensanleihen ins Stocken geriete. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist ziemlich hoch, weil die klassischen Abnehmer von Anleihen, Großanleger und Family Offices (altes Geld bzw. konservative Geldverwalter), den meisten Banken zunehmend misstrauen und entweder nur noch auf die Vermögensverwaltung spezialisierte Institute oder seriöse private Vermögensverwalter mit Mandaten betrauen.

Während es früher üblich war, dass Banken ihren Aktien- und Anleihenschrott auf eigene - im schlimmsten Fall sogar auf eigens dazu gegründete - Fonds abluden, ist diese Unsitte heute weitgehend verpönt, weil der internationale Wettbewerb unter Fonds so etwas kaum noch zulässt. Dafür hat sich indes eine andere Unsitte immer mehr ausgebreitet: der Wettbewerb um das beste Ergebnis, und zwar auf Sicht von einem Jahr, von zwei oder drei Jahren, wenn es hoch kommt, auch auf fünf, aber viel weniger auf zehn und mehr Jahre, was im Hinblick auf eine effektive Anlagestrategie eigentlich vernünftiger wäre. Diese Unsitte wird getoppt von Awards; das sind Auszeichnungen für die jeweils beste Performance, vergeben von einem Sammelsurium aus Bewertungsfirmen, Medien und Sponsoren.

Nun stelle man sich vor, Awards würden nur alle zehn Jahre vergeben. Aus Sicht der Branche unmöglich, weil die Marketingleute der Fonds etwas dagegen hätten. Folglich werden Anleger ständig von Erfolgsmeldungen zu den vermeintlich besten Fonds geradezu überschüttet. Mit erfolgreicher Geldanlage, geschweige denn Anlagestrategie hat das alles nur noch am Rande zu tun.

Sobald es wie beschrieben - oder auch anders - zu einem Betriebsunfall kommt, spielen Fonds eine besondere Rolle. Denn ihre Manager verstärken den Effekt, in diesem Fall also einen Abwärtstrend, indem sie sich ihm anschließen, ja anschließen müssen, um nicht am Ende wie die letzten Deppen auszusehen. So etwas wiederholt sich im Lauf der Jahre immer wieder. Daraus entstehen die klassischen langfristigen Börsenbewegungen, die es gibt, seit mit Aktien, Anleihen, Devisen, Edelmetallen, Rohstoffen, Terminkontrakten u.a. gehandelt wird.

Wie werden sich eigentlich die Edelmetalle verhalten, sobald aus dem Betriebsunfall ein Crash wird? Mit großer Wahrscheinlichkeit werden sie als Antwort auf die allgemeine Verunsicherung zunächst etwas hin und her pendeln, um anschließend die Rolle als Sicherheitsvermittler zu übernehmen, die derzeit seltsamerweise noch die Anleihen ausüben. Die Indizien, dass besonders das im Vergleich zum Silber weniger schwankende Gold diese Rolle einnehmen wird, häufen sich in letzter Zeit: Auf dem aktuellen Niveau ist sein Preis nicht mehr so leicht nach unten zu manipulieren wie noch vor einigen Monaten, die Asiaten nutzen jede Preisdelle für Käufe, und die Kurse der Minenaktien erholen sich.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).



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