Die Fed, die Inflation und das Öl
21.06.2014 | Klaus Singer
Die FOMC-Sitzung der Fed am zurückliegenden Mittwoch brachte weithin erwartete Beschlüsse wie die weitere planmäßige Drosselung der QE-Maßnahmen. Dennoch blieb die Sitzung nicht ohne Impulse für die Finanzmärkte, Aktien wurden in der Folge kräftig gekauft, der S&P 500 schaffte ein neues Allzeithoch.
Die Fed-Vorsitzende zeigte sich zufrieden mit der Inflationsentwicklung, so lange das mit verbesserten Wachstumsaussichten verbunden ist. Zudem hat die Fed das langfristige Zinsziel wird von 4% auf 3,75% zurückgenommen, Steigerungen könnten im Verlaufe des Jahres 2015 beginnen. Wie seit 2011 üblich, wurde bei den Projektionen die BIP-Wachstumsrate für das laufende Jahr weiter abgesenkt.
Der Grund für den zurückgekehrten Risiko-Appetit mit steigenden Aktienkursen, sinkendem Dollar und Aufschwung beim Goldpreis: Die CPI-Inflation hatte sich im Mai stärker gezeigt als erwartet und die Fed hat nun signalisiert, dass sie nichts dagegen hat.
Beobachter sagen, die Fed wird die Zinsen erst dann anheben, wenn ihr die wirtschaftliche Entwicklung auf den Kopf haut – mit anderen Worten, sie wird erst dann gegensteuern, wenn die Inflation unbeherrschbar geworden ist. Anatole Kaletsky hatte der Fed-Chefin bereits Mitte März einige "originelle" Maßnahmen zugetraut, u.a. auch eine "forward guidance", Inflationsraten bis drei oder vier Prozent zu ignorieren. Möglicherweise öffnet sie mit ihrer jetzt geäußerten Zufriedenheit mit der Inflationsentwicklung die Tür in diese Richtung.
Wir leben in einem Umfeld hoher Verschuldungsquoten und aufgeblähter Notenbank-Bilanzen (siehe Chart!).
Die niedrige Geldumlaufgeschwindigkeit signalisiert geringes realwirtschaftliches Aktivitätsniveau, bzw., anders herum gedreht, signalisiert sie eine starke "Überversorgung" der Wirtschaft mit Geld. Die Notenbanken befinden sich nach wie vor in der Liquiditätsfalle, noch niedrigere Zinsen, oder allgemeiner, eine noch lockerere Geldversorgung bewegen realwirtschaftlich so gut wie nichts - lediglich der Preisauftrieb bei Finanzmarkt-Assets wird weiter angeheizt.
Wie selbstverständlich wird von allen Mainstream-Beobachtern unterstellt, dass Inflation das einzige Mittel ist, um aus dieser Situation herauszukommen. Dabei scheinen die jüngste FOMC-Sitzung und die Äußerungen von Fed-Chefin Yellen nahe zu legen, dass es eine "gute" Inflation gibt, wenn gleichzeitig die Wirtschaft wächst. Komisch nur, dass die Fed ihre Wachstumsprojektionen weiter zurücknimmt…
Inflation und nominales Wachstum sind einem Kredit-basierten Wirtschaftssystem zwingend erforderlich, um den Schuldendienst zu erwirtschaften. Je höher der Schuldenstand, je höher muss diese Art von Wachstum sein. Je höher aber die Schulden, desto eher tendieren v.a. die Schuldner des privaten Sektors dazu, sich zu entschulden, was nach Fisher in eine Deflationsspirale ausufern kann. Das kann nur verhindert werden, indem die Kreditaufnahme forciert wird. Der Deflationsspirale wird die Inflationsspirale entgegengesetzt. Das Resultat bei beiden ist am Ende dasselbe – nach "Boom" folgt "Bust".
Wenn es eine "gute" Inflation gibt, muss es auch eine "schlechte" Inflation geben. Hier kommt der Konflikt im Irak ins Spiel. Er hat die Ölpreise deutlich steigen lassen. Öl Brent dringt mittlerweile in den Spitzen-Bereich vor, der im September 2013 erreicht wurde. Der Anteil des Irak an der weltweiten Ölproduktion lag Ende 2013 bei 3,7%, der gesamte Mittlere Osten kommt auf gut 32%. Weitet sich der Konflikt aus, z.B. auch dadurch, dass die USA umfangreichere Militäraktionen durchführen, um die schiitische Regierung in Bagdad zu stützen, kann das zu einer Verknappung der weltweiten Ölversorgung führen.
Deutlich steigende Energiepreise hätten gravierende Auswirkungen auf die Wirtschaft der Länder, die Öl importieren. Sie würde deren Wachstum dämpfen. Da der Anteil der Ausgaben für Energie steigt, steht im privaten Sektor weniger Einkommen für Konsum-Ausgaben und Investionen zur Verfügung. Steigende Energiepreise lassen die Kosten der Fertigung steigen (PPI-Preisindex). Wie der folgende Chart zeigt, werden die Preise auf der Konsumseite (CPI-Preisindex) gewöhnlich von einem steigenden PPI mitgezogen, der CPI folgt einem fallenden PPI aber nur in geringerem Umfang. Als "gesund" ("healthy") wird in dem Chart eine Preisentwicklung angesehen, solange sie von den Verbraucherpreisen getrieben wird und eine Jahresrate von 5% nicht übersteigt (siehe Chart!).
Eine von den Energiepreisen getriebene Preisentwicklung, also eine "schlechte" Inflation, dürfte über die verminderten Wachstumsaussichten die Zinsen unter Aufwertungsdruck bringen. Und dann beginnt das Spiel von vorne: Die Zentralbanken werden sich veranlasst sehen, dem Zinsanstieg durch Ankauf von Staats- und evtl. auch Bankschulden entgegenzuwirken. Dazu wird neu geschaffenes Geld eingesetzt und das treibt die Inflationserwartungen weiter nach oben.
Für die Eurozone gibt es noch ein spezielles Dilemma: Wie Dr. Martin Hüfner, assénagon, schreibt, ist eine Euro-Abwertung das effektivste Mittel, die Inflationsrate in der Eurozone nach oben zu bringen. Die niedrigen Zinsen der EZB haben da bisher nicht viel bewirkt. Nach "Pi mal Daumen" führt ein um 10% schwächerer Euro zu einer Erhöhung des Verbraucherpreisindex um einen halben Prozentpunkt, schreibt er. Nehmen wir nun an, es gelingt tatsächlich, den Euro nachhaltig zu schwächen, so wirken sich steigende Energiepreise besonders stark dämpfend auf das ohnehin schwache Wachstum der Eurozone aus.
Die USA wiederum wären von Preissteigerungen auf den weltweiten Ölmärkten weniger betroffen (siehe auch hier!). Ihr Anteil an der globalen Ölproduktion kommt mittlerweile mit 10,8% auf Platz drei hinter Saudi-Arabien (13,1%) und Russland (12,9%). Das Verhältnis Ölverbrauch zu Ölproduktion liegt in den USA bei rund 1,9, während es für Europa (ohne Russische Föderation) auf etwa 2,4 kommt. Zudem dürfte in Krisen-Zeiten der "safe-haven"-Reflex den Dollar eher stärken und damit Ölimporte in die USA tendenziell verbilligen.
Die Preise für Gold und Öl agieren langfristig gesehen in einem engen positiven Zusammenhang. "Öl und Gold sind offensichtlich Inflations- und Krisenbarometer zugleich," heißt es dazu im Degussa Marktreport. Da die Wirtschaft im wahrsten Sinne des Wortes im Geld schwimmt, besteht ein hohes Potenzial für Preissteigerungen in der Realwirtschaft, wenn das Geld im Finanzsektor auf den Realbereich herüberschwappt. Einer der Transmissionsriemen, die dies bewirken können, sind die Preise für Rohstoffe und Energie.
Auch der Preis für Gold konnte sich zuletzt wieder etwas befestigen, aber nach wie vor gilt, dass noch einige Hürden zu überwinden sind, bevor Entwarnung gegeben werden kann (siehe hier und hier!).
Erwähnte Charts, weiterführende Verweise und Quellenangaben können hier eingesehen werden: www.timepatternanalysis.de
© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de
Die Fed-Vorsitzende zeigte sich zufrieden mit der Inflationsentwicklung, so lange das mit verbesserten Wachstumsaussichten verbunden ist. Zudem hat die Fed das langfristige Zinsziel wird von 4% auf 3,75% zurückgenommen, Steigerungen könnten im Verlaufe des Jahres 2015 beginnen. Wie seit 2011 üblich, wurde bei den Projektionen die BIP-Wachstumsrate für das laufende Jahr weiter abgesenkt.
Der Grund für den zurückgekehrten Risiko-Appetit mit steigenden Aktienkursen, sinkendem Dollar und Aufschwung beim Goldpreis: Die CPI-Inflation hatte sich im Mai stärker gezeigt als erwartet und die Fed hat nun signalisiert, dass sie nichts dagegen hat.
Beobachter sagen, die Fed wird die Zinsen erst dann anheben, wenn ihr die wirtschaftliche Entwicklung auf den Kopf haut – mit anderen Worten, sie wird erst dann gegensteuern, wenn die Inflation unbeherrschbar geworden ist. Anatole Kaletsky hatte der Fed-Chefin bereits Mitte März einige "originelle" Maßnahmen zugetraut, u.a. auch eine "forward guidance", Inflationsraten bis drei oder vier Prozent zu ignorieren. Möglicherweise öffnet sie mit ihrer jetzt geäußerten Zufriedenheit mit der Inflationsentwicklung die Tür in diese Richtung.
Wir leben in einem Umfeld hoher Verschuldungsquoten und aufgeblähter Notenbank-Bilanzen (siehe Chart!).
Die niedrige Geldumlaufgeschwindigkeit signalisiert geringes realwirtschaftliches Aktivitätsniveau, bzw., anders herum gedreht, signalisiert sie eine starke "Überversorgung" der Wirtschaft mit Geld. Die Notenbanken befinden sich nach wie vor in der Liquiditätsfalle, noch niedrigere Zinsen, oder allgemeiner, eine noch lockerere Geldversorgung bewegen realwirtschaftlich so gut wie nichts - lediglich der Preisauftrieb bei Finanzmarkt-Assets wird weiter angeheizt.
Wie selbstverständlich wird von allen Mainstream-Beobachtern unterstellt, dass Inflation das einzige Mittel ist, um aus dieser Situation herauszukommen. Dabei scheinen die jüngste FOMC-Sitzung und die Äußerungen von Fed-Chefin Yellen nahe zu legen, dass es eine "gute" Inflation gibt, wenn gleichzeitig die Wirtschaft wächst. Komisch nur, dass die Fed ihre Wachstumsprojektionen weiter zurücknimmt…
Inflation und nominales Wachstum sind einem Kredit-basierten Wirtschaftssystem zwingend erforderlich, um den Schuldendienst zu erwirtschaften. Je höher der Schuldenstand, je höher muss diese Art von Wachstum sein. Je höher aber die Schulden, desto eher tendieren v.a. die Schuldner des privaten Sektors dazu, sich zu entschulden, was nach Fisher in eine Deflationsspirale ausufern kann. Das kann nur verhindert werden, indem die Kreditaufnahme forciert wird. Der Deflationsspirale wird die Inflationsspirale entgegengesetzt. Das Resultat bei beiden ist am Ende dasselbe – nach "Boom" folgt "Bust".
Wenn es eine "gute" Inflation gibt, muss es auch eine "schlechte" Inflation geben. Hier kommt der Konflikt im Irak ins Spiel. Er hat die Ölpreise deutlich steigen lassen. Öl Brent dringt mittlerweile in den Spitzen-Bereich vor, der im September 2013 erreicht wurde. Der Anteil des Irak an der weltweiten Ölproduktion lag Ende 2013 bei 3,7%, der gesamte Mittlere Osten kommt auf gut 32%. Weitet sich der Konflikt aus, z.B. auch dadurch, dass die USA umfangreichere Militäraktionen durchführen, um die schiitische Regierung in Bagdad zu stützen, kann das zu einer Verknappung der weltweiten Ölversorgung führen.
Deutlich steigende Energiepreise hätten gravierende Auswirkungen auf die Wirtschaft der Länder, die Öl importieren. Sie würde deren Wachstum dämpfen. Da der Anteil der Ausgaben für Energie steigt, steht im privaten Sektor weniger Einkommen für Konsum-Ausgaben und Investionen zur Verfügung. Steigende Energiepreise lassen die Kosten der Fertigung steigen (PPI-Preisindex). Wie der folgende Chart zeigt, werden die Preise auf der Konsumseite (CPI-Preisindex) gewöhnlich von einem steigenden PPI mitgezogen, der CPI folgt einem fallenden PPI aber nur in geringerem Umfang. Als "gesund" ("healthy") wird in dem Chart eine Preisentwicklung angesehen, solange sie von den Verbraucherpreisen getrieben wird und eine Jahresrate von 5% nicht übersteigt (siehe Chart!).
Eine von den Energiepreisen getriebene Preisentwicklung, also eine "schlechte" Inflation, dürfte über die verminderten Wachstumsaussichten die Zinsen unter Aufwertungsdruck bringen. Und dann beginnt das Spiel von vorne: Die Zentralbanken werden sich veranlasst sehen, dem Zinsanstieg durch Ankauf von Staats- und evtl. auch Bankschulden entgegenzuwirken. Dazu wird neu geschaffenes Geld eingesetzt und das treibt die Inflationserwartungen weiter nach oben.
Für die Eurozone gibt es noch ein spezielles Dilemma: Wie Dr. Martin Hüfner, assénagon, schreibt, ist eine Euro-Abwertung das effektivste Mittel, die Inflationsrate in der Eurozone nach oben zu bringen. Die niedrigen Zinsen der EZB haben da bisher nicht viel bewirkt. Nach "Pi mal Daumen" führt ein um 10% schwächerer Euro zu einer Erhöhung des Verbraucherpreisindex um einen halben Prozentpunkt, schreibt er. Nehmen wir nun an, es gelingt tatsächlich, den Euro nachhaltig zu schwächen, so wirken sich steigende Energiepreise besonders stark dämpfend auf das ohnehin schwache Wachstum der Eurozone aus.
Die USA wiederum wären von Preissteigerungen auf den weltweiten Ölmärkten weniger betroffen (siehe auch hier!). Ihr Anteil an der globalen Ölproduktion kommt mittlerweile mit 10,8% auf Platz drei hinter Saudi-Arabien (13,1%) und Russland (12,9%). Das Verhältnis Ölverbrauch zu Ölproduktion liegt in den USA bei rund 1,9, während es für Europa (ohne Russische Föderation) auf etwa 2,4 kommt. Zudem dürfte in Krisen-Zeiten der "safe-haven"-Reflex den Dollar eher stärken und damit Ölimporte in die USA tendenziell verbilligen.
Die Preise für Gold und Öl agieren langfristig gesehen in einem engen positiven Zusammenhang. "Öl und Gold sind offensichtlich Inflations- und Krisenbarometer zugleich," heißt es dazu im Degussa Marktreport. Da die Wirtschaft im wahrsten Sinne des Wortes im Geld schwimmt, besteht ein hohes Potenzial für Preissteigerungen in der Realwirtschaft, wenn das Geld im Finanzsektor auf den Realbereich herüberschwappt. Einer der Transmissionsriemen, die dies bewirken können, sind die Preise für Rohstoffe und Energie.
Auch der Preis für Gold konnte sich zuletzt wieder etwas befestigen, aber nach wie vor gilt, dass noch einige Hürden zu überwinden sind, bevor Entwarnung gegeben werden kann (siehe hier und hier!).
Erwähnte Charts, weiterführende Verweise und Quellenangaben können hier eingesehen werden: www.timepatternanalysis.de
© Klaus G. Singer
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