Trotz Streikende angespannte Platin- und Palladiummärkte
01.07.2014 | Eugen Weinberg
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Zwar schließen wir kurzfristige Preisrückgänge nicht vollständig aus, mittel- bis langfristig überwiegen u.E. aber auch nach dem Streikende die Aufwärtsrisiken bei Platin und Palladium: Die jetzt erzielte Einigung wird die Produzenten, deren reale Lohnkosten zwischen 2004 und 2012 um fast das 2½-fache gestiegen sind, finanziell zusätzlich massiv belasten. Die Unternehmen müssen versuchen, die steigenden Kosten z.B. über höhere Preise weiterzureichen. Denn die (Teil-)Schließung von Minen und ein Abbau von Arbeitsplätzen werden von AMCU wohl kaum akzeptiert werden und könnten schnell zu neuerlichen Streiks führen. Umfassende Restrukturierungsmaßnahmen der Branche lassen sich allerdings kaum vermeiden. Die physische Angebotssituation wird wohl in jedem Fall auch nach der Beendigung des Streiks auf absehbare Zeit erst einmal angespannt bleiben, da es laut Aussagen der Minenunternehmen bis zu fünf Monate dauern wird, um die Produktion wieder vollständig hochzufahren. Denn die seit 25. Juni zurückkehrenden Arbeiter müssen erst wieder neu eingewiesen und die Produktionsanlagen betriebsbereit gemacht werden.
Aber nicht nur angebotsseitig bleiben die Platin- und Palladiummärkte angespannt. Daneben sorgt eine weiter sehr robuste Nachfrage insbesondere aus der Automobilindustrie für gut unterstützte Preise. Selbst in Europa, dessen Automarkt im Gegensatz zu den USA und China in den letzten Jahren schwächelte, steigen die Autoneuzulassungen seit neun Monaten im Vorjahresvergleich wieder.
Sollte sich der Trend der letzten Monate im weiteren Jahresverlauf fortsetzen, dürfte die Branche 2014 erstmals seit sieben Jahren wieder mehr Autos verkaufen. In den USA werden die Fahrzeugabsätze dieses Jahr wohl das fünfte Jahr in Folge steigen. Mit 1,6 Mio. verkauften Einheiten im Mai wurde dort sogar der höchste Monatswert seit fast neun Jahren erzielt. In China wiederum bleibt die Automobilindustrie klar auf Wachstumskurs. Im größten Automarkt der Welt werden 2014 aller Voraussicht nach über 19 Mio. Autos verkauft - ein Rekordwert (Grafik 4).
Da die Automobilindustrie die mit Abstand wichtigste Nachfragekomponente für Platin und Palladium ist, sollte der positive Trend auf den wichtigsten Automärkten der Welt die Preise beider Edelmetalle unterstützen bzw. zu höheren Notierungen beitragen. Palladium sollte hiervon stärker profitieren als Platin. Denn gemäß Angaben von Norilsk Nickel, dem weltgrößten Palladiumproduzenten, hat die Technik mittlerweile so große Fortschritte gemacht, dass in Dieselkatalysatoren Platin zu 50% durch das günstigere Palladium ersetzt werden kann.
In Benzinkatalysatoren, wo ohnehin schon vorwiegend Palladium verwendet wird, kann demnach Platin nunmehr im Verhältnis 1:1 durch Palladium ersetzt werden. Früher lag das Verhältnis noch bei 1:1,5. Damit untermauert Palladium eine Vorherrschaft in Autokatalysatoren.
Zu einer höheren Nachfrage tragen auch die ETF-Investoren bei. Denn die Bestände der von Bloomberg erfassten Platin- und Palladium-ETFs wurden seit Streikbeginn um 13% bzw. über 37% ausgebaut und haben mit 2,83 Mio. bzw. 2,98 Mio. Unzen jeweils Rekordstände erreicht (Grafik 5). Bei den Platin-ETFs ist ein robuster Aufwärtstrend sogar bereits seit Mai letzten Jahres auszumachen, als der heute größte Platin-ETF in Südafrika neu aufgelegt wurde. Bei Palladium war ein kräftiger Zufluss in Folge der Einführung zwei neuer ETFs ebenfalls in Südafrika im März dieses Jahres zu verzeichnen.
Die hohen ETF-Zuflüsse dürften einen möglichen Rückzug der kurzfristig orientierten spekulativen Finanzanleger zumindest teilweise auffangen können. Sowohl bei Platin als auch bei Palladium lagen die Netto-Long-Positionen zuletzt mit 34,4 Tsd. bzw. 20,6 Tsd. Kontrakten auf relativ hohen Niveaus. Seit Streikbeginn im Januar kam es allerdings nur bei Platin zu einem nennenswerten Aufbau von Netto-Long-Positionen, der mittlerweile bereits wieder zum Teil egalisiert wurde (Grafik 16).
Auch wenn wir kurzfristige Abwärtsbewegungen nicht ausschließen, spricht u.E. sowohl die Situation auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite für mittel- bis langfristig höhere Preise: Südafrika wird als Anbieter noch mehrere Monate größtenteils enttäuschen. Das Angebot aus Russland ist unserer Meinung nach ebenfalls mit Risiken behaftet, sollte es im Zuge des Ukraine-Konflikts doch noch zu Sanktionen gegen die russische Wirtschaft kommen - auch wenn dieser Aspekt derzeit eher in den Hintergrund gerückt ist.
Weltweit steigende Autoabsätze sollten die Nachfrage nach Platin und insbesondere Palladium weiter antreiben. Die bis zuletzt starke Investmentnachfrage ist ebenfalls ein preisunterstützender Faktor. Zum Ende des Jahres erwarten wir einen Platinpreis von 1.550 USD je Feinunze, Palladium sollte dann bei 875 USD je Feinunze notieren.
Auf einen Blick