Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Furcht vor neuen Streiks treibt Platinpreis

07.07.2014  |  Thorsten Proettel
Platin am oberen Rand der Handelsspanne

Mit einem Preis von aktuell 1.501 USD je Feinunze bewegt sich Platin am oberen Rand der seit Sommer 2013 gültigen Handelsspanne. Gemessen am Stand zu Beginn des Jahres 2014 wird das Edelmetall heute gut 10% höher bewertet. Im Vergleich zum Schwestermetall Palladium halten sich die Auswirkungen des fünfmonatigen Minenstreiks in Südafrika jedoch in engeren Grenzen.

Open in new window

Südafrika dominiert Platinförderung

Letztes Jahr entfielen 72% des primären Platinangebots in Höhe von rund 179 Tonnen auf die Förderung in südafrikanischen Minen und knapp 14% auf die Gewinnung als Nebenprodukt der russischen Nickelförderung. Die restlichen 14% gehen auf Bergwerke in Südafrikas Nachbarland Simbabwe sowie in den USA und in Kanada zurück. Daneben wurden knapp 65 Tonnen Platin hauptsächlich durch das Recycling von alten Abgasumwandlern gewonnen.


Minenstreik nach fünf Monaten beendet

Vom 23. Januar bis zum 23. Juni wurden die drei dominierenden südafrikanischen Minenunternehmen Anglo Platinum, Impala Platinum und Lonmin durch die Vereinigung der Berg- und Bauarbeitergewerkschaft (AMCU) bestreikt. Die fünfmonatige Arbeitsunterbrechung im wichtigsten Förderland schränkt das Platinangebot in diesem Jahr deutlich ein.

Dass der Preis bislang nicht stärker reagierte, dürfte vor allem auf größere Lagerbestände der verarbeitenden Industrie und von Metallhändlern zurückzuführen sein. Diese wurden vermutlich in den letzten Jahren als Reaktion auf bisherige Nachschubunterbrechungen angelegt. Allerdings bedeutet das Streikende keine sofortige Wiederaufnahme der Lieferungen aus Südafrika. Zunächst muss die Sicherheit der Minen und Verarbeitungsanlagen geprüft werden, was nach Branchenschätzungen zwischen einem und drei Monaten in Anspruch nehmen dürfte.

Open in new window

Nach dem Streik ist vor dem Streik

Der zwischen Gewerkschaft und Arbeitgebern ausgehandelte Kompromiss sieht Lohnsteigerungen von jeweils rund 20% für dieses und die beiden kommenden Jahre vor. Dies spräche für den Beginn einer längeren Phase ohne Arbeitskämpfe in Südafrikas Platinminen. Allerdings könnte die Streiklust wieder zügig angefacht werden, wenn die Minen wegen den Lohnsteigerungen mit dem Abbau von Arbeitsplätzen beginnen.

Anglo American kündigte in den letzten Tagen zwar ohne konkrete Bezugnahme und weitere Details den Verkauf von mehreren wenig profitablen Platinminen an. Es ist jedoch kein Geheimnis, dass die Lohnsteigerungen die Minen stark unter Druck setzen. Der Faktor Arbeit steht üblicherweise für rund die Hälfte der Förderkosten. Daneben blockierten in den letzten Tagen streikende Metallarbeiter die Bauarbeiten für zwei dringend benötigte neue Elektrizitätswerke. Der Streik könnte sich auch auf Mitarbeiter des Energieversorgers Eskom ausweiten. Ein Ausfall der Stromerzeugung würde die Platinminen hart treffen.


Nachfragekonzentration auf Kfz-Industrie

Rund 17% der Platinnachfrage dürfte in diesem Jahr auf Anwendungen in den Branchen Chemie, Petrochemie, Medizintechnik, Elektronik und in der Glassherstellung entfallen. Der Einsatz als Schmuckmetall beziehungsweise als Legierungsbestandteil für Weißgold macht voraussichtlich rund ein Drittel der gesamten Platinnachfrage aus. Die Nutzung in Katalysatoren für Kraftfahrzeuge ist mit einem Anteil von 40% aber weiterhin der mengenmäßig wichtigste Verwendungszweck für das Edelmetall.

Die Kfz-Branche bevorzugt allerdings schon seit Jahren eher das preislich günstigere Schwestermetall Palladium. Lediglich bei Fahrzeugen mit Dieselmotoren konnte Platin aufgrund seiner hierfür besseren Eignung eine Nischenstellung verteidigen.

Open in new window

Konjunkturerholung in Europa

Der Einsatz von Dieselmotoren konzentriert sich auf Europa, wo die Fahrzeugnachfrage in den ersten fünf Monaten dieses Jahres um 4,3% über den Werten des Vorjahres lag. Angesichts der zu beobachtenden wirtschaftlichen Erholung auch in den Peripheriestaaten der Eurozone rechnen wir mit einer Fortsetzung der Erholung der Fahrzeugkonjunktur, die sich in einer erhöhten Platinnachfrage bemerkbar machen sollte. Hinzu kommen strengere Abgasvorschriften für LKW in Europa seit diesem Frühjahr sowie die Pflicht zur Ausrüstung von Fahrzeugen mit Stickstoffmonoxidfallen ab diesem Herbst, die bei kleinen Fahrzeugen ebenfalls Platin enthalten.


Nachfrage der Platin-ETCs dürfte sich abschwächen

Im ersten Halbjahr 2014 stieg der Gesamtbestand der physisch besicherten Platinfonds nach Angaben von Bloomberg bislang um knapp 10 Tonnen. Wir rechnen für die nächsten Monate nur noch mit mäßigen Zukäufen. Der Nachfrageboom nach der Auf-legung eines neuen ETCs im Mai 2013 in Südafrika kann als abgeschlossen bezeichnet werden.


Fazit

Der durch den Streik bedingte hohe Angebotsausfall dürfte sich angesichts der voraussichtlich anziehenden Nachfrage aus der Kfz-Industrie in den kommenden Monaten in leicht steigenden Preisen bemerkbar machen. Hierzu trägt möglicherweise auch der Wiederaufbau von zuletzt geleerten Lagern bei. Angesichts der großen Bedeutung von Südafrika für den Markt und den anhaltenden Verteilungskonflikten bestehen trotz des Streikendes weiterhin Preis- und Verfügbarkeitsrisiken.


© Thorsten Proettel
Commodity Analyst

Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart



Diese Publikation beruht auf von uns nicht überprüfbaren, allgemein zugänglichen Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit und Vollständigkeit wir jedoch keine Gewähr übernehmen können. Sie gibt unsere unverbindliche Auffassung über den Markt und die Produkte zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses wieder, ungeachtet etwaiger Eigenbestände in diesen Produkten. Diese Publikation ersetzt nicht die persönliche Beratung. Sie dient nur zu Informationszwecken und gilt nicht als Angebot oder Aufforderung zum Kauf oder Verkauf. Für weitere zeitnähere Informationen über konkrete Anlagemöglichkeiten und zum Zwecke einer individuellen Anlageberatung wenden Sie sich bitte an Ihren Anlageberater.



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"