Zeit ist Geld - und Gold
13.07.2014 | Manfred Gburek
Dass sich bei der Lebensversicherung als Sparform etwas zusammenbraut, ist seit Jahren bekannt. Und zu welchen Opfern Sparer gezwungen werden, hat am Freitag abschließend der Bundesrat abgehakt. Details können Sie in meinem jüngsten "Geld-Geklimper"-Beitrag auf wiwo.de nachlesen, Grundsätzliches darüber hinaus in meinem elektronischen Buch mit dem bezeichnenden Titel "Ach du liebes Geld!" Doch wie ernst es um das Thema und weit darüber hinaus wirklich bestellt ist, muss hier noch einmal hervorgehoben werden: Der Faktor Zeit, wichtig für jede Art der Ersparnisbildung, wird vom Gesetzgeber zum Teil kurzerhand eliminiert. Das heißt, ein Großteil der im Lauf vieler Jahre durch Kursgewinne von Anleihen entstandenen Bewertungsreserven verschwindet in den Portfolios der Versicherer, statt deren Kunden zugute zu kommen.
Die Konsequenz: Wer den Versprechen vermeintlicher Garantien von Versicherern und deren Vertretern aufgesessen ist, muss entweder den Gürtel enger schnallen oder mehr Zeit mitbringen, um die nun entstehende Finanzlücke wieder zu schließen. Wahrscheinlich sogar beides. Den Gürtel enger schnallen, also Selters statt Sekt und Balkonien statt Patagonien, das mag mit etwas Disziplin vielleicht gerade noch angehen. Aber wie mehr Zeit mitbringen, wenn die Lebensuhr tickt und man nicht weiß, wann sie zu ticken aufhört?
Grund genug, sich gerade jetzt etwas näher mit dem Zeitfaktor zu beschäftigen. Er spielt ja nicht allein bei langlaufenden Versicherungen oder dreißigjährigen Bundesanleihen eine entscheidende Rolle, sondern bei jeder Art von Geldanlage. Zeit ist Geld, heißt es im Volksmund. Dieser Satz gilt für alle Anlagen mit Zinseszinseffekt, wie Tages- und Festgeld, Anleihen, Rentenfonds und prinzipiell auch Kapitallebensversicherungen - es sei denn, der Gesetzgeber macht den Effekt zum Teil kaputt, wie gerade bei entsprechenden Versicherungspolicen geschehen.
Werden Policen ausgezahlt, haben Anleger in der Regel die Wahl zwischen Einmalzahlung und Verrentung. Die weit überwiegende Mehrheit, über 80 Prozent, hat sich bislang für die Einmalzahlung entschieden. Aus verschiedenen Gründen, nicht zuletzt wegen der verbesserungsbedürftigen Anlagepolitik der Versicherer. Und schon wieder kommt der Zeitfaktor ins Spiel. Denn sich pro Einmalzahlung zu entscheiden, entspricht der Wette auf eine Restlebenszeit, die von Versicherten in diesem Fall kürzer veranschlagt wird als im Fall der Verrentung.
Es gibt indes noch einen weiteren Zeitfaktor, und der hat es in sich: das Timing, also zeitgerechtes Handeln. Er gilt, wie schon erwähnt, für alle Geldanlagen, speziell für stärker schwankende. Dazu gehört alles, was an Börsen notiert wird, zum Beispiel Anleihen, Aktien, Edelmetalle und Rohstoffe, außerdem alles, was von börsennotierten Anlagen abgeleitet ist und zum Teil ebenfalls an Börsen notiert wird, wie Derivate, speziell Zertifikate und Optionsscheine, aber auch verschiedene Fondsarten.
Was die meisten Anleger wahrscheinlich nicht wahrhaben wollen: Das Timing beim Kauf und später beim Verkauf von Immobilien ist immens wichtig, allein schon deshalb, weil dann relativ hohe Beträge im Spiel sind. Das sollten sich all diejenigen hinter die Ohren schreiben, die jetzt den steigenden Preisen von Wohnimmobilien in deutschen Metropolen - und zum Teil auch anderswo - hinterherlaufen. Sie zahlen eine in den meisten Bundesländern inzwischen unverschämt hohe Grunderwerbsteuer und dürften bald mit steigenden Grundsteuern sowie später mit den negativen Auswirkungen der Mietpreisbremse Bekanntschaft machen.
Über das Timing von Aktien wurden bereits sehr viele Bücher geschrieben, gute und schlechte, aus denen unisono hervorgeht, dass es schwierig ist. Fest steht, dass es sich um eine Kunst handelt, die auf Erfahrungen und Spekulation beruht und dass Glück dazugehört. Bei niedrigen Kurse kaufen, bei hohen verkaufen, so lautet die Devise. Wer spekuliert, erkennt schnell, was sich alles hinter niedrigen und hohen Kursen verbirgt, Rationales und Irrationales. Dabei kommt es in erster Linie darauf an, irgendwie von Kursschwankungen zu profitieren, sei es kurzfristig, sei es, dass man einen Megatrend mitnimmt. Der jüngste droht gerade zu stocken, folglich ist Vorsicht angebracht.
Zum Aktientiming gehört noch eine wichtige Erkenntnis aus der Vergangenheit, und wieder spielt der Faktor Zeit eine Rolle: Erfahrungsgemäß befindet sich ein repräsentatives Aktienportfolio spätestens nach 15 Jahren im Gewinn, auch wenn Anleger die darin befindlichen Aktien zu den höchsten Kursen eines Zyklus gekauft haben. Der entscheidende Grund: Wirtschaftswachstum. Fondsgesellschaften und ihre Vertriebe sind mit diesem Argument ebenso schnell zur Hand wie mit ihren Performancelisten (auch wenn in beiden Fällen Daten aus der Vergangenheit zugrunde liegen), um Anlegern die Angst vor schwankenden Aktienkursen und damit Fondspreisen zu nehmen.
Genützt hat das Argument bisher nicht allzu viel, denn den meisten Anlegern mangelt es an Disziplin und Durchhaltevermögen. Zudem wird mit Vergangenheitsdaten viel gemogelt. Sie in die Zukunft zu projizieren, bedeutet regelmäßig, Prämissen zugrunde zu legen, die bestenfalls zum Teil stimmen, aber nie ganz. Im Übrigen hat die zunehmende Spezialisierung von Aktienfonds dazu beigetragen, dass immer weniger von ihnen repräsentative Portfolios enthalten und sogar selbst zu Spekulationsobjekten werden.
Spätestens hier erwarten Sie sicher auch Anmerkungen zum Faktor Zeit beim Gold. Bitteschön: Sein Preis ist spätestens seit dem 20. Jahrhundert Zyklen unterworfen. In den 70er Jahren war es neben Silber der Hit, in den 80er und 90er Jahren nur während relativ kurzer Zyklen interessant, von 2001 bis 2011 wieder einer der Hits, danach enttäuschend. Als Spekulationsobjekte eignen sich Gold- und Silberaktien mehr als die beiden Edelmetalle selbst. Was versprechen diese für die Zukunft? In erster Linie realen Werterhalt, also Kaufkraft, die auch später ausreicht, damit man unbeschwert leben kann.
Dazu sind zwei Unsicherheitsfaktoren besonders zu beachten: Erstens, wie lange die internationale Schuldenorgie mitsamt Geldentwertung dauern wird, bis Anleger Gold als Schutz vor deren Unbilden wiederentdecken. Und zweitens, welche das Gold diskriminierenden Maßnahmen - bis zum Verbot von privatem Besitz - einzelne Länder, in erster Linie die USA, ergreifen werden, um den Preis des Edelmetalls als Indikator für das marode internationale Währungssystem zu drücken. Was den ersten Punkt betrifft, mögen höchstens zehn Jahre vergehen. Der zweite hängt vom ersten ab. Fazit: Im Zweifel dürften Anleger gut daran tun, einen ordentlichen Batzen Gold in Form von Anlagemünzen oder Barren an sicheren Orten im In- und Ausland zu lagern.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).
Die Konsequenz: Wer den Versprechen vermeintlicher Garantien von Versicherern und deren Vertretern aufgesessen ist, muss entweder den Gürtel enger schnallen oder mehr Zeit mitbringen, um die nun entstehende Finanzlücke wieder zu schließen. Wahrscheinlich sogar beides. Den Gürtel enger schnallen, also Selters statt Sekt und Balkonien statt Patagonien, das mag mit etwas Disziplin vielleicht gerade noch angehen. Aber wie mehr Zeit mitbringen, wenn die Lebensuhr tickt und man nicht weiß, wann sie zu ticken aufhört?
Grund genug, sich gerade jetzt etwas näher mit dem Zeitfaktor zu beschäftigen. Er spielt ja nicht allein bei langlaufenden Versicherungen oder dreißigjährigen Bundesanleihen eine entscheidende Rolle, sondern bei jeder Art von Geldanlage. Zeit ist Geld, heißt es im Volksmund. Dieser Satz gilt für alle Anlagen mit Zinseszinseffekt, wie Tages- und Festgeld, Anleihen, Rentenfonds und prinzipiell auch Kapitallebensversicherungen - es sei denn, der Gesetzgeber macht den Effekt zum Teil kaputt, wie gerade bei entsprechenden Versicherungspolicen geschehen.
Werden Policen ausgezahlt, haben Anleger in der Regel die Wahl zwischen Einmalzahlung und Verrentung. Die weit überwiegende Mehrheit, über 80 Prozent, hat sich bislang für die Einmalzahlung entschieden. Aus verschiedenen Gründen, nicht zuletzt wegen der verbesserungsbedürftigen Anlagepolitik der Versicherer. Und schon wieder kommt der Zeitfaktor ins Spiel. Denn sich pro Einmalzahlung zu entscheiden, entspricht der Wette auf eine Restlebenszeit, die von Versicherten in diesem Fall kürzer veranschlagt wird als im Fall der Verrentung.
Es gibt indes noch einen weiteren Zeitfaktor, und der hat es in sich: das Timing, also zeitgerechtes Handeln. Er gilt, wie schon erwähnt, für alle Geldanlagen, speziell für stärker schwankende. Dazu gehört alles, was an Börsen notiert wird, zum Beispiel Anleihen, Aktien, Edelmetalle und Rohstoffe, außerdem alles, was von börsennotierten Anlagen abgeleitet ist und zum Teil ebenfalls an Börsen notiert wird, wie Derivate, speziell Zertifikate und Optionsscheine, aber auch verschiedene Fondsarten.
Was die meisten Anleger wahrscheinlich nicht wahrhaben wollen: Das Timing beim Kauf und später beim Verkauf von Immobilien ist immens wichtig, allein schon deshalb, weil dann relativ hohe Beträge im Spiel sind. Das sollten sich all diejenigen hinter die Ohren schreiben, die jetzt den steigenden Preisen von Wohnimmobilien in deutschen Metropolen - und zum Teil auch anderswo - hinterherlaufen. Sie zahlen eine in den meisten Bundesländern inzwischen unverschämt hohe Grunderwerbsteuer und dürften bald mit steigenden Grundsteuern sowie später mit den negativen Auswirkungen der Mietpreisbremse Bekanntschaft machen.
Über das Timing von Aktien wurden bereits sehr viele Bücher geschrieben, gute und schlechte, aus denen unisono hervorgeht, dass es schwierig ist. Fest steht, dass es sich um eine Kunst handelt, die auf Erfahrungen und Spekulation beruht und dass Glück dazugehört. Bei niedrigen Kurse kaufen, bei hohen verkaufen, so lautet die Devise. Wer spekuliert, erkennt schnell, was sich alles hinter niedrigen und hohen Kursen verbirgt, Rationales und Irrationales. Dabei kommt es in erster Linie darauf an, irgendwie von Kursschwankungen zu profitieren, sei es kurzfristig, sei es, dass man einen Megatrend mitnimmt. Der jüngste droht gerade zu stocken, folglich ist Vorsicht angebracht.
Zum Aktientiming gehört noch eine wichtige Erkenntnis aus der Vergangenheit, und wieder spielt der Faktor Zeit eine Rolle: Erfahrungsgemäß befindet sich ein repräsentatives Aktienportfolio spätestens nach 15 Jahren im Gewinn, auch wenn Anleger die darin befindlichen Aktien zu den höchsten Kursen eines Zyklus gekauft haben. Der entscheidende Grund: Wirtschaftswachstum. Fondsgesellschaften und ihre Vertriebe sind mit diesem Argument ebenso schnell zur Hand wie mit ihren Performancelisten (auch wenn in beiden Fällen Daten aus der Vergangenheit zugrunde liegen), um Anlegern die Angst vor schwankenden Aktienkursen und damit Fondspreisen zu nehmen.
Genützt hat das Argument bisher nicht allzu viel, denn den meisten Anlegern mangelt es an Disziplin und Durchhaltevermögen. Zudem wird mit Vergangenheitsdaten viel gemogelt. Sie in die Zukunft zu projizieren, bedeutet regelmäßig, Prämissen zugrunde zu legen, die bestenfalls zum Teil stimmen, aber nie ganz. Im Übrigen hat die zunehmende Spezialisierung von Aktienfonds dazu beigetragen, dass immer weniger von ihnen repräsentative Portfolios enthalten und sogar selbst zu Spekulationsobjekten werden.
Spätestens hier erwarten Sie sicher auch Anmerkungen zum Faktor Zeit beim Gold. Bitteschön: Sein Preis ist spätestens seit dem 20. Jahrhundert Zyklen unterworfen. In den 70er Jahren war es neben Silber der Hit, in den 80er und 90er Jahren nur während relativ kurzer Zyklen interessant, von 2001 bis 2011 wieder einer der Hits, danach enttäuschend. Als Spekulationsobjekte eignen sich Gold- und Silberaktien mehr als die beiden Edelmetalle selbst. Was versprechen diese für die Zukunft? In erster Linie realen Werterhalt, also Kaufkraft, die auch später ausreicht, damit man unbeschwert leben kann.
Dazu sind zwei Unsicherheitsfaktoren besonders zu beachten: Erstens, wie lange die internationale Schuldenorgie mitsamt Geldentwertung dauern wird, bis Anleger Gold als Schutz vor deren Unbilden wiederentdecken. Und zweitens, welche das Gold diskriminierenden Maßnahmen - bis zum Verbot von privatem Besitz - einzelne Länder, in erster Linie die USA, ergreifen werden, um den Preis des Edelmetalls als Indikator für das marode internationale Währungssystem zu drücken. Was den ersten Punkt betrifft, mögen höchstens zehn Jahre vergehen. Der zweite hängt vom ersten ab. Fazit: Im Zweifel dürften Anleger gut daran tun, einen ordentlichen Batzen Gold in Form von Anlagemünzen oder Barren an sicheren Orten im In- und Ausland zu lagern.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).