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Andere haben nichts dazugelernt. Daraus können Sie Konsequenzen ziehen.

27.07.2014  |  Manfred Gburek
Wer die Kapitalmärkte laufend verfolgt, stellt erstaunt fest, dass die Renditen von Staatsanleihen der Euroländer seit geraumer Zeit immer näher zueinander rücken. Dieses Phänomen wird oft etwas hochgestochen als Konvergenz bezeichnet. Warum erstaunt? Weil eine solche Entwicklung schon einmal zu beobachten war, nämlich vor Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2007. Haben die Krisenbekämpfer denn seitdem nichts dazugelernt? Es sieht danach aus. Also Anlass genug, sich im Folgenden einige Gedanken darüber zu machen, was daraus zu werden droht.

Um eines der Ergebnisse gleich vorwegzunehmen: Da sich die Wirtschaftswissenschaften, speziell die Geldtheorien, immer noch in einer Art steinzeitlichem Zustand befinden, ist es die von ihnen ausgehende Krisenbekämpfung ebenfalls. Und in der Tat, das Kurieren an den Symptomen nimmt kein Ende, die eigentliche Problemlösung erscheint noch Lichtjahre entfernt. Das Schlimme daran ist, dass Banker und Politiker die erwähnte Konvergenz als Beweis für die Stabilität des Euroraums statt als mögliche Vorstufe zur nächsten Finanzkrise interpretieren.

Wie konnte es so weit kommen? Es gibt mehrere schlüssige Antworten, je nachdem, aus welcher Perspektive man das Ganze betrachtet. Nehmen wir zunächst die Sichtweise von Thomas Mayer ein, der nach seiner Tätigkeit als Chefvolkswirt der Deutschen Bank und einer kurzen Bedenkzeit pikanterweise ein von der Vermögensverwaltung Flossbach von Storch finanziertes Wirtschaftsinstitut anführt. Er umschreibt die wissenschaftliche Steinzeit so: "In der Finanzkrise hat der Mainstream, der heute gelehrt wird, versagt." Als ehemaliger Bankeninsider haut er ungewöhnlich stark auf die Pauke: "Die Arbeit der Banken ist vom kurzfristigen Tagesgeschäft geprägt", verriet er zum Beispiel der Wirtschaftswoche zu Beginn des Monats und vertiefte die Kritik sogar noch: "Das Research der meisten Banken konzentriert sich auf kurzfristige Fragestellungen und ist vom Absatz getrieben."

Das muss man sich mal klar vor Augen führen: Da ist, wenn man die mit dem Stand von 2007 vergleichbare aktuelle Konvergenz der Staatsanleihen-Renditen im Euroraum als Warnsignal interpretiert, offensichtlich eine weitere Finanzkrise zu erwarten, und die Banken erledigen ihr übliches Geschäft, als schwebten sie in der besten aller Welten. Durchgreifende Reformen, wie spätestens nach der Pleite der Lehman-Bank im Sommer 2008 versprochen? Fehlanzeige, stattdessen hat sich die Finanzlobby in allen für sie kritischen Punkten gegen die Bürokraten aus Regierungen und Aufsichtsbehörden durchgesetzt.

Wahrscheinlich fragen Sie sich spätestens jetzt, welche Bedeutung das alles für Ihre Geldanlage hat. Eine ziemlich große. Lassen Sie mich dazu mit einem unkonventionellen Gedanken beginnen: Die Anbieter von Finanzprodukten verkaufen Ihnen am liebsten Zertifikate, Fonds, Bau- und Ratenkredite, Riester-Renten, trotz des Debakels wegen lausiger Renditen immer noch Lebensversicherungen und einiges mehr, Hauptsache, sie verdienen daran soviel wie möglich. Sie sparen nicht mit verbalen Leerformeln, wie Risikostreuung, Kursziel, Performance, Cost Averaging oder Financial Engineering.

Das bedeutet für Sie Stückwerk, denn Sie streben ja nicht den einfachen Produktkauf an, sondern Sie verfolgen individuelle Ziele, wie Sicherheit, Rendite, Liquidität, Schutz vor Inflation, Vermögensaufbau, Altersvorsorge oder einfach nur Timing, und gestalten daraus abgeleitet Ihre ganz persönliche Finanzplanung - für die üblichen Finanzverkäufer der Banken, Versicherer usw. ein Gräuel, denn zur entsprechenden Beratung ihrer Kunden müssten sie sich sehr viel Zeit nehmen, die ihnen dann beim Verkaufen fehlt. Nehmen sie sich die Zeit doch, bekommen sie vom Vorgesetzten einen Rüffel; notfalls werden sie von anderen Verkäufern gemobbt.

Mit dieser traurigen Erkenntnis schließt sich gewissermaßen der Kreis zur Finanzlobby, die bei ihren Verhandlungen mit den Bürokraten penibel darauf achtet, dass diese nicht im Geringsten irgendwelche Abstriche an der hier beschriebenen Verkaufsmasche vornehmen. Wieder einmal, wie schon oft an dieser Stelle betont, läuft alles auf das Fazit hinaus, dass Sie als Anleger nicht umhinkommen, Ihre finanziellen Geschicke selbst in die Hand zu nehmen. Dazu müssen Sie mehr Zeit investieren als nur eine Stunde pro Woche, aber glauben Sie mir, diese Zeit ist bestens angelegt.

Und schon drängt sich die Frage auf, wer Ihnen dabei hilft. Klare Antwort: ein Teil der Medien. Doch welche? Zum Beispiel goldseiten.de, die Sie gerade lesen, mit allen Daten, Facetten, Meinungen und Ratschlägen. Darüber hinaus hundert oder sogar tausend andere, die Sie je nach der Ihnen zur Verfügung stehenden Zeit über mehrere Monate testen sollten, bevor Sie sie als Dauerlektüre verwenden. Klicken Sie sich einfach durch das Internet, von wiwo.de bis handelsblatt.com, von finanzen.net bis comdirect.de, von nzz.ch bis bloomberg.com. Meinungsäußerungen im Internet und anderswo, von Wirtschaftsmagazinen und Tageszeitungen bis zu Tippdiensten, sollten Sie unbedingt von Faktensammlungen trennen.

Nichts gegen fundierte Meinungen, im Gegenteil; doch wie fundiert sie wirklich sind, merken Sie erst nach einer längeren Testphase. Und noch eines: Wollen Medien sich im Konkurrenzkampf behaupten, brauchen sie möglichst viele Leser. Das bedeutet leider allzu oft: Aktuelles und Sensationen, möglichst beides zusammen. Dann kommt es, wie es kommen muss. Dazu nur das folgende Beispiel: Der Spartensender n-tv steuert zu den Nachrichten gern schon mal Umweltkatastrophen, einen spektakulären Autounfall oder den Trailer zu "Shades of Grey" bei. Die dafür gesendete Zeit geht dann zwangsläufig zulasten wichtiger Informationen.

Wo sind diese am besten zu finden? Überall: in allen erdenklichen Medien, bei Diskussionen (an denen man möglichst oft selbst teilnehmen sollte), auf Reisen und besonders durch eigenes Nachdenken, Kombinieren und Spekulieren, sei es unter der Dusche, sei es bei einem Konzert oder während eines Waldspaziergangs. Das Genie Albert Einstein soll auf seine Relativitätstheorie beim Klavierspielen gekommen sein.

Zum Schluss noch ein paar Anmerkungen zu Sachbüchern: Es gibt unzählige, die sich mit Geld- und speziell mit Börsenthemen beschäftigen, darunter wenige gute (mit Schwerpunkten bis zur Philosophie des Geldes) und viele schlechte (nach der Devise: Millionär in einer Woche). Die sogenannten Wirtschaftswissenschaften führen mehr in die Irre, als dass sie helfen.

Bestsellerlisten können von Fall zu Fall bei der ersten Sondierung nützlich sein, mehr nicht. Am besten, Sie versuchen es am Anfang mit gut recherchierten Geschichtsbüchern (einschließlich Börsen- und Unternehmensgeschichte), ergänzt um die eine oder andere Biografie, um Bücher zur Verhaltenspsychologie und zur Soziologie. Dabei setze ich voraus, dass die Autoren ihren Stoff aufgrund tiefgründiger Analysen derart verdichtet haben, dass mindestens eine Anregung pro Seite für Sie herausspringt.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).



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