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Argentiniens Staatsbankrott

02.08.2014  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
In den 1990er Jahren gab Argentinien US-Dollar denominierte Anleihen unter New Yorker Gesetzgebung aus. In 2001 meldete das Land Bankrott an. In den Jahren 2005 und 2010 bot Argentinien den Besitzern der ausstehen - den Anleihen (der "Alt"-Anleihen) an, diese in "Neu"-Anleihen umzutauschen - womit ein etwa 70 prozentiger Kapitalverlust für die Gläubiger verbunden war.

Die meisten Gläubiger willigten in den Schuldenschnitt ein (dies waren die "Hold-Ins"). Nur etwa sieben Prozent der Gläubiger lehnten ihn ab (das waren die "Hold-Outs"). Argentinien zahlte fortan wieder Zins und Tilgung für die Neu-Anleihen, nicht aber für die Alt-Anleihen.

Der findige amerikanische Hedgefonds-Investor, Paul Singer, hat die im Kurs stark gefallenen argentinischen Alt-Anleihen gekauft. Diese Papiere zeichnen sich durch zwei Eigenschaften aus: (1) Die Alt-Anleihen tragen eine "Pari-passu" Klausel, und (2) sie haben keine "Collective Action Clause" (CAC).

Die Pari-passu-Klausel besagt, dass Argentinien alle seine Schuldner bei der Bezahlung von Zins und Tilgung gleich zu behandeln hat. Die Abwesenheit einer CAC besagt, dass kein Gläubiger sich einer Schuldenrestrukturierung unterwerfen muss, auch wenn die Mehrheit der Gläubiger sich dafür ausspricht.

Paul Springer pochte auf die Pari-passu-Klausel, und ein New Yorker Richter gab ihm Recht. Bereits 2012 sprach ein Bundesgericht in New York ihm und einem weiteren Hedge-Fond einen Anspruch von 1,3 Mrd. US-Dollar gegenüber Argentinien zu: Argentinien darf nicht, so der amerikanische Richter, die Gläubiger der Neu-Anleihen bedienen, bevor es nicht die Alt-Anleihen bedient hat.

Argentinien hat daraufhin die Zahlungen auf die Neu-Anleihen eingestellt - und daraufhin wurde Argentinien von den Rating-Agenturen zum zwei ten Mal innerhalb von nur 13 Jahren als zahlungsunfähig eingestuft.

Argentinien verweigert die Zins- und Tilgungszahlungen auf die Neu-Anleihen aus folgendem Grund: Wenn es die Alt-Anleihen bedient, so wird befürchtet, müssen auch den Gläubigern, die dem früheren Schuldenschnitt bereits zugestimmt haben (also den "Hold-Ins"), dieselben Konditionen gewährt werden, wie sie den Alt-Gläubigern gewährt wer den (das sind die "Hold-Outs").

Genau das sieht eine Klausel in den Neu-Anleihen vor, die jedoch am 31. Dezember 2014 ausläuft ("Rights Upon Future Offer Clause"). Argentinien würden wieder die Altschulden aufgebürdet, die man glaubte, durch den Schuldenschnitt losgeworden zu sein.

Zumindest bis zum Ende des Jahres könnten Halter von argentinischen Anleihen daher vergeblich auf Zins- und Tilgungszahlungen warten.


Übrigens:

Seit Anfang 2013 tragen alle in der Europäischen Union neu emittierten Staatsanleihen eine CAC. Und da im Zeitablauf die Neu- die Altanleihen ablösen, werden bald nur doch Staatsanleihen mit CAC im Umlauf sein - so dass die Staaten sich bei Bedarf relativ einfach von ihren Altschulden befreien können.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



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