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Wöchentlicher Kommentar: Zu früh für die letzte Ölung?

26.01.2006  |  Theodore Butler
Es ist einige Zeit vergangen seit ich über die Marktstruktur bei Gold und Silber, welche durch die Daten des Commitment of Traders Report (COT) bestimmt wird, geschrieben habe. Dies geschah absichtlich, da ich von der regelmäßigen, öffentlichen Verbreitung solcher Analysen abgegangen bin. Aber ich möchte nun einige meiner Gedanken mit Ihnen teilen.

Wie sich herausstellt, hat sich die Marktstruktur in den letzten paar Monaten nicht wesentlich verändert, gleichwohl der Preis um einiges gestiegen ist. Von den Tiefstständen im November hat Gold um 100 USD und Silber um fast 2 USD zugelegt. Dies sind keine kleinen Bewegungen und dies vor dem Hintergrund einer sehr massiven netto Shortposition der Händler. Beispielsweise gab es viele Kommentare darüber, dass die COT-Daten nicht länger wichtig sind bzw. dass die Händler überrannt wurden. Möglicherweise ist das wahr, ich bin mir aber nicht sicher.

Ja, die Händler könnten überrannt worden sein und eines Tages spielen die COT-Daten keine Rolle mehr und die Preise werden wahrlich explodieren. Dies wird in der Tat ein wundervoller Tag sein und ich hoffe er findet bald statt. Aber ist es bereits eingetreten? Ich denke nicht. Da die Händler ohne Frage auf riesigen offenen Verlusten bei ihren Gold- und Silbershortpositionen sitzen, befinden sie sich wahrlich in einer sehr schlechten Situation, und als Resultat daraus steigen die Preise bis jetzt? Mit Sicherheit würde ein plötzlicher Anstieg um 100 Dollar und mehr beim Gold oder ein paar Dollar beim Silber die Händler schwer verletzen und sie in große Schwierigkeiten bringen. Aber ich spekuliere nicht darüber, was vielleicht sein wird, ich versuche nur zu untersuchen, was bereits geschah. Sollten wir die Händler zu diesem Zeitpunkt für tot erklären?

Nur um sicher zu gehen. Es gibt keinen aussagekräftigen Beweis dafür, dass die Händler vor ihren Shortpositionen davon laufen. Angenommen sie fügen keine größeren neuen Shortpositionen hinzu, aber sie geben auch ihre Kernshortpositionen nicht auf. Auf welchen welche objektiven Daten können wir zugreifen um die finanzielle Situation und die Performance der Händler zu bewerten? Alles in allem könnte man glauben, dass sie unbarmherzig in den Boden gestampft wurden, vorausgesetzt sie sind während der größten Metallrallye seit Jahrzehnten durchgehend short geblieben.

Die erste Datenquelle, die man betrachten kann, befindet sich im COT-Report selbst. Im August und November gab es signifikante Eindeckungen der Händler (von jeweils mehr als 50.000 Kontrakten) als Resultat eines scharfen Einbruches beim Goldpreis (unter die 50-Tages-Linie). Dies hatte zum Effekt, dass den Händler erlaubt wurde signifikante Teile ihrer Shortpositionen zu vorteilhaften Preisen einzudecken und zu höheren Preisen wieder zu shorten. Im Dezember stieg der Goldmarkt auf Grund von massiven spekulativen Käufen ebenfalls massiv um dann durch Liquidationen an der Tokio Commodity Exchange schlagartig zu fallen. Mit dem netto Effekt von annähernd 200 Millionen USD Gewinn für die Händler. (Interessanterweise kam es, obwohl ich signifikanten antizyklischen Volatilitätshandel beim Silber beobachtet habe, seit Monaten zu keiner Verletzung der 50-Tage-Linie.)

Ich fühle ebenfalls, dass die Händler mit der extremen Volatilität, die wir aktuelle beobachten, sehr gut zu Recht kommen. Da wir wissen, dass die Händler praktisch als Market Maker fungieren, verkaufen im Aufwärtstrend und kaufen im Abwärtstrend, sind sie perfekt positioniert um von der aktuellen Volatilität zu profitieren. Es wäre unlogisch zu glauben, dass die Händler die großen Aufwärtstage kaufen die großen Abwärtstage verkaufen. Das ist nicht ihre Natur. Falls mich mein Gefühl nicht täuscht und die Händler die aktuelle Volatilität melken, so würde es erklären warum sie bisher noch keinen Ausverkauf hervorgerufen haben, da sie es nicht eilig haben ihren profitablen kurzfristigen Handel zu beenden.

Letztendlich ist der zwingendste Beweis dafür, dass die Händler keine schweren finanziellen Verluste erlitten haben (auf jeden Fall bis 31. Dezember), der Rückblick auf die Handelsergebnisse der primären Handelspartner der Händler an der COMEX, nämlich den technisch-orientierten mechanischen Fonds. Da es nicht möglich ist die tatsächlichen Handelsergebnisse der Händler zu studieren, da diese nicht öffentlich verfügbar sind, ist das Studium der Resultate der technisch-orientierten Fonds das Beste, was man machen kann. Wenn die Fonds große Gewinne ausweisen, dann haben die Händler Verluste erlitten und umgekehrt.

Wir haben Glück, dass der größte technisch-orientierte mechanische Futures-Fonds, die John W. Henry Fondsfamilie (www.jwh.com), sehr transparent sind und ihre Handelsergebnisse monatlich veröffentlichen. Da diese Fonds so groß sind, glaube ich, dass sie eine gute Abschätzungsmöglichkeit für die Performance dieses Segmentes in der Welt der Hedge Fonds bieten. Für diese Transparenz verdienen die John Henry Funds Anerkennung. Unglücklicherweise liegt deren tatsächliche Performance jenseits davon.

Für das Jahr 2005 waren die Ergebnisse mit netto Verlusten zwischen 15 und 20 Prozent miserabel. Das bedeutet, dass die John Henry Funds ca. 500 USD Millionen von den 3 Milliarden USD an verwalteten Vermögen verloren haben. Die meisten der Verluste stammen aus dem Dezember, als Resultat der Rücksetzer bei den Währungen und der Energie. Beim Metallhandel, der Gold und Silber, sowie Kupfer, Zink und andere Basismetalle beinhaltet, waren die Handelsergebnisse großteils ausgeglichen, genau wie sie es in den zwei Jahren vor 2005 waren.

Ich möchte einige Argumente aus diesen Resultaten aufgreifen. Ersterer und der offensichtlichste, falls die technisch-orientierten Fonds, welche durch John Henry repräsentiert werden, keine großen Gewinne beim Handel von Gold und Silber an der COMEX erzielt haben, dann ist es sehr schwer für die Händler große Verluste erlitten zu haben. Der eine ist das Gegenstück des anderen. Zusätzlich dazu mussten die Portfoliopositionen reduziert werden, weil die Anlagegelder der technisch-orientierten Fonds (zumindest von Henry) zurückgingen, was die Kraft der Fonds reduzierte und den Arm der Händler verstärkte. Wieder einmal sollten Sie den Händler nicht zu früh die letzte Ölung erteilen.

Was mich jedoch schockiert, ist, dass die Performance der technisch-orientierten Fonds (zumindest wieder einmal bei Henry) so miserabel ist, wenn man betrachtet was in den Metallmärkten passiert ist. 2005 war ein großartiges Jahr für Preisbewegungen bei den Metallen und anderen Rohstoffe, genau wie es auch 2003 und 2004 waren. Gold, Silber, Kupfer, Zink, Öl und andere Rohstoffe verdoppelten oder verdreifachten sich in den vergangen Jahren. Mit solchen Preisbewegungen Geld zu verdienen gleicht Gewinnen die einfach vom Baum zu fallen. Jeder Ansatz, der in solch einer Umwelt kein Geld verdient, sollte hinterfragt werden.

Bitte verstehen Sie meine Kommentare bzgl. des John Henry Fund nicht falsch. Ich habe kein finanzielles Interesse an ihrem Handel, bewahren Sie mich - Was sie am Silber- und Goldmarkt machen betrifft alle Investoren, zumindest kurzfristig auf Grund der enormen Menge an Kontrakten, die sie handeln. Es ist durchaus möglich, dass wir die Händler bald überrannt sehen und sie nicht mehr zu billigeren Preisen liquidieren können, aber basierend auf der vergangen Entwicklung, würde dies ein sehr großes Stück Glück benötigen. Es ist natürlich die Bedrohung der Liquidation durch die technisch-orientierten Fonds, die Risiken nach unten in sich birgt.

Zusammengefasst kann man sagen, dass gleichwohl die Händler über offenen Verluste bei ihren Gold- und Silbershortpositionen in Höhe von hunderten Millionen Dollar verfügen, deren finanzielle Situation nicht so trostlos ist, wie es scheint. Dies sind immer noch offene Verluste und ein Urteil bzgl. der Schließung dieser offenen Verluste sollte abgewartet werden. Es ist, wie immer, vollkommen möglich, dass die Händler zum ersten Mal weggeblasen werden, speziell beim Silber. Sicherlich garantiert das tatsächliche Bild der Angebots-/Nachfragesituation beim Silber massiv höhere Preise in der Zukunft. Das beim Silber die größten Shortpositionen aller Märkte existieren erzeugt sowohl explosives Potential nach oben als auch wenig signifikantes Risiko für einen Ausverkauf. Falls jemand mit Sicherheit weiß wie es sich kurzfristig entwickelt, dann lassen Sie es mich bitte wissen.

Ein kurzes Nachwort zu meinen Kommentaren über "Hedging" bei Barrick Gold und Apex Silver. Die meisten Kommentare, die ich las, handelten davon, dass die negativen finanziellen Konsequenzen keine realen Verluste darstellen, aber die zukünftigen Gewinne beeinflussen oder andere geschmeichelte Ausdrücke. Das klingt für mich nach Haarspalterei und Wortspielen. Die Tatsache ist, dass die Unternehmen und ihre Aktionäre um einiges besser dran wären, wenn sie die Shortpositionen niemals eingegangen worden wären. Punkt.

Und ich kann immer noch nicht glauben wie Barrick, nun der weltgrößte Goldförderer, die Analystenschar so verwirren konnte, dass diese ihre gigantischen Goldshortpositionen ignorieren. Stellen Sie sich, wenn Sie können, vor, was die Auswirkung wäre, wenn Exxon Mobil, einer der größten Ölproduzenten der Welt, offenbart, dass sie zwei oder drei Jahresproduktionen Öl zu 30 USD pro Fass leerverkauft hätten und diese weiterlaufen lassen, während sich Öl im Preis verdoppelt und Milliarden an Verlusten ansammelt. Glauben Sie, dass es für Exxon möglich wäre das in deren Fußnoten zu vergraben?


© Theodore Butler

Exklusiv übersetzt für GoldSeiten.de. Das Original wurde am 24.01.2006 auf der Website www.investmentrarities.com veröffentlicht.

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