Ein Sprengsatz mit durchschlagender Wirkung
17.08.2014 | Manfred Gburek
Wissen Sie eigentlich, ob Sie einen Fonds besitzen? Oder sogar mehrere? Und falls ja, welche? Bevor Sie sich jetzt über solche Fragen entrüsten, lassen wir doch lieber einige Fakten sprechen:
Die deutschen Lebensversicherer haben ihr Engagement in Fonds - um genau zu sein: in Spezialfonds, die anders als Publikumsfonds Anlegern nicht direkt zur Verfügung stehen - von 2001 bis 2013 auf 237 Milliarden Euro erhöht und damit fast verdoppelt. Der Fondsanteil an ihren Kapitalanlagen ist damit von 22 auf 30 Prozent gestiegen. Im ersten Halbjahr 2014 sind 34,6 Milliarden Euro hinzugekommen. Die Daten basieren auf Angaben des Fondsverbands BVI in Zusammenarbeit mit der Finanzaufsicht BaFin. Und weil jeder Deutsche rein statistisch mehr als eine Lebensversicherung hat, dürften auch Sie auf dem Umweg über eine solche zu den Fondsanlegern gehören, oft vielleicht sogar, ohne es zu wissen.
Das scheint für sich genommen zunächst nicht schlimm zu sein, im Gegenteil: Man könnte den Eindruck gewinnen, dass Sie Ihr Erspartes den Profis anvertrauen, die es mehren, damit Sie für Ihr Alter vorgesorgt haben oder damit Sie Ihr Haus günstig finanziert bekommen. Aber ist da nicht noch etwas? Zum Beispiel die dramatisch sinkenden Renditen von Kapitallebensversicherungen? Oder die Schlafmützigkeit von deren Anbietern, die sich nicht rechtzeitig um Alternativen gekümmert haben? Von wegen Altersvorsorge, stattdessen Sorge im Alter.
Die Ursache dafür, dass sich daran in absehbarer Zeit nichts ändern wird, ja dass es sogar noch schlimmer zu werden droht, ist aus Sicht der Finanzbranche schnell gefunden: die Zinspolitik der EZB. Denn die Anlagen der Lebensversicherer strotzen ja - egal, ob direkt über Anleihen aller Art oder indirekt über entsprechende Fonds - vor Zinspapieren, deren Renditen im tiefsten Keller verharren. So rentieren zehnjährige Bundesanleihen aktuell gerade mal mit gut 1,05 Prozent. Zieht man davon die Inflationsrate von 0,8 Prozent ab, verbleiben real 0,25 Prozent.
Aber ist es nicht zu einfach, die Ursache der Misere allein bei der EZB zu suchen? Ja. Die Schlafmützigkeit der Finanzbranche, was Alternativen zu ihren gängigen Angeboten betrifft, habe ich erwähnt. Sie wird begleitet von Experimenten mal hier, mal da: Mal feiern Zertifikate einen Rekord nach dem anderen, ohne dass Anleger allerdings zählbare Erträge daraus generieren können, mal kommen neue Fondstypen wie Lebenszyklus-, Zielvorgabe- oder Hybridfonds auf den Markt, deren Absatzerfolge indes so dürftig sind, dass man ihren Vertrieb am liebsten wieder einstellen möchte.
Sogar die ausgebufftesten Profis müssen zwangsläufig an der EZB-Zinspolitik verzweifeln. Und weil die Alternativen weder ihnen noch den Kunden unter dem Strich zählbare Erfolge bringen, besinnt sich die Finanzbranche ihrer traditionellen Angebote: Lebensversicherungen und Spezialfonds, am liebsten in Kombination. Das erinnert mich an frühere Zeiten, als es mit den meisten Aktienfonds böse abwärts ging: Solange alle ein mehr oder weniger dickes Minuszeichen vor ihrer Performance stehen hatten, konnten sie sich damit ausreden, dass Konkurrenten das Geld der Kunden auch nicht besser verwaltet hatten. Die Schuld wurde dann einfach auf die Börse geschoben. Jetzt schiebt man sie halt auf die EZB.
Wie soll das weiter gehen? Zweifellos deutet der riesige Absatzerfolg der Spezialfonds darauf, dass es sich um einen Trend handelt, der nicht so bald umkehren dürfte. Oder aus Sicht der Anleger auf den Punkt gebracht: Sie stellen ihr für die Altersversorgung vorgesehenes Geld Organisationen zur Verfügung, die eine Art Bind Pool bilden und Kosten verursachen, aber für ihre Kunden am Kapitalmarkt kaum zählbare Ergebnisse erzielen können - es sei denn, sie trauen sich an im Vergleich zu Bundesanleihen höher verzinsliche, aber risikoreichere Italien-, Griechenland- oder Unternehmensanleihen heran.
Welche Alternativen haben Anleger, die sich das alles nicht gefallen lassen wollen? Bleiben wir noch kurz bei den Fonds und richten wir unser Augenmerk speziell auf Publikumsfonds, wie sie Ihnen üblicherweise am Bank- oder Sparkassenschalter angeboten werden. Beim Volumen dominieren Aktienfonds mit gut 277 Milliarden Euro, danach kommen Rentenfonds (auch Anleihenfonds genannt) mit knapp 176 und Mischfonds mit 159 Milliarden Euro.
Bemerkenswert ist, was die Finanzbranche daraus gemacht hat: Da werden Kunden zunächst nach ihren Anlagezielen, Wertpapierkenntnissen, nach ihrer Risikoneigung und nach sonstigen nicht immer eindeutigen Vorgaben gefragt. Je nach Antwort bekommen sie dann eine Auswahl an Fonds angedreht, die ihren Zielen, Kenntnissen und einzugehenden Risiken entsprechen sollen. Doch diese Vorgehensweise ist alles andere als zielführend, sie ist sogar kontraproduktiv. Denn mit keiner Fondsauswahl, und sei sie noch so individuell zusammengestellt, lassen sich übliche Ziele wie Vermögensaufbau, Altersversorgung oder Finanzierung des Studiums der Kinder erreichen.
Dazu ist eine flexible Finanzplanung erforderlich, die sich je nach Lebenssituation ändert und Versicherungen, Kredite, Mieten, alternativ Baukreditzinsen samt Kredittilgung, größere Anschaffungen und sonstige Konsumausgaben berücksichtigt. Eine solche Planung muss zwangsläufig vom Anleger ausgehen und nicht von irgendeinem Fondsverkäufer der Hausbank oder -sparkasse, der in der Regel nur über Bruchteile des Anlegerwissens zur Finanzplanung verfügt.
Altersversorgung, dieser Begriff hat für die meisten Menschen wahrscheinlich noch einen ebenso faden Beigeschmack wie Demografie, Riester-Rente oder Treppenlift. Aber in Wahrheit gleicht sie einem Sprengsatz mit vielen immer stärker werdenden Detonationen, die unser ganzes gesellschaftliches System durcheinander bringen werden. Nicht von heute auf morgen, sondern beginnend in den nächsten Jahren, niemand weiß genau wann. Allein schon von daher ist Ihre ganze Flexibilität und Phantasie gefragt, wenn es um Ihre individuelle Finanzplanung geht. Fondsverkäufer, die primär ihre Absatzziele im Sinn haben, können das nicht leisten.
Auch bei noch so viel Individualität gibt es für die Zukunft Grundsätzliches zum Thema Geld zu beachten, das Sie in Ihre Planung einbeziehen sollten. Rechnen Sie beispielsweise mit anhaltend niedrigen Zinsen, die einer Enteignung gleichkommen, solange die Inflationsrate über Ihrem Tagesgeldzins liegt. Alle hoch verschuldeten Staaten der Welt (einschließlich ihrer Notenbanken) legen es auf mehr Inflation an, um sich später mit entwertetem Geld zu entschulden. Das wird nicht auf Anhieb funktionieren, aber steter Tropfen höhlt den Stein.
Konzentrieren Sie sich deshalb auf Sachwerte wie Gold (bei jedem temporären Preisrückgang kaufen), Silber (als Beimischung, am besten über Silberaktien), Aktien (erst später, weil die aktuellen Kurse überreizt sind) und Immobilien (keine zum Vermieten und für den Eigenbedarf nur, falls Sie damit kein Klumpenrisiko eingehen). Das Ganze erfordert von Ihnen viel Zeit raubenden persönlichen Einsatz. Doch ich kenne keine Alternative.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).
Die deutschen Lebensversicherer haben ihr Engagement in Fonds - um genau zu sein: in Spezialfonds, die anders als Publikumsfonds Anlegern nicht direkt zur Verfügung stehen - von 2001 bis 2013 auf 237 Milliarden Euro erhöht und damit fast verdoppelt. Der Fondsanteil an ihren Kapitalanlagen ist damit von 22 auf 30 Prozent gestiegen. Im ersten Halbjahr 2014 sind 34,6 Milliarden Euro hinzugekommen. Die Daten basieren auf Angaben des Fondsverbands BVI in Zusammenarbeit mit der Finanzaufsicht BaFin. Und weil jeder Deutsche rein statistisch mehr als eine Lebensversicherung hat, dürften auch Sie auf dem Umweg über eine solche zu den Fondsanlegern gehören, oft vielleicht sogar, ohne es zu wissen.
Das scheint für sich genommen zunächst nicht schlimm zu sein, im Gegenteil: Man könnte den Eindruck gewinnen, dass Sie Ihr Erspartes den Profis anvertrauen, die es mehren, damit Sie für Ihr Alter vorgesorgt haben oder damit Sie Ihr Haus günstig finanziert bekommen. Aber ist da nicht noch etwas? Zum Beispiel die dramatisch sinkenden Renditen von Kapitallebensversicherungen? Oder die Schlafmützigkeit von deren Anbietern, die sich nicht rechtzeitig um Alternativen gekümmert haben? Von wegen Altersvorsorge, stattdessen Sorge im Alter.
Die Ursache dafür, dass sich daran in absehbarer Zeit nichts ändern wird, ja dass es sogar noch schlimmer zu werden droht, ist aus Sicht der Finanzbranche schnell gefunden: die Zinspolitik der EZB. Denn die Anlagen der Lebensversicherer strotzen ja - egal, ob direkt über Anleihen aller Art oder indirekt über entsprechende Fonds - vor Zinspapieren, deren Renditen im tiefsten Keller verharren. So rentieren zehnjährige Bundesanleihen aktuell gerade mal mit gut 1,05 Prozent. Zieht man davon die Inflationsrate von 0,8 Prozent ab, verbleiben real 0,25 Prozent.
Aber ist es nicht zu einfach, die Ursache der Misere allein bei der EZB zu suchen? Ja. Die Schlafmützigkeit der Finanzbranche, was Alternativen zu ihren gängigen Angeboten betrifft, habe ich erwähnt. Sie wird begleitet von Experimenten mal hier, mal da: Mal feiern Zertifikate einen Rekord nach dem anderen, ohne dass Anleger allerdings zählbare Erträge daraus generieren können, mal kommen neue Fondstypen wie Lebenszyklus-, Zielvorgabe- oder Hybridfonds auf den Markt, deren Absatzerfolge indes so dürftig sind, dass man ihren Vertrieb am liebsten wieder einstellen möchte.
Sogar die ausgebufftesten Profis müssen zwangsläufig an der EZB-Zinspolitik verzweifeln. Und weil die Alternativen weder ihnen noch den Kunden unter dem Strich zählbare Erfolge bringen, besinnt sich die Finanzbranche ihrer traditionellen Angebote: Lebensversicherungen und Spezialfonds, am liebsten in Kombination. Das erinnert mich an frühere Zeiten, als es mit den meisten Aktienfonds böse abwärts ging: Solange alle ein mehr oder weniger dickes Minuszeichen vor ihrer Performance stehen hatten, konnten sie sich damit ausreden, dass Konkurrenten das Geld der Kunden auch nicht besser verwaltet hatten. Die Schuld wurde dann einfach auf die Börse geschoben. Jetzt schiebt man sie halt auf die EZB.
Wie soll das weiter gehen? Zweifellos deutet der riesige Absatzerfolg der Spezialfonds darauf, dass es sich um einen Trend handelt, der nicht so bald umkehren dürfte. Oder aus Sicht der Anleger auf den Punkt gebracht: Sie stellen ihr für die Altersversorgung vorgesehenes Geld Organisationen zur Verfügung, die eine Art Bind Pool bilden und Kosten verursachen, aber für ihre Kunden am Kapitalmarkt kaum zählbare Ergebnisse erzielen können - es sei denn, sie trauen sich an im Vergleich zu Bundesanleihen höher verzinsliche, aber risikoreichere Italien-, Griechenland- oder Unternehmensanleihen heran.
Welche Alternativen haben Anleger, die sich das alles nicht gefallen lassen wollen? Bleiben wir noch kurz bei den Fonds und richten wir unser Augenmerk speziell auf Publikumsfonds, wie sie Ihnen üblicherweise am Bank- oder Sparkassenschalter angeboten werden. Beim Volumen dominieren Aktienfonds mit gut 277 Milliarden Euro, danach kommen Rentenfonds (auch Anleihenfonds genannt) mit knapp 176 und Mischfonds mit 159 Milliarden Euro.
Bemerkenswert ist, was die Finanzbranche daraus gemacht hat: Da werden Kunden zunächst nach ihren Anlagezielen, Wertpapierkenntnissen, nach ihrer Risikoneigung und nach sonstigen nicht immer eindeutigen Vorgaben gefragt. Je nach Antwort bekommen sie dann eine Auswahl an Fonds angedreht, die ihren Zielen, Kenntnissen und einzugehenden Risiken entsprechen sollen. Doch diese Vorgehensweise ist alles andere als zielführend, sie ist sogar kontraproduktiv. Denn mit keiner Fondsauswahl, und sei sie noch so individuell zusammengestellt, lassen sich übliche Ziele wie Vermögensaufbau, Altersversorgung oder Finanzierung des Studiums der Kinder erreichen.
Dazu ist eine flexible Finanzplanung erforderlich, die sich je nach Lebenssituation ändert und Versicherungen, Kredite, Mieten, alternativ Baukreditzinsen samt Kredittilgung, größere Anschaffungen und sonstige Konsumausgaben berücksichtigt. Eine solche Planung muss zwangsläufig vom Anleger ausgehen und nicht von irgendeinem Fondsverkäufer der Hausbank oder -sparkasse, der in der Regel nur über Bruchteile des Anlegerwissens zur Finanzplanung verfügt.
Altersversorgung, dieser Begriff hat für die meisten Menschen wahrscheinlich noch einen ebenso faden Beigeschmack wie Demografie, Riester-Rente oder Treppenlift. Aber in Wahrheit gleicht sie einem Sprengsatz mit vielen immer stärker werdenden Detonationen, die unser ganzes gesellschaftliches System durcheinander bringen werden. Nicht von heute auf morgen, sondern beginnend in den nächsten Jahren, niemand weiß genau wann. Allein schon von daher ist Ihre ganze Flexibilität und Phantasie gefragt, wenn es um Ihre individuelle Finanzplanung geht. Fondsverkäufer, die primär ihre Absatzziele im Sinn haben, können das nicht leisten.
Auch bei noch so viel Individualität gibt es für die Zukunft Grundsätzliches zum Thema Geld zu beachten, das Sie in Ihre Planung einbeziehen sollten. Rechnen Sie beispielsweise mit anhaltend niedrigen Zinsen, die einer Enteignung gleichkommen, solange die Inflationsrate über Ihrem Tagesgeldzins liegt. Alle hoch verschuldeten Staaten der Welt (einschließlich ihrer Notenbanken) legen es auf mehr Inflation an, um sich später mit entwertetem Geld zu entschulden. Das wird nicht auf Anhieb funktionieren, aber steter Tropfen höhlt den Stein.
Konzentrieren Sie sich deshalb auf Sachwerte wie Gold (bei jedem temporären Preisrückgang kaufen), Silber (als Beimischung, am besten über Silberaktien), Aktien (erst später, weil die aktuellen Kurse überreizt sind) und Immobilien (keine zum Vermieten und für den Eigenbedarf nur, falls Sie damit kein Klumpenrisiko eingehen). Das Ganze erfordert von Ihnen viel Zeit raubenden persönlichen Einsatz. Doch ich kenne keine Alternative.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).